Rainer SpieringSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Liebe Schülerinnen und Schüler! Im aktuellen Haushalt nehmen die Bereiche Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation einen hohen Stellenwert ein. Wir hören, das Gesamtbudget umfasst 5,3 Milliarden Euro. Hiervon entfallen, wie bekannt, 3,6 Milliarden Euro auf die landwirtschaftliche Sozialpolitik und 600 Millionen Euro auf die GAK-Mittel. Für Forschung und die vier Ressortforschungseinrichtungen sind insgesamt 510 Millionen Euro – eine halbe Milliarde Euro, Kolleginnen und Kollegen! – veranschlagt; damit ist dies der drittgrößte Posten in diesem Einzelplan.
Schwerpunkte der Forschungsinvestitionen sind eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion, Klima- und Ressourcenschutz, Sicherheit von Lebensmitteln, Tierwohl – die Kollegin Christina Jantz hat es gerade gesagt und, wie ich finde, sehr anschaulich deutlich gemacht –
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
und gesunde Ernährung.
Es ist richtig, den Mittelzufluss für die großen Forschungseinrichtungen konsequent zu steigern und ihnen Planungssicherheit zu geben. Die Langzeit- und Großforschung ist mit einer Haushaltssteigerung von 4 Prozent gut berücksichtigt. Glückwunsch, Herr Minister!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Forschung im Landwirtschafts- und Ernährungsbereich hat nicht nur etwas mit Saatgut und Seuchenprävention zu tun, nein, es geht hierbei auch um zentrale Fragen unserer zukünftigen Ernährung. Diese wird durch die Landwirtschaft und die nachgelagerte Lebensmittelproduktion gesichert. Sie wissen, unsere Erde und ihre Ressourcen gibt es nur einmal.
Phosphor zum Beispiel als Bestandteil von Dünger wird in naher Zukunft ein knappes Gut sein. Die weltweiten Phosphorvorräte werden, wenn nicht massiv umgesteuert wird, in nicht einmal einer Generation aufgebraucht sein. Ich habe gelernt, nur 0,09 Prozent der Erdrinde geben Phosphor her. Es heißt, Alternativen aufzuzeigen. Hier sind wir in Deutschland mit unseren großen Instituten Julius Kühn, Friedrich Loeffler, Max Rubner, Johann Heinrich von Thünen und anderen sehr gut aufgestellt.
Herr Minister, ich möchte jetzt auf eine besondere Förderung des ländlichen Raums kommen: Wichtig ist, auch kleinere Institute in den Blick zu nehmen. Lassen Sie mich an dieser Stelle einen kurzen Augenblick bei einer Stadt im nördlichen Landkreis Osnabrück verweilen. Ich gebe zu: Jetzt kommt der Werbeblock Heimat.
Quakenbrück ist ein kleines Mittelzentrum mit circa 13 000 Einwohnern im Grenzbereich der Landkreise Cloppenburg und Vechta, die wiederum allgemein bekannt sein dürften. Wir befinden uns in einer Region, die maßgeblich an der Fleischproduktion der Bundesrepublik Deutschland beteiligt ist.
Ende der 80er-Jahre erlebte diese kleine Stadt wie viele andere auch eine tiefgreifende Strukturkrise, verbunden mit dem Rückgang der Zahl hochwertiger Arbeitsplätze. Heute beheimatet die Stadt Quakenbrück das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik, kurz: DIL. Eingebettet in eines der Zentren der Fleisch- und Lebensmittelproduktion hat sich hier ein Hochleistungszentrum für Forschung und Anlagentechnik entwickelt.
Eine kleine Randbemerkung. Dem einen oder anderen Sportbegeisterten wird Quakenbrück bekannt sein.
(Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Ja!)
Die Basketballmannschaft Artland Dragons spielt in der 1. Bundesliga.
(Beifall bei der SPD – Willi Brase [SPD]: Bravo!)
– Ja, ein Spitzenteam im ländlichen Raum. – Herr Minister, wir brauchen auch Spitzenteams in Forschung und Innovation im ländlichen Raum.
(Beifall bei der SPD – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Haben Sie gerade dichtgemacht!)
