Anette KrammeSPD - Arbeitnehmer-Entsendegesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle haben in den letzten Jahren die Berichterstattung über die Zustände in den Schlachthöfen verfolgt. Viele der Kollegen konnten uns hier ureigenst erzählen, welche Zustände in vielen deutschen Schlachthöfen herrschen. Uns ist berichtet worden über niedrigste Löhne, vor allen Dingen bei entsandten Arbeitnehmern, die aus Rumänien, Bulgarien, Polen oder Ungarn kommen. Uns ist berichtet worden über Stundenlöhne in einer Größenordnung von 4 bis 6 Euro. Es gibt wohl Einzelfälle, in denen die Löhne noch niedriger waren. Vom Einsatz von unüberschaubaren Subunternehmerketten, die ihren Sitz im Ausland haben, ist uns ebenfalls berichtet worden. Tarifstrukturen waren bislang nur eingeschränkt vorhanden. Bis Ende 2013 gab es keinen regionalen Tarifvertrag, geschweige denn einen Flächentarifvertrag. Dabei handelt es sich um eine wirklich harte und belastende Arbeit. Die Arbeit ist extreme Fließbandarbeit, sehr anstrengend, monoton und hochgradig arbeitsteilig. Häufig wird nur ein einzelner Arbeitsschritt durchgeführt. Ich kann Ihnen, liebe Kollegen und Kolleginnen, nur empfehlen, einen solchen Schlachthof zu besichtigen, in dem täglich Tausende von Tieren zerlegt werden.
Wir sind sehr froh, dass die intensiven Diskussionen über den gesetzlichen Mindestlohn in der Fleischbranche ein Umdenken bewirkt haben. Anfang dieses Jahres haben sich die Tarifpartner auf einen Mindestlohntarifvertrag für die Fleischbranche geeinigt. Es ist gut, dass es der Branche gelungen ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Gerne haben wir dem Parlament einen Gesetzentwurf zur Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vorgelegt. Damit werden künftig über 170 000 Arbeitnehmer dieser Branche potenziell geschützt. Geschützt wird aber auch eine andere Gruppe. Geschützt wird eine Gruppe, bestehend aus circa 23 000 entsandten Arbeitnehmern, also denjenigen, die aus vielen anderen Ländern der Europäischen Union hergekommen sind, um die schwere Arbeit zu erledigen. Durch die Einbeziehung in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und die anschließende Rechtsverordnung kann der Tarifvertrag – das ist das Wichtige – nicht nur eine nationale, sondern auch eine international zwingende Wirkung entfalten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ergeben sich aber noch andere positive Wirkungen. Die Einhaltung des Mindestlohns wird künftig durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit überwacht. Bei Verstößen können Bußgelder in einer Größenordnung bis zu 500 000 Euro verhängt werden, und – das ist ebenfalls sehr wichtig für die entsandten Arbeitnehmer – der deutsche Generalunternehmer haftet, wenn ein Subunternehmen seinen Arbeitnehmern den Branchenmindestlohn nicht zahlt.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es genügend Kontrollpersonal?)
Er kann sich dabei nicht darauf zurückziehen, er hätte von den schlechten Arbeitsbedingungen nichts gewusst. Ich weiß, dass einige kritische Geister unter Ihnen sofort anmerken werden: Was nutzt das denn den ausländischen Arbeitnehmern? Die kennen sich hier doch nicht aus, wissen nicht Bescheid über das deutsche Recht.
Ich will die Gelegenheit nutzen und auf ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanziertes und vom DGB durchgeführtes Projekt verweisen. Es heißt „Faire Mobilität – Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv“. An verschiedenen Standorten werden ausländische Arbeitnehmer beraten, damit diese ihre Rechte wahrnehmen können. In Hamburg geht es speziell um die Fleischbranche.
Von diesem Gesetz werden viele Arbeitnehmer profitieren. Von dem Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie, durch das der gesetzliche Mindestlohn kommen wird, werden noch mehr profitieren. Ich finde, das sind gute Botschaften für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,
(Beifall bei der SPD)
aber auch für die Arbeitgeber, die dem Lohndumping der schwarzen Schafe nicht mehr ausgesetzt sind.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächste Rednerin ist Sabine Zimmermann, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3273729 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 26 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitnehmer-Entsendegesetz |