04.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 27 / Tagesordnungspunkt 19

Sabine ZimmermannDIE LINKE - Programm für Barrierefreiheit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was sagt eigentlich die UN-Behindertenrechtskonvention zu dem ganz wichtigen Thema Arbeit? Sie schreibt klar und deutlich das gleiche Recht auf Arbeit für Menschen mit Behinderung fest. Wichtige Ziele sind der Zugang zum Arbeitsmarkt, die Gewährleistung von Chancengleichheit von Menschen mit Behinderung, die Förderung der Beschäftigung sowie die Barrierefreiheit am Arbeitsplatz.

Aber wie ernst nimmt denn diese Bundesregierung und wie ernst nahm die letzte Bundesregierung dieses Thema und diese Konvention? Sie erinnern sich alle: Wir alle haben in diesem Hohen Haus für diese Konvention gestimmt. Ich sage Ihnen trotzdem: Wir sind Lichtjahre entfernt von einer inklusiven Arbeitswelt.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Lage von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt ist leider immer noch ein Trauerspiel. Seit Jahren rührt sich nichts an der hohen Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung. Aktuell sind in der Statistik über 183 000 schwerbehinderte Menschen. Das ist im Vergleich zu 2008 ein immenser Anstieg von 10 Prozent.

Bei Betrieben mit mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen wenigstens 5 Prozent Menschen mit Behinderung beschäftigt sein. Wenn die Betriebe diese Quote nicht erfüllen, dann kommt die sogenannte Ausgleichsabgabe. Viele Unternehmen kaufen sich aber mit dieser Abgabe einfach von ihrer Pflicht frei. Deshalb wird die Quote von 5 Prozent von Jahr zu Jahr – das können Sie beobachten – nicht erfüllt. Ein anderes Problem ist: Wenn ein schwerbehinderter Arbeitsloser seine Arbeitslosigkeit beendet, findet nur jeder siebente eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Zum Vergleich: Bei nicht schwerbehinderten Arbeitslosen gilt dies in fast jedem dritten Fall.

Arbeitgeber klagen regelmäßig über den sogenannten Fachkräftemangel. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich kann es nicht mehr hören; denn wenn man einmal auf das Potenzial von schwerbehinderten Menschen schaut, dann stellt man fest: Sie sind gut qualifiziert, sie sind hochmotiviert, aber keiner holt sie aus der Arbeitslosenstatistik. Wenn solche gut qualifizierten Menschen, wenn hochmotivierte Menschen mit Behinderung in meine Bürgersprechstunde kommen und mir erzählen, wie schwer es ist, wie es fast unmöglich ist, einen Job zu finden, dann macht mich das richtig wütend; denn ich verstehe nicht, dass es in einem wirtschaftlich so gut dastehenden Land, wie Sie es in den Debatten immer wieder erwähnen, nicht möglich ist, mehr Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Dabei ginge es auch anders. Wir Linken wollen unter anderem die Erhöhung der Pflichtquote, zumindest wieder auf 6 Prozent, die Erhöhung der Anreize für Unternehmen und eine bessere und dauerhafte Förderung der Beschäftigung behinderter Menschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Eines will ich ganz besonders herausheben, nämlich dass Menschen, die heute gute Arbeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung leisten, eine Chance zum Übergang in die reguläre Arbeitswelt bekommen müssen.

(Beifall bei der LINKEN – Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Recht!)

– Ein Recht, das ist richtig. – Das würde das Klima in der Arbeitswelt entscheidend und auch positiv beeinflussen. Ganz wichtig ist es auch, dass bei einem solchen Übergang die besonderen Rentenansprüche für Menschen mit einer Behinderung erhalten bleiben. Wichtig ist aber auch, Barrierefreiheit umfassend am Arbeitsplatz umzusetzen, und zwar grundsätzlich so, dass Menschen mit und ohne Behinderung beschäftigt werden können.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung, bitte begreifen Sie die UN-Behindertenrechtskonvention nicht länger als ein schön zu lesendes Dokument, verstehen Sie es als eine handfeste Arbeitsanleitung! Fangen Sie an, an einer inklusiven Arbeitswelt zu arbeiten! Die Barrieren für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt müssen endlich eingerissen werden. Schluss mit jeder Form von Diskriminierung!

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist Ulla Schmidt für die SPD.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3276588
Wahlperiode 18
Sitzung 27
Tagesordnungspunkt Programm für Barrierefreiheit
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