Wenn wir diesen Raum stärken wollen, haben wir die Möglichkeit dazu, durch vermehrte Projektförderung von kleineren Forschungseinrichtungen, auch fernab der Ballungszentren, gerade auch, verehrte Kolleginnen und Kollegen, in den Bereichen der Technikfolgenabschätzung und der Nanotechnologie. Lassen Sie uns die Forschung dort fördern, wo auch die Produktion stattfindet: im ländlichen Raum.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Dann ist die Kette zwischen Forschung und Umsetzung in der Praxis auch geschlossen.
Warum brauchen wir diese Forschung? In unserer hochmodernen Gesellschaft vergessen wir mitunter, was die Basis unseres Daseins ist. Wir benötigen täglich gesunde Nahrungsmittel, am besten nachhaltig und ressourcenschonend produziert. Der erste Sektor, also die Urproduktion, sichert unsere Ernährung und bildet die Grundlage für alles, was danach kommt, für den Sektor der Industrie und die Dienstleistungsbranche. Man muss immer wissen, wo es anfängt und wo es aufhört.
Ernährung ist in hohem Maße eine Frage des Vertrauens. Wir haben in der Vergangenheit häufig erlebt, dass durch Lebensmittelskandale dieses Vertrauen erschüttert wurde. Es ist unsere Aufgabe, durch Forschung und Entwicklung dafür zu sorgen, dass das Grundvertrauen der Verbraucher langfristig wiederhergestellt wird und dass die Landwirtschaft und die Lebensmittelindustrie ihre Produkte, die gut hergestellt sind, auch ordentlich auf den Markt bringen können.
Aber es geht auch darum, die Ernährung generell sicherzustellen. Wir finden heute im Supermarkt ein Angebot im Überfluss. Aber ist es sicher, dass das langfristig so bleibt? Stichworte in einer sich verändernden Umwelt sind „Klimawandel“, „Rückgang der Ressourcen“, als kleines Beispiel: „massenhaftes Bienensterben“, und zwar durch Einflüsse, die wir erzeugt haben.
Schon heute gibt es eine Eiweißlücke in Europa. Wir benötigen mehr pflanzliches Eiweiß, als auf den Ackerflächen unseres gesamten Kontinents angebaut werden könnte. Diese Eiweiße werden für Futtermittel benötigt, um die Tiere zu mästen, die später unseren Fleischbedarf stillen sollen. Was uns an pflanzlichem Eiweiß fehlt, stammt von Soja-Monokulturanbauflächen in Nordamerika oder aus abgeholzten Regenwäldern in Südamerika. Ist das nachhaltig? Nein.
(Beifall des Abg. Willi Brase [SPD])
Ist das ressourcenschonend oder wirtschaftlich effizient? Nein. Ist das ethisch vertretbar? Ein ganz großes Fragezeichen!
Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen, warum Forschung im Bereich der Ernährung und Landwirtschaft wichtig ist. Das ist übrigens auch ein Bereich, in dem das vorhin von mir genannte DIL forscht.
Forschung allein reicht aber nicht. Die Forschungsergebnisse müssen auch in die Praxis gelangen und dort angewendet werden. Deshalb begrüßt die SPD-Fraktion die konsequente Förderung des Bundesprogramms „Ökologischer Landbau“ und anderer Formen nachhaltiger Landwirtschaft.
(Beifall bei der SPD – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es bleibt bei 17 Millionen!)
Das Bundesprogramm richtet sich auf die nachhaltige Beseitigung von Wachstumshemmnissen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Rund 10 Millionen Euro sollen für die Förderung des Wissenstransfers zwischen Forschung und Praxis verwendet werden. Das ist der richtige Weg.
Der Etat des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft benötigt Kontinuität und Flexibilität und darf nicht Streichreserve für das Gesamtbudget werden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Unsere Maximen sind: Planungssicherheit für die großen Institute, die hervorragende Arbeit leisten, aber auch Förderung kleinerer Einrichtungen als regionale Leuchttürme, die eine Perspektive für den ländlichen Raum darstellen.
Herzlichen Dank fürs Zuhören.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Danke schön, Herr Kollege. – Nächster Redner: Alois Gerig für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3288050 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 28 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |