03.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 26 / Tagesordnungspunkt 5

Swen SchulzSPD - Kooperationsverbot im Bildungswesen

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bildungsföderalismus ist in der Tat ein schwieriges Thema. Das liegt unter anderem daran, dass es zwischen Bundes- und Landespolitikern tendenziell unterschiedliche Meinungen darüber gibt, wer was machen soll. Dieses Phänomen, Herr Kollege Mutlu, tritt in allen Parteien auf. Das müssen wir einmal festhalten.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir versuchen, das einzudämmen! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind auch erfolgreich!)

– Sie versuchen bei den Grünen, das einzudämmen. Das versuchen andere auch. – Festzuhalten ist: Wir können hier nicht nur das machen, was wir gerne wollen, weil es den Bundesrat und die Landespolitiker gibt, die schon darauf achten, was wir aus ihrer Sicht machen sollten. Es gibt eine Fülle von hervorragenden Beispielen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, vom Ganztagsschulprogramm über den Hochschulpakt bis zum Pakt für Forschung und Innovation. Es muss unser Ziel sein, diese Kooperation zu stärken und auszubauen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine Grundgesetzänderung würde dabei zweifelsohne helfen. Wir haben in den Koalitionsverhandlungen intensiv darüber gesprochen. Wir von der SPD konnten uns mit unserem Vorschlag, der den Bildungsbereich in Gänze, auch die Schulen, beinhalten würde, leider nicht durchsetzen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt gar nicht!)

Damit bei der Bildung trotzdem etwas geschieht, ist im Koalitionsvertrag gewissermaßen hilfsweise festgeschrieben, dass die Länder um 6 Milliarden Euro entlastet werden, um ihre Aufgaben im Bildungsbereich besser wahrnehmen zu können. Jetzt laufen die Gespräche, wie das im Einzelnen aussehen soll. Ich sage hier ganz klar: Es muss sichergestellt werden, dass das Geld tatsächlich in den Krippen, Kitas, Schulen und Hochschulen landet. Wir dürfen nicht eine Art Blankoscheck austeilen nach dem Motto „Länder, hier habt ihr das Geld; macht mal schön, wir schauen gar nicht so genau hin“. Das darf es nicht geben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann mal los!)

Eines will ich in diesem Zusammenhang hier offen ansprechen: Ich habe mich über einige Wortmeldungen der letzten Wochen aus den Reihen der CDU/CSU geärgert. Sie folgen immer derselben Melodie: Die SPD blockiert mit ihren gierigen Ländern die Finanzierung von Bildungs- und Wissenschaftspolitik. – Da das mehrfach öffentlich behauptet wurde, will ich an dieser Stelle klarstellen:

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Jetzt bin ich gespannt!)

Das stimmt nicht.

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte Sie herzlich, Kollege Rupprecht und die anderen, dieses Märchen nicht weiterzuverbreiten.

(Willi Brase [SPD]: Das sind Märchen!)

Erstens unterscheiden sich die Länder in ihrem Trachten nach dem Geld des Bundes höchstens graduell. Ein Beispiel: Gerade hat der Finanzausschuss des Bundesrates beschlossen, dass das Geld ohne Zweckbindung, zum Beispiel in Form höherer Umsatzsteueranteile, an die Länder fließen soll – Abstimmungsergebnis 15 : 1. Herr Rupprecht und Herr Müller, die eine Gegenstimme kam nicht etwa aus Bayern, sondern aus Bremen. Das nur einmal zur Klarstellung.

(Willi Brase [SPD]: Da schaut her!)

Zweitens steht im Koalitionsvertrag eindeutig, dass die Länder entlastet werden, und nicht, dass der Bund etwas tut oder dass Frau Wanka die Milliarden zur freien Verfügung erhält. Das muss man nicht gut finden. Aber meiner Erinnerung nach ist der Koalitionsvertrag nicht nur von Sigmar Gabriel, sondern auch von Angela Merkel und Horst Seehofer unterschrieben worden.

Drittens rate ich den Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, sich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen, wenn es um die Bildungsfinanzierung geht.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch sonst gefährlich!)

Denn die Geldprobleme des Bildungs- und Forschungsministeriums haben ja nicht mit der Großen Koalition begonnen, sondern es war Schwarz-Gelb, das uns ein Finanzloch von 5 Milliarden Euro hinterlassen hat.

(Beifall bei der SPD)

Es wurden Versprechungen im Umfang von 5 Milliarden Euro gemacht, die in der Finanzplanung gar nicht vorgesehen sind. Im Gegenteil: In der mittelfristigen Finanzplanung waren sogar Kürzungen im Bereich Bildung und Forschung eingeplant. Unsere geschätzten Koalitionspartner sollten sich also lieber mit Frau Merkel, Herrn Schäuble und Frau Wanka zusammensetzen, um eine Lösung für die schwarz-gelben Altlasten zu finden, anstatt abzulenken und mit dem Finger auf die Länder zu zeigen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer regiert hier eigentlich?)

Kolleginnen und Kollegen, wir haben in der Bildungs- und Forschungspolitik einen sehr geringen finanziellen Spielraum. Das ist auch das Ergebnis von politischen Grundsatzentscheidungen. Diese Koalition hat sich vorgenommen, keine Schulden mehr zu machen und gleichzeitig keine Steuererhöhungen vorzunehmen. Das hat einen Preis, nämlich engere finanzielle Spielräume. Auch das muss man nicht gut finden, aber auch damit müssen wir nun umgehen.

Ich will da ein Thema aufgreifen, das der Kollege Rossmann angesprochen hat. Ich frage mich, was eine Grundgesetzänderung vor diesem finanziellen Hintergrund derzeit überhaupt hilft. Denn ein geändertes Grundgesetz alleine löst ja erst mal kein einziges Problem an irgendeiner Schule oder Hochschule. Das ist wie der Bau einer Startbahn – eine Startbahn ist wunderbar, aber damit etwas passiert, braucht man erst mal ein Flugzeug; doch wir können nicht mal die Tankfüllung bezahlen, Kolleginnen und Kollegen.

(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Aber ohne Startbahn kann es auch nicht fliegen!)

Andererseits will ich die Hoffnung nicht aufgeben. Es ist eine Grundsatzdebatte über die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern vereinbart. Vielleicht erarbeiten wir in diesem Rahmen eine tragfähige und ausfinanzierte Architektur für den Bereich Bildung und Wissenschaft in Bund und Ländern. Die Mühe wäre das wert.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zu ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag erteile ich der Kollegin Sybille Benning, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3273503
Wahlperiode 18
Sitzung 26
Tagesordnungspunkt Kooperationsverbot im Bildungswesen
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