Matthias SchmidtSPD - Innen
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren auf den Zuschauertribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Innenpolitik ist auch Sportpolitik. Im Bundeshaushalt sind beide Politikfelder in einem Einzelplan vereint. Wir hier im Bundestag haben uns entschieden, beides in verschiedenen Ausschüssen zu organisieren. Ich selbst bin Mitglied im Innen- und im Sportausschuss und möchte meinen Schwerpunkt jetzt auf die Sportpolitik legen.
Herr Minister, quasi als Obersatz: Sie haben einen ordentlichen und anständigen Entwurf des Sporthaushalts vorgelegt. Hierfür gebührt Ihnen persönlich Dank, aber selbstverständlich auch Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Sportabteilung. Ich bitte Sie, diesen Dank von uns zu übermitteln. Die Kolleginnen und Kollegen mussten ja bekanntlich zwei Entwürfe vorlegen, einen unter der schwarz-gelben Regierung und jetzt aktuell einen neuen.
Ihre Botschaft von den 8 Millionen Euro mehr, Herr Minister, ließ ja viele Sportlerinnen- und Sportlerherzen höher schlagen, übrigens auch die Herzen von Funktionären. Aber wir sollten da etwas genauer hinschauen; denn die 8 Millionen Euro mehr bezogen sich auf die Ansätze im ersten, dem schwarz-gelben Regierungsentwurf.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Ein komischer Vergleich!)
Vergleicht man die Haushaltsansätze von 2013 und 2014, ergibt sich ein Mehr von 2,7 Millionen Euro für den Sport. Auch das ist eine gute Botschaft.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber weniger!)
Die erste Million davon kommt der NADA und damit ihrem wichtigen und engagierten Kampf gegen Doping zugute. Die Finanzierung der NADA ist und bleibt für meine Fraktion ein wichtiges Anliegen. Aber – lassen Sie mich auch das an dieser Stelle deutlich sagen – die Finanzierung der NADA ist ein Gemeinschaftsprojekt der sogenannten Stakeholder: des Sports, der Wirtschaft, des Bundes und der Länder.
(Beifall bei der SPD)
Die Länder sollten an dieser Stelle nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden; Herr Minister, Sie haben darauf zu Recht hingewiesen. Bisher gibt es nur ein Land, das an dieser Stelle seiner Verantwortung gerecht wird und mitzahlt. Dies gilt es deutlich zu kritisieren. Wir müssen schauen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen.
Kommen wir zu anderen Nachrichten, die dieser Haushalt zu bieten hat. Der Spitzensport lebt von seinen Wettkämpfen. Hier sind natürlich an zentraler Stelle Olympische und Paralympische Spiele zu nennen. Die gezielte Vorbereitung der Topteams der Spitzenathletinnen und -athleten auf die Wettkämpfe ist in jeder Hinsicht aufwendig und – Sie alle werden es sich denken können – kostet Geld. Dieses Geld ist gut investiert. Wir begrüßen es, dass der Haushalt hier einen deutlichen Aufwuchs vorgesehen hat.
Dies gilt ebenso für die Förderung von IAT und FES, in der Langfassung Institut für Angewandte Trainingswissenschaft bzw. Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten.
Lassen Sie mich zum FES ein paar Sätze sagen. In der öffentlichen Debatte wird das FES oftmals leider nur mit dem Bobsport verknüpft. Das greift viel zu kurz; der Bob selbst wäre übrigens nach Aussage der Sportlerinnen und Sportler in Sotschi zu Gold gefahren, wenn er nur schnell genug angeschoben worden wäre. Die Ergebnisse im Bobsport waren also nicht etwa die Folge eines technischen Problems.
Was FES und IAT betrifft, möchte ich Sie bitten, sich jeweils zwei Zahlen zu merken: beim FES die Zahlen 10 und 14, beim IAT die Zahlen 20 und 7. Das FES unterstützt derzeit die Tätigkeit von 10 Spitzenverbänden. 14 weitere Verbände stehen Schlange; sie würden gerne gefördert werden, können aber nicht gefördert werden, weil kein Geld dafür da ist. Beim IAT sind es 20 Spitzenverbände, die gefördert werden, und 7, die außen vor bleiben, weil kein Geld da ist. Allein deswegen ist der Mittelaufwuchs in diesem Bereich ein sehr gutes und ein wichtiges Zeichen.
