08.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 28 / Tagesordnungspunkt 3

Dagmar FreitagSPD - Bundeswehreinsatz EUFOR RCA

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen – darauf ist bereits hingewiesen worden – blickt die Welt auf den schrecklichen Völkermord in Ruanda vor genau 20 Jahren zurück. Auch hier im Hause haben wir Ende vergangener Woche dazu eine intensive, nachdenkliche und – das möchte ich hinzufügen – in Ansätzen durchaus selbstkritische Debatte geführt; Staatsminister Roth hat bereits darauf hingewiesen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat auch von einer sich für uns aus Ruanda ergebenden Verpflichtung gesprochen – Herr Präsident, ich darf zitieren –:

– also den Menschen Ruandas –,

Liebe Kolleginnen und Kollegen, UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat am Wochenende in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, seiner Befürchtung Ausdruck verliehen, dass in dem Land ein Völkermord unmittelbar bevorsteht.

Einige Fakten untermauern diese Einschätzung. Die Sicherheitslage und natürlich auch die humanitäre Situation im Land sind dramatisch. Die Menschen durchleben für uns unvorstellbare Situationen. Massaker und brutale Vertreibungen bestimmen die aktuelle Lage. Die Vereinten Nationen gehen mittlerweile von mehreren Tausend Toten beider Konfessionen seit Beginn der Krise aus.

Ein Viertel der knapp 5 Millionen Einwohner befindet sich auf der Flucht. 2,5 Millionen Menschen sind ganz dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. 1,5 Millionen Menschen hungern jeden Tag. Für Experten von Amnesty International hat die Gesamtsituation längst den Charakter einer „ethnischen Säuberung“ angenommen, wie es in einem Bericht heißt.

Hinzu kommt – ich denke, das darf nicht unterschätzt werden – die prekäre Sicherheitslage, die den Zugang für humanitäre Hilfe unendlich erschwert und teilweise sogar unmöglich macht. Ich denke, auch das muss jeder im Hinterkopf haben, der ausschließlich humanitäre Hilfe fordert. Sie muss erst ankommen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Unter den geschilderten Bedingungen steht die sich seit Januar im Amt befindliche Übergangsregierung vor der Herkulesaufgabe, einen Neubau dieses Landes zu organisieren. Angesichts der auch schon von den Vorrednern und Vorrednerinnen geschilderten Lage darf sich aus unserer Sicht die internationale Gemeinschaft der Unterstützung nicht verweigern. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon fordert deshalb eine 12 000 Mann starke UN-Friedenstruppe, die ihre Arbeit bis Ende des Jahres aufnehmen soll. Wir erwarten einen entsprechenden Beschluss des UN-Sicherheitsrates in diesen Tagen. Für eine wirkungsvolle internationale Unterstützung ist es nach unserer Einschätzung allerdings notwendig, dass eine UN-Mission in dieser Größenordnung ihre Arbeit in der Zentralafrikanischen Republik zeitnah aufnehmen kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Kontext diskutieren wir heute den deutschen Beitrag zur UN-Friedensmission. Diese Überbrückungsmission hat vorrangig zum Ziel, gemeinsam mit der Afrikanischen Union und den Vereinten Nationen die Rückkehr des Landes zu einer verfassungsmäßigen Ordnung zu unterstützen – im Übrigen auch als Voraussetzung für die für 2015 geplanten Wahlen – sowie die von den bewaffneten Truppen ausgehende Bedrohung für die Bevölkerung einzudämmen. Damit wäre dann auch gewährleistet, den dringend erforderlichen Zugang für die humanitären Maßnahmen zu ermöglichen.

Das geplante Einsatzgebiet liegt in der Region Bangui. Von deutscher Seite – wir haben es gehört – können bis zu 80 Soldatinnen und Soldaten in der Mission eingesetzt werden. Sie sollen in Planung und Führung der Mission tätig werden und – auch das wurde bereits erwähnt – die strategischen luftgestützten Verwundetentransporte übernehmen.

Nach heutigem Stand sollen innerhalb von sechs Monaten nach Erreichen der vollen Einsatzbereitschaft die Voraussetzungen für die dann geplante UN-Friedensmission geschaffen sein, und entsprechend ist das Mandat bis Ende Februar 2015 befristet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch der Kollege Lindner hat darauf hingewiesen: Niemand macht sich solch eine Entscheidung leicht. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass in den Fraktionen sicherlich unterschiedliche, aber bestimmt intensive Diskussionen stattfinden.

Wir halten die Beteiligung Deutschlands an der Mission für sinnvoll und werden diesem Mandat zustimmen, auch um dazu beizutragen, ein Massaker wie vor 20 Jahren in Ruanda zu verhindern. Die Lehren aus Ruanda sollten uns Leitlinien für unser heutiges Handeln aufzeigen. Eine davon muss sein, nicht nur mit Betroffenheit zurückzublicken, sondern auch mit der gebotenen Verantwortung nach vorne zu schauen, in diesem Fall auf die Zentralafrikanische Republik, die Zukunft des Landes und die Menschen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Florian Hahn, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3288110
Wahlperiode 18
Sitzung 28
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EUFOR RCA
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