04.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 27 / Tagesordnungspunkt 21

Erwin RüddelCDU/CSU - Soziale Pflegeversicherung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die staatlich geförderte private Zusatzversicherung gegen das Pflegerisiko erlebt derzeit einen wahren Boom. Wurden im Januar 2013 240 Verträge pro Tag abgeschlossen, waren es im Juni 2013 bereits über 1 000 Verträge pro Tag. Das zeigt, dass die staatlich geförderte Zusatzversicherung bei den Menschen ankommt. Zurzeit werden täglich 1 600 neue Verträge abgeschlossen. Die Versicherungswirtschaft ist davon überzeugt, dass wir in diesem Jahr noch die Millionengrenze überschreiten werden. Im Januar 2014 kamen wir bereits auf über 400 000 Verträge. Was zeigt uns das?

Kollege Rüddel, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Zimmermann?

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Die hat doch gerade geredet! – Tino Sorge [CDU/CSU]: Sie hat doch gerade gesprochen! Frau Zimmermann, hören Sie sich die Argumente doch erst einmal an!)

Ja.

Vielen Dank, Herr Kollege Rüddel. – Es ist doch so, dass Sie die Anzahl an Vertragsabschlüssen, die Sie angestrebt haben, überhaupt nicht erreicht haben; Sie haben noch nicht einmal die Hälfte davon erreicht. Deutlich wird auch: In dem von Ihnen vorgelegten Haushalt sind die Mittel zur staatlichen Unterstützung und Finanzierung der Verträge im Pflege-Bahr deutlich abgesenkt worden. Das passt meines Erachtens nicht mit dem zusammen, was Sie gerade gesagt haben. Können Sie mir das vielleicht näher erklären?

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich wäre in meiner Rede noch darauf eingegangen. Ich halte 1 Million Neuverträge im Jahr 2014 für eine sensationell hohe Zahl. Auch wenn wir geglaubt haben, dass wir eine höhere Zahl erreichen könnten, zeigt die Entwicklung, dass wir unser Ziel, Vorsorge zu fördern und die Menschen zu motivieren, vorzusorgen, erreicht haben. Wir sollten vielleicht gemeinsam überlegen, wo man Anreize schaffen kann, damit wir noch höhere Zahlen als derzeit erreichen können. Ich denke, das Ziel ist richtig. Ihrer Logik zufolge dürften wir auch keinen Cent für Prävention ausgeben.

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Davon habe ich kein Wort gesagt! – Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Völliger Quatsch!)

Ich bin der festen Überzeugung, dass unser Weg, die Menschen zu motivieren, Vorsorge zu treffen, der richtige ist. Wir werden in den nächsten Wochen mit der Pflegereform zeigen, dass Vorsorge ein guter Weg ist. Mit dem Vorsorgefonds haben wir bereits einen weiteren Schritt getan.

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das ist ein weiterer Schritt in die falsche Richtung!)

Wir befinden uns auf einem guten Weg; denn er führt in eine gute Zukunft. Ihr Weg dagegen ist der falsche. Wir werden auch Ihren Antrag hier im Haus eindrucksvoll und mit breiter Mehrheit ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die vom Staat geförderte private Zusatzversicherung wird von den Menschen angenommen. Das beweisen die Zahlen eindeutig. Das Produkt erfüllt also den Wunsch des Gesetzgebers, die Bürger stärker vor einer finanziellen Überforderung im Pflegefall zu schützen und zu mehr Vorsorge zu motivieren. Die Menschen erkennen zusehends – auch das zeigen die Zahlen –, dass sie bei der Pflege stärker vorsorgen müssen, und das ist auch gut so. Denn nach meiner Einschätzung bieten sich insbesondere für Frauen und Männer zwischen 25 und 40 Jahren gute Chancen, mit staatlicher Unterstützung eine zusätzliche Vorsorge gegen das Pflegerisiko im Alter zu schaffen. Vom Staat werden 5 Euro pro Monat als Zulage gezahlt, wenn der oder die Versicherte einen Mindestbeitrag von 10 Euro pro Monat leistet.

Risikozuschläge und Gesundheitsprüfungen sind nicht zulässig. Das ist ein wichtiger Punkt. Denn auch Menschen mit Vorerkrankungen können auf diesem Weg eine private Versicherung abschließen und mit nur 10 Euro im Monat den Einstieg in diese Vorsorgemaßnahme verwirklichen.