Besonders freut es mich, dass ein Teil dieses Fördermittelzuwachses dem Deutschen Behindertensportverband, DBS, zugutekommen soll; denn der DBS leistet hervorragende Arbeit für unsere ganze Gesellschaft, er lebt den Inklusionsgedanken. Ich selbst konnte mich gemeinsam mit dem Kollegen André Hahn bei den Paralympischen Spielen in Sotschi von den tollen Leistungen der Sportlerinnen und Sportler überzeugen. Sie sind uns ein Vorbild, in sportlicher und in menschlicher Hinsicht. Darum ist es gut, dass der DBS stärker gefördert wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. André Hahn [DIE LINKE])
Ein wenig nachdenklich macht mich, dass die Fördermittel für „Jugend trainiert für Olympia“ und „Jugend trainiert für Paralympics“ nach dem Haushaltsentwurf um die Hälfte reduziert werden. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir waren doch alle einmal Teil von „Jugend trainiert für Olympia“, haben mitgefiebert. Ich selbst bin über ein Landesfinale nie hinausgekommen. Ich wäre auch gern nach Berlin gefahren und hätte da mitgemacht. Es sind doch Hunderttausende von Jugendlichen, die an dieser Stelle engagiert sind. Natürlich ist diese Veranstaltung eher dem Breitensport zuzuordnen; aber allein die Bezeichnung „Bundesfinale“ legt doch auch eine gewisse Bundeszuständigkeit nahe. Und seit 2010 sind auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung dabei, im Rahmen von „Jugend trainiert für Paralympics“. Der DBS hat uns im Ausschuss gesagt, dass dies hervorragend ist, nicht allein wegen der Spitze, des Bundesfinales in Berlin, sondern auch weil an den Schulen, an der Basis, gemeinsame Sportveranstaltungen gelebt werden. Ich fände es ein schwieriges Zeichen, wenn wir jetzt an dieser Stelle kürzen. Ich würde mir wünschen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir könnten im Ausschuss noch einmal intensiv darüber diskutieren.
(Beifall bei der SPD)
Herr Präsident, ich habe Ihren Blick gespürt;
(Heiterkeit – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Und das Blinken gesehen!)
ich komme jetzt auch zum Schluss.
Das ist eine ganz besondere Gabe: diesen Blick zu spüren.
(Heiterkeit)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sportpolitik ist auch Innenpolitik. Engagieren wir uns gemeinsam weiterhin für die Menschen in unserem sportbegeisterten Land!
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Schmidt.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen nicht vor.
Wir kommen deshalb jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz.
Wir warten vielleicht noch kurz, bis die entsprechenden Wechsel auf den Sitzen stattgefunden und die Fachkollegen Platz genommen haben. – Ich denke, dass das jetzt weitgehend erfolgt ist, und darf das Wort dem Bundesminister Heiko Maas erteilen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem vorhin in der Debatte der Etat des Kollegen de Maizière schon als nicht der größte bezeichnet worden ist, kann ich Ihnen sagen:
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt noch kleinere!)
Jetzt sind Sie beim kleinsten Etat dieser Bundesregierung. Aber dieser kleinste Etat ist – das werden Sie sicherlich schon erkannt haben – der Beweis dafür, dass die absolute Höhe der Haushaltsmittel nichts mit der Bedeutung einer Aufgabe oder eines Ressorts zu tun hat. Hinzu kommt – das sei bei einer Haushaltsdebatte einmal vorausgeschickt –, dass das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eine Kostendeckungsquote von 72,4 Prozent hat; das heißt, 72,4 Prozent unserer Ausgaben erwirtschaften wir selber. Wenn das in der gesamten Bundesregierung so wäre, hätten wir weitaus weniger Probleme.
Meine Damen und Herren, ich habe Ende Januar wie die Kolleginnen und Kollegen der Regierung insgesamt die Möglichkeit gehabt, Ihnen vorzustellen, was wir uns für dieses Jahr, insbesondere für die ersten Monate, im Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgenommen haben. Ich finde, dass sich die Bilanz nach den ersten 100 Tagen durchaus sehen lassen kann:
Wir haben mit dem Gesetzentwurf zur Sukzessivadoption das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt. Auch wenn die Diskussion darüber geführt wird, dass man möglicherweise noch mehr tun kann,
(Jan Korte [DIE LINKE]: Mehr tun muss, nicht nur kann!)
ist das, glaube ich, ein ganz wesentlicher Schritt zu mehr Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in unserem Land gewesen und damit unsere Gesellschaft erneut ein Stück moderner gemacht worden.
(Beifall bei der SPD)
Wir haben den Referentenentwurf zur Mietpreisbremse mittlerweile in der Ressortabstimmung und an die Länder und Verbände verschickt. Auch das ist ein wichtiges Gesetzgebungsvorhaben. Ich glaube, das braucht man hier in Berlin nur wenigen zu sagen; aber auch Menschen, die in Hamburg, München, Köln, Düsseldorf oder Frankfurt zurzeit auf Wohnungssuche sind, stellen fest, dass die Mieten explodieren.
