Özcan MutluDIE GRÜNEN - Kooperationsverbot im Bildungswesen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Januar dieses Jahres hatten wir hier eine lebhafte Diskussion zu den Ergebnissen der Pisa-Studie. Mich hat damals vor allem erheitert, dass Sie sich dazu gefeiert haben; denn dank Ihres schwarz-roten Kooperationsverbotes können und dürfen Sie mit diesem Ergebnis eigentlich nichts zu tun haben.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Das Pisa-Ergebnis, egal wie man es bewertet – wir sind da kritischer als Sie –, entspringt nämlich der Leistung der Bundesländer. Darüber sollten Sie sich Gedanken machen.
Im Wahlkampf hatte ich durchaus Hoffnung auf Besserung verspürt; denn im Wahlprogramm der SPD stand folgender Satz:
So ähnlich ist auch die parteiübergreifende Meinung vieler Kolleginnen und Kollegen hier im Hause und in den Landtagen der Republik.
Sind den blumigen Worten der SPD auch konkrete Taten gefolgt? – Nein, leider nicht. Nicht einmal in den Koalitionsvertrag hat es die Aufhebung des Kooperationsverbotes geschafft. Da sage ich in Richtung der SPD: Nicht die Politik ist einen Irrweg gegangen, sondern Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sind mit Ihrer Zustimmung zum Kooperationsverbot einen Irrweg gegangen. Wir sagen: Lassen Sie uns gemeinsam in diesem Hause und in dieser Republik diesen Irrweg beenden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)
Mit der Föderalismusreform 2006 haben Sie als GroKo dem deutschen Bildungssystem ohne jede Not eine ungenießbare Suppe eingebrockt. Von den Sozialverbänden über die Gewerkschaften bis hin zum BDI, alle sprechen sich für eine Abschaffung des Kooperationsverbotes aus. Deshalb sollten Sie, lieber Kollege Rossmann, sich mit Ihren 80 Prozent in diesem Haus nicht hinter einem grünen Ministerpräsidenten verstecken.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere mich noch ganz gut an unser rot-grünes Ganztagsschulprogramm. Gegen den zum Teil massiven Widerstand der CDU-regierten Bundesländer sind mit dem rot-grünen Programm 10 000 neue Ganztagsschulen entstanden. Das ist unsere gemeinsame Erfolgsstory.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich denke, wir sind uns alle darüber einig, dass es ein gutes Programm war und dass es richtig und wichtig ist, dieses Programm weiterzuführen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mit dem Kooperationsverbot ist das aber nicht mehr möglich; es sei denn, Sie führen wieder ein indirektes bildungspolitisches Sonderprogramm ein, um das leidige Kooperationsverbot zu umgehen: „Bildungs- und Teilhabepaket“, sage ich nur.
Aber wozu diese Tricksereien? Lassen Sie uns doch gemeinsam die Bundesländer überzeugen – ich will Baden-Württemberg nicht ausschließen – und sie für eine Kooperation zwischen Bund und Ländern gewinnen. Im Mittelpunkt unserer Bestrebungen muss der Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler stehen und damit die Zukunft unserer Gesellschaft und unseres Landes. Niemand will den Bundesländern ihre Kompetenzen in der Bildung wegnehmen; das werden sie auch nicht zulassen. Es muss um Kooperation gehen und um gemeinsame Anstrengungen für eine bessere Bildung statt um bildungspolitische Kleinstaaterei, die nachweislich kontraproduktiv ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Schauen Sie sich den finanziellen Zustand unserer Länder und Kommunen doch einmal genauer an. Die meisten Bundesländer sind pleite, und die Kommunen sind pleite zum Quadrat. Es ist doch grotesk: Länder und Kommunen streiten sich derzeit darüber, wer für die Umsetzung der Inklusion die finanzielle Verantwortung trägt. Der Bund hält sich dagegen bisher fein aus der Debatte heraus. Dabei ist es offensichtlich, dass viele Bundesländer und Kommunen die riesigen Herausforderungen der Bildungspolitik nicht alleine meistern können. Es ist ja nicht so, dass wir Grünen jetzt fordern, der Bund müsse alles mitfinanzieren und Geld bereitstellen. Wenn Herr Seehofer, Herr Weil und Herr Kretschmann kein Geld vom Bund wollen, dann auch gut. Aber jene, die auf die Unterstützung durch den Bund angewiesen sind, müssen in einer kooperativen Art und Weise unterstützt werden.
Nun höre ich auch hier, dass das Kooperationsverbot für den Hochschulbereich anscheinend gelockert werden soll. Ich erlaube mir, zu diesem Thema die Ministerin Wanka zu zitieren – Herr Müller, Sie sollten genau zuhören –: „Es wird Zeit, dass wir dieses Relikt abschaffen.“ Recht hat sie. Dieses Relikt muss in Gänze abgeschafft werden; denn das, was für den Hochschulbereich gilt, gilt erst recht für die Allgemeinbildung und die schulische Bildung. Deshalb sage ich zum Schluss: Wir brauchen kein Verbot von Kooperation. Wir sollten uns stattdessen für ein Gebot zur Kooperation starkmachen. Ich appelliere an Ihre Vernunft. Lassen Sie diese Spielchen von Opposition und Regierung.
(Lachen und Beifall bei der SPD)
Lassen Sie uns hier im Interesse unseres Landes an einem Strang ziehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Kollegen Swen Schulz, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3273501 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 26 |
Tagesordnungspunkt | Kooperationsverbot im Bildungswesen |