Statt dieses Instrument infrage zu stellen oder gar abschaffen zu wollen, sollten sich die Initiatoren des vorliegenden Antrags, die Fraktion Die Linke, vielleicht besser überlegen, ob und wie wir es ausbauen und noch attraktiver machen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich persönlich – das betone ich ausdrücklich – hielte es durchaus für angebracht, über eine sinnvolle Weiterentwicklung der staatlich geförderten Zusatzversicherung nachzudenken. Dabei schwebt mir zum Beispiel eine Familienkomponente vor, bei der sich die Zahl der Kinder positiv auf die Höhe des staatlichen Zuschusses auswirken könnte. Aber auch andere Schritte wären denkbar, um diese Art der privaten Vorsorge seitens des Staates zusätzlich zu fördern.

Stattdessen räsoniert die Linke in ihrem Antrag darüber, was die vereinbarten Mindestleistungen von 600 Euro Pflegegeld in der Pflegestufe III bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit in 50 oder 60 Jahren wert sein könnten.

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Das ist ja auch nicht ganz unwesentlich!)

Das, Frau Zimmermann, kann man sich über diesen Zeitraum hinweg sicherlich mit Blick auf alle möglichen und unmöglichen Zahlen fragen. Anstatt nun darüber nachzudenken, ob und wie dieses Produkt durch eine Dynamisierung künftig noch verbessert werden könnte, schüttet die Linke lieber das Kind mit dem Bade aus und will die staatlich geförderte Zusatzversicherung mit einem Federstrich abschaffen.

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Wir wollen eine solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung!)

Ihr Ziel ist es doch, den Menschen die Chance auf Vorsorge zu erschweren.

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Quatsch!)

Sie wollen, dass das Teilleistungsprinzip abgeschafft wird und der Staat zukünftig einfach für alles aufkommt. Das ist sinngemäß das, was in Ihrem Antrag steht.

Dieser folgt damit einem bekannten Muster:

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Ja!)

einerseits den Menschen Angst machen und ihnen andererseits Wunderdinge versprechen,

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Ja, ja!)

immer nach dem Motto: Am Ende werden andere für euch die Zeche zahlen.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: So sind sie!)

Natürlich zeigt sich auch hier wieder, dass Ihnen jeglicher Anreiz zu eigener Initiative, zu eigener Verantwortung und zu privater Vorsorge zutiefst zuwider ist. Die Botschaft Ihres Antrags lautet im Grunde: Macht euch keine Gedanken, Leute, der Staat wird es schon richten. – Das ist absolut unverantwortlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag ist auch aus einem anderen Grund ein ärgerliches Dokument. Man fragt sich nämlich angesichts der Ausführungen zur gesetzlichen Pflegeversicherung, ob die Kolleginnen und Kollegen von der Linken eigentlich den Koalitionsvertrag gelesen haben. Falls nicht, will ich hier im Plenum kurz feststellen:

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh nein! Bitte nicht vorlesen!)

CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die umfassendste Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung seit ihrer Einführung 1995 verständigt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das musste ja auch sein, nachdem Sie das vorher schon jahrelang verschleppt haben!)

Wir werden die Leistungsbeträge dynamisieren, den Schlüssel für Betreuungskräfte pro Pflegebedürftigem deutlich senken, Leistungen wie Kurzzeit- und Verhinderungspflege flexibilisieren,

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Alles mit Eigenbeteiligung!)

die Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes verstärken, einen Pflegevorsorgefonds in Höhe von 1,2 Milliarden Euro jährlich schaffen und vor allem Menschen mit Demenzerkrankung und ihre Angehörigen weit stärker als bisher unterstützen, indem wir eine Neudefinition des Pflegebegriffs vornehmen. Schließlich werden wir für deutlich mehr und für gut ausgebildete und für ordentlich bezahlte Fachkräfte in der Pflege sorgen.

Die Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung, wie ich sie hier skizziert habe, ist ein zentrales politisches Vorhaben dieser Koalition. Daran konstruktiv mitzuwirken, sind alle in diesem Hause aufgefordert und eingeladen; das gilt ausdrücklich auch für die Kolleginnen und Kollegen der Linken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Deshalb haben wir ja einen guten Antrag! – Gegenruf der Abg. Maria Michalk [CDU/CSU]: Nein! Der Antrag ist nicht gut!)

Die Kollegin Elisabeth Scharfenberg hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3276745
Wahlperiode 18
Sitzung 27
Tagesordnungspunkt Soziale Pflegeversicherung
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