Wir sind der Auffassung, dass das Wohnen, also die Tatsache, dass man eine Wohnung hat, ein wichtiges Gut ist. Nur weil man zurzeit mit allerlei Finanzprodukten keine Rendite auf den Finanzmärkten mehr erzielt, kann es nicht sein, dass die Wohnungswirtschaft sozusagen das neue Eldorado der Profitmaximierung wird. Deshalb ist es richtig, die Mietpreisbremse einzuführen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Roland Claus [DIE LINKE])
Wir haben auch – das ist mir wichtig – die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses in einen Gesetzentwurf gegossen und diesen hier eingebracht.
Daneben haben wir mittlerweile auch die Leitlinien zur Frauenquote für Aufsichtsräte vorgestellt, die ich jetzt zusammen mit Bundesministerin Manuela Schwesig umsetzen werde.
Last, but not least ist der Entwurf des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch ebenfalls fertig und soll noch in dieser Woche in die Ressortabstimmung.
Ich denke, bei dem, was wir in diesen drei Monaten alles auf den Weg gebracht haben, kann man durchaus sagen: Die Rechtspolitik der Bundesregierung hat eine neue Dynamik gewonnen und besitzt ein neues Selbstbewusstsein, und das fußt auf Taten im Ministerium.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, das Ministerium ist aber auch größer geworden: Der Verbraucherschutz – die Verbraucherpolitik in Recht und Wirtschaft sowie im Sozial- und im Gesundheitswesen – ist hinzugekommen. Alle Stellen, die es dafür im Landwirtschaftsministerium gegeben hat, wechseln nun nach einer Absprache mit dem Kollegen im Landwirtschaftsministerium ins BMJV. Zugleich werden auch die notwendigen Haushaltsmittel in den Einzelplan überführt.
Das ist, wie ich finde, eine gute Nachricht; denn das bedeutet, dass die Verbraucherorganisationen auch in Zukunft nicht nur einen starken Partner in der Bundesregierung haben, sondern – das bestätigen mittlerweile auch die Verbraucherorganisationen – dass das zuständige Ministerium neben den notwendigen Mitteln vor allen Dingen über die Kompetenzen verfügt, den Verbraucherschutz in den jeweiligen Bereichen durch Gesetze zu stärken. Damit kommen wir zu dem Ergebnis, dass jetzt auch beim Verbraucherschutz die Zeit der Appelle vorbei sein wird.
(Beifall bei der SPD)
Wir haben uns vorgenommen – das gilt für diesen Haushalt, aber vor allen Dingen für den nächsten Haushalt –, insbesondere zwei Dinge, die im Koalitionsvertrag verabredet worden sind, auf den Weg zu bringen:
Das Erste ist, dass wir den Sachverständigenrat für Verbraucherfragen neu aufsetzen wollen. Er wird für uns bei der Beantwortung ständig auftretender Fragen aus dem Bereich des Verbraucherschutzes mehr als nur eine Hilfe sein. Es gibt nicht nur viele Organisationen, die bereits darauf warten; eine große Fülle von Expertinnen und Experten ist bereit, sich dort zur Verfügung zu stellen.
Das zweite große Projekt im Verbraucherschutz ist der Aufbau der Finanzmarktwächter und der digitalen Wächter. Zusammen mit den Verbraucherzentralen wollen wir ein Netzwerk von Organisationen und Stellen aufbauen, die nicht nur die Märkte beobachten, sondern Missstände auch sehr schnell an die Aufsichtsbehörden, die Politik und den Gesetzgeber weitergeben können. Ich glaube, dass das ganz besonders zu einer wesentlichen Verbesserung der Qualität der Verbraucherpolitik in Deutschland führen wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auch Verbraucherorganisationen wie die Stiftung Warentest oder der Bundesverband der Verbraucherzentralen haben in unserem Ministerium nicht nur in der Sache starken Rückhalt. Das hat sich schon in unterschiedlichen Fällen gezeigt, etwa bei der Diskussion um die Firma Prokon. Hier konnten wir zusammen mit der BaFin eine Lösung auf den Weg bringen. Aktuell ist hier auch die – sicherlich nicht einfache – Frage zu nennen: Wie geht es mit den Bewertungsreserven bei den Lebensversicherungen weiter? Hier funktioniert die Zusammenarbeit außerordentlich gut. Ich finde, diese Organisationen sollten wir stärken.
