04.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 27 / Zusatzpunkt 3

Petra Pau - Bundeswehreinsatz Vernichtung syrischer Chemiewaffen

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es richtig, dass die Bundesregierung dieses Mandat einbringt, und ich bin der Meinung, dass wir uns am Schutz der „Cape Ray“ beteiligen sollten. Damit zeigen und dokumentieren wir, dass es uns wichtig ist, bei der Konfliktlösung – ich betrachte die Vernichtung der Chemiewaffen als Teil der Konfliktlösungsstrategie – nicht nur am Rand zu stehen, sondern auch ein aktiver Partner zu sein, einen aktiven Beitrag zu leisten. Ich finde es gut, dass man diesen Weg gefunden hat.

Natürlich ist das grausame, schreckliche Verbrechen, das mit dem Einsatz der Chemiewaffen geschehen ist, bis heute nicht restlos aufgeklärt worden, und die westliche Gemeinschaft ist auch mit Sicherheit nicht so entschlossen aufgetreten, wie sich das viele von ihr gewünscht haben. Aber die Paradoxie unseres Handelns an dieser Stelle, auch die Ankündigungen seitens der Amerikaner, was rote Linien angeht, ist vor allem der Komplexität des Bürgerkrieges in Syrien geschuldet.

Wir haben häufig gesagt – auch ich habe es schon einmal an diesem Platz gesagt –, dass eine Konfliktlösung nur ohne Assad möglich ist; das war zu Beginn der Dreh- und Angelpunkt fast aller Wortmeldungen hier im Hause. Wir sehen aber, dass sich die militärische Situation aufgrund der massiven Intervention seitens Irans und der Hisbollah verändert hat und sich das Blatt in militärischer Hinsicht gewendet hat. Insofern haben wir alles darangesetzt, eine politische Lösung voranzubringen, und haben, anders als andere, einen militärischen Lösungsansatz ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass man dieses Mandat nicht als Teil irgendwelcher militärischen Konstrukte missverstehen darf; denn hier geht es in der Tat darum, Abrüstungsmaßnahmen voranzubringen. Nur aus Sicherheitsüberlegungen heraus muss der Transport der Chemiewaffen militärisch begleitet werden. Um ein entsprechendes Mandat wirbt die Bundesregierung an dieser Stelle.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es richtig ist, die Gespräche über die Zukunft Syriens fortzusetzen; aber ich glaube auch – das ist vorhin in der Debatte mehrfach gesagt worden –, dass gerade die öffentliche Fokussierung auf andere Problemfelder und Konfliktherde der Welt dazu geführt hat, dass Syrien und die entsprechenden Verhandlungen in den letzten Wochen und Monaten etwas in den Hintergrund getreten sind. Wenn man versucht, zu bilanzieren, welche substanziellen Fortschritte es gegeben hat, dann kommt man leider zu dem Ergebnis, dass es in den letzten Wochen und Monaten keine substanziellen Fortschritte gegeben hat. Die Situation ist eher festgefahren.

Wenn Sie sich angeschaut haben, mit welcher Kritik der amerikanische Präsident, als er Saudi-Arabien besuchte, konfrontiert worden ist – Saudi-Arabien sagt nach wie vor, man habe großes Interesse daran, dass Amerika die Dschihadisten und die Aufständischen, die sich aus diesem Teil der Opposition rekrutieren, unterstützt –, sehen Sie, wie weit die Position auch unserer Verbündeten teilweise von unserer abweicht.

Wir müssen die politische Aufmerksamkeit nach wie vor darauf richten: Wie kann der Bürgerkrieg gestoppt werden? Welche Zukunft soll das Land haben? Da ist der Frontverlauf in keiner Weise klar. Denn sosehr wir auch Sympathie für die syrischen Oppositionellen in Syrien hegen: Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass viele Dschihadisten von außen eingesickert sind und dass wir auch im Falle eines Friedensschlusses damit konfrontiert sein werden, dass Dschihadisten, die vielleicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben, trainiert,ausgebildet und kampferprobt zurück nach Deutschland kommen. Vor diesen Hintergrund sage ich: Die Komplexität dieses Problems ist nicht zu überschätzen. Deshalb sollte man sachlich argumentieren; ich fand allerdings, dass das bei den Wortbeiträgen der Linkspartei nicht der Fall war.

Wir werben für dieses Mandat. Wir wollen uns weiterhin politisch engagieren, damit Syrien eine friedliche Zukunft hat. Ich traue mir keine Prognose darüber zu, in welcher personellen Konstellation das stattfinden wird und wer die Ansprechpartner sein sollen. Ich habe mit zahlreichen Vertretern der syrischen Opposition Gespräche geführt. Manche waren mir außerordentlich sympathisch; sie setzen sich für eine friedliche, demokratische und freie Zukunft ihres Landes ein. Andere hingegen sehe ich eher als zwielichtige Personen, die etwas ganz anderes im Schilde führen.

Insgesamt ist festzustellen: Sosehr uns die Ereignisse auf der Krim, die deutsch-russische Partnerschaft oder auch das Hickhack um die Zukunft des deutsch-russische Verhältnisses beschäftigen, sollten wir nicht vergessen, dass in Syrien ein Bürgerkrieg tobt, der bisher sehr viele Opfer gekostet hat. Er verdient nach wie vor unsere politische Aufmerksamkeit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Kollege Dr. Reinhard Brandl hat nun für die Unionsfraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3276715
Wahlperiode 18
Sitzung 27
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz Vernichtung syrischer Chemiewaffen
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