Tino SorgeCDU/CSU - Soziale Pflegeversicherung
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Zimmermann, ich habe Ihnen genau zugehört
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Sehr gut!)
und muss Ihnen leider sagen: Es hat sich in der bisherigen Debatte im Grunde genau das bestätigt, was aus Ihrem Antrag bereits hervorging. Entweder haben Sie nicht verstanden, dass wir von der Systematik her über eine Pflegezusatzversicherung reden, oder Sie blenden das ganz bewusst aus, um hier Effekthascherei zu betreiben. Deshalb werden wir, wie Sie schon gesagt haben, diesen Schritt nicht mit Ihnen gehen, sondern den Antrag ablehnen – zu Recht, wie ich finde.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Schade eigentlich!)
Was sind die Fakten? Sie sind teilweise schon angesprochen worden:
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht wirklich! Das muss man einmal ganz klar sagen!)
Bis zum Jahr 2050 werden wir mit ungefähr 4,5 Millionen Pflegebedürftigen rechnen müssen. Damit sind dann circa 44 Prozent der pflegenahen Generation – das heißt derjenigen, die über 80 Jahre alt sind – Nutznießer von Pflegeleistungen. Das hat zur Folge, dass die Pflegekosten nicht nur insgesamt, sondern auch individuell ansteigen werden. Durch das stark ansteigende Lebensalter – die Menschen in unserem Land werden immer älter, worüber wir uns alle ja freuen – und den medizinischen Fortschritt liegt es in der Natur der Sache, dass die Pflegeaufwendungen steigen. Gerade deshalb ist es eben so wichtig, dass wir als Politiker denjenigen, deren Pflegesituation konkret ist, den Pflegebedürftigen und denen, die in die Pflege eingebunden sind, zur Seite stehen, sinnvolle Angebote unterbreiten und Unterstützung zuteilwerden lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Christine Lambrecht [SPD])
Das Pflegesystem muss auf ein breites Fundament gestellt werden. Aus Sicht der Union ist ein Baustein natürlich die staatliche Pflegeversicherung, von der aufgrund ihrer stetigen Weiterentwicklung sehr viele pflegebedürftige Menschen profitieren, und das ist auch gut. Als weiteren Baustein gibt es die private Pflegezusatzversicherung, die viele im Haus schon liebevoll Pflege-Bahr genannt haben.
(Mechthild Rawert [SPD]: Na ja, nicht gerade liebevoll! – Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Was Sie so empfinden!)
– Ich habe das so empfunden, Frau Zimmermann.
Diese Pflegezusatzversicherung – ich sage ganz bewusst: Pflegezusatzversicherung – ergänzt das staatliche System. Das heißt, das ist ein Angebot an diejenigen, die freiwillig eine Zusatzversicherung abschließen möchten. Die Zahlen sind schon genannt worden: Täglich werden 1 600 Neuverträge abgeschlossen. Insgesamt gibt es mittlerweile zwischen 400 000 und 500 000 Verträge. Man sieht: Die Zusatzversicherung wird angenommen. Es geht hier auch um den Kontext der Eigenvorsorge. Wir wollen ja die Menschen zu immer mehr Eigenvorsorge animieren.
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Das wird nicht angenommen! Die Menschen sind sturer, als Sie denken!)
Gerade meine Generation ist sich dessen bewusst, dass wir eigenverantwortlich vorsorgen müssen.
Schauen Sie sich doch einmal die Vorzüge der Pflegezusatzversicherung an; sie liegen doch auf der Hand. Es gibt keine Risikozuschläge. Es gibt keine altersbedingten Prämiensteigerungen. Es gibt keine Gesundheitsprüfung.
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Und keine Dynamisierung! – Maria Michalk [CDU/CSU]: Vor allen Dingen das Letzte ist doch sehr solidarisch!)
Das heißt: All diejenigen, die früher keine Möglichkeit hatten, in diesem Bereich eine Versicherung abzuschließen, haben jetzt Zugang zu einer Pflegezusatzversicherung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da wir gerade bei der Systematik sind: Diese Versicherung war von vornherein – das ist schon angeklungen – als Zusatzversicherung geplant. Es stand nie im Raum, dass es eine Komplettversicherung werden sollte. Die Versicherten – auch meine Generation – wissen: Es handelt sich um eine Zusatzversicherung. Dieses System hat sich bewährt.
Mit dieser Pflegezusatzversicherung – ich habe es schon gesagt – ist private Vorsorge überhaupt erst möglich geworden. Deshalb meine Bitte an die Kolleginnen und Kollegen von den Linken, den Grünen und auch an Sie, Frau Rawert – ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe –: Lassen Sie die Pflegezusatzversicherung doch erst einmal wirken!
(Mechthild Rawert [SPD]: Ich kann sie ja nicht abschaffen!)
Schauen wir uns doch erst einmal an, wie sie sich auswirkt! Es ist doch vernünftig, wenn die Evaluation seriös sein soll, sie erst nach einem längeren Zeitraum vorzunehmen und nicht schon nach einem Jahr.
Wir sind der Meinung, dass die Pflegezusatzversicherung eine ausgewogene Balance zwischen Beitrag und Versicherungsleistung darstellt. Die Lage der Versicherten war vor Einführung dieser Versicherung wesentlich schlechter; das sollte hier niemand vergessen. Eine solche Zuschussversicherung bietet die Chance auf mehr Eigenverantwortung, schärft aber gleichzeitig den Blick für die Kosten und sensibilisiert dafür, welch große Herausforderung die Pflege ist.
Das aktuelle System zeigt, dass Pflegebedürftigkeit kein individuelles Problem ist; diese Thematik betrifft immer die ganze Familie. Wir dürfen in diesem Zusammenhang nie vergessen, dass Pflegezeiten, der interfamiliäre Einsatz im Falle einer Pflegebedürftigkeit, heutzutage wesentlich stärker gefördert und unterstützt wird, als das noch vor Jahren der Fall war. Das ist ein Erfolg; das können wir doch einmal sagen. Die Bundesregierung setzt mit Karl-Josef Laumann als Beauftragten für Pflege ein weiteres deutliches Zeichen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Die Versicherten, die Pflegebedürftigen, die Angehörigen und die Pflegekräfte in Deutschland sowie alle Familien, die sich mit der Pflegesituation auseinandersetzen müssen, können weiterhin auf eine gute, verlässliche und vertrauensvolle Versicherung bauen. Dafür steht die Bundesregierung. Dafür stehen wir als Union. Dafür steht die Koalition.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Kollege Sorge, das war Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag. Dazu gratuliere ich Ihnen im Namen des gesamten Hauses herzlich und wünsche Ihnen viel Erfolg in Ihrer Arbeit.
(Beifall)
Das Wort hat der Kollege Heiko Schmelzle für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3276775 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 27 |
Tagesordnungspunkt | Soziale Pflegeversicherung |