Dabei will ich auf einen Punkt hinweisen: Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucherpolitik – das ist mittlerweile in vielen Bereichen so – wird auf EU-Ebene und vor allen Dingen in Brüssel gemacht. Dort ist die Industrie mit zahllosen Lobbyisten präsent. Wir müssen dafür sorgen, dass dort, wo mittlerweile viel Recht gesetzt wird, das wir lediglich umsetzen, die Belange der Verbraucherinnen und Verbraucher vertreten sind. Ich finde, die Verbraucherzentrale muss deshalb mit einem festen Büro dauerhaft in Brüssel präsent sein. Dieses Büro wird im kommenden Jahr Teil unserer institutionellen Förderung sein. Damit werden wir den Verbraucherschutz organisatorisch ganz besonders stärken.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auch wenn wir in einer Haushaltsdebatte sind, geht es nicht nur um Geld, sondern es geht vor allen Dingen natürlich um die richtige Politik. Ich will in der Rechtspolitik ein Thema aufgreifen, weil es sehr aktuell ist und weil es mir wichtig ist, darauf besonders hinzuweisen: In den vergangenen Monaten war in der Öffentlichkeit und auch hier viel von Kinderpornografie und Pädophilie die Rede. Die öffentlich geäußerte Abscheu darüber war groß und laut. Wo es hier Lücken im Recht gibt, werden wir diese schließen; das habe ich eben schon angekündigt. Aber eines sollte uns auch klar sein: Mit Gesetzen und Empörung alleine können wir unsere Kinder nicht schützen.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Damit Kinder nicht zu Opfern werden, müssen wir in diesem Fall verhindern, dass Männer zu Tätern werden. Das erreichen wir nicht durch permanente Hysterie, sondern vor allen Dingen durch zielgerichtete Hilfe. Deshalb fördert das Justizministerium seit 2008 ein wichtiges Projekt an der Berliner Charité. Es hilft Männern mit pädophilen Neigungen, dass aus ihren Fantasien keine Taten werden. Die Nachfrage nach diesem Projekt ist groß. Inzwischen gibt es diese anonyme Hilfe in sieben deutschen Städten. Wir wollen in diesem Bereich nicht nur das Gesetz ändern, sondern wir wollen die Förderung für dieses Projekt kräftig ausweiten. Wenn Sie zustimmen, werden wir die Mittel für die Präventionsarbeit in diesem Jahr um 70 Prozent erhöhen. Auch das ist ein Hinweis auf unsere Schwerpunktsetzung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Meine Damen und Herren, es gäbe sicherlich noch vieles anzusprechen, was in diesem Ministerium von Bedeutung ist. Wir werden uns nicht nur mit den aktuellen technischen Fragen auseinandersetzen. Vielmehr haben wir uns zum Ziel gesetzt, grundlegende rechtspolitische Reformen anzupacken, auch wenn sie nicht im Koalitionsvertrag erwähnt werden, etwa im Strafgesetzbuch die Reform der Paragrafen zu Mord und Totschlag, ein unter Juristen schon lange debattiertes Thema. Wir haben jetzt eine Expertenrunde gegründet und wollen diese Diskussion fachlich führen und sie in ein Gesetzgebungsverfahren einmünden lassen.
Zum Schluss ein Wort zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Vorratsdatenspeicherung. Der Europäische Gerichtshof hat – ich begrüße dieses Urteil – die Richtlinien zur Vorratsdatenspeicherung komplett für ungültig erklärt. Wir gingen – zugegebenermaßen – davon aus, dass die Richtlinie entsprechend dem Antrag des Generalanwaltes für überarbeitungsbedürftig erklärt, aber nicht komplett kassiert würde. Das Urteil geht damit weit über den Antrag des Generalanwaltes hinaus. Es geht auch deutlich – das ist eben schon angesprochen worden – über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in unserem Land hinaus.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Das Gericht weist zum Beispiel darauf hin, dass es je nach Kommunikationsmittel und Datenart zu unterschiedlichen Speicherfristen kommen kann. Das ist ein völlig neues Feld, mit dem wir uns in unserer Debatte noch nicht auseinandergesetzt haben.
Ich finde, das Urteil zeigt vor allen Dingen eins: Nicht alles, was technisch machbar ist, ist mit unseren Grundrechten vereinbar. Wenn es um Sicherheit geht, müssen auch die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger weiter respektiert werden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Mit dem Urteil ist eine neue Situation eingetreten. Es gibt keine Richtlinie mehr, die wir umsetzen müssen oder können. Uns drohen auch keine Strafgelder mehr. Deshalb gibt es keinen Grund, voreilige Schlüsse aus dem Urteil zu ziehen. Wir alle werden es sicherlich sorgfältig auswerten müssen, und wir werden uns dann gemeinsam und ergebnisoffen überlegen, welche Schlussfolgerungen im Verfahren, aber auch, welche Konsequenzen wir in der Sache daraus ziehen. Ich wäre außerordentlich froh, wenn dies eine Debatte würde, die wir vor allen Dingen sachlich führen könnten.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen wir schon lange!)
Denn das wäre aller Ehren wert.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Roland Claus, Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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