08.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 28 / Tagesordnungspunkt 3

Elisabeth MotschmannCDU/CSU - Bundeswehreinsatz EUFOR RCA

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist von allen Seiten darauf hingewiesen worden: Die Sicherheitslage und die humanitäre Lage in der Zentralafrikanischen Republik haben sich seit dem Putsch gegen die Rebellenkoalition im letzten Jahr drastisch verschlechtert. Die Sicherheitslage und die humanitäre Lage gehören untrennbar zusammen. Sie sind zwei Seiten einer Medaille. Wer, wie die Linken, diesen Zusammenhang nicht sieht oder nicht sehen will, handelt unverantwortlich, Herr Movassat.

Es geht nicht, dass Sie hier sagen, dass wir Beihilfe zum Krieg leisten. Wo sind wir denn? Wir organisieren Verwundetentransporte.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Die EU-Mission ist ein Kampfeinsatz! Gucken Sie sich mal das Mandat an!)

Ich kann nur sagen: Gehen Sie in sich! Ich hoffe, dass Sie irgendwann zu der Erkenntnis kommen, dass Sie hier komplett falsch gelegen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

2,8 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe. Das sind 54 Prozent der Gesamtbevölkerung oder die Einwohnerzahl von Schleswig-Holstein. 1,3 Millionen bis 1,6 Millionen Menschen – da gibt es unterschiedliche Zahlen – sind akut auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Das sind 28 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das entspricht der Bevölkerungszahl einer Großstadt in unserem Land. 625 000 Menschen sind im Land auf der Flucht. Das sind 15 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das entspricht der Zahl der Bevölkerung des Bundeslandes, aus dem ich komme, Bremen-Bremerhaven.

Das sind Zahlen, aber was bedeuten sie eigentlich? Christliche und muslimische Milizen – darauf wurde hingewiesen – ziehen abwechselnd durch das Land. Sie morden nicht nur die direkten Gegner, sondern greifen fast wahllos die Zivilbevölkerung an. Mord, Plünderung, Sterben, Tod, auch von Kindern, Hunger, Mangelernährung, Vergewaltigungen, Kinder ohne Schulunterricht – all das gehört zum Alltag in diesem Land. Unsere Ministerin hat gesagt: Es versinkt im Chaos.

Als ich journalistisch tätig war, bin ich in vielen Elendsgebieten auf verschiedenen Kontinenten gewesen, auch in Afrika. Ich kann Ihnen sagen: Die Bilder, das, was man da sieht, vergisst man nie im Leben. Dieses Elend, dieser Schrecken – ich wünsche Ihnen, Herr Movassat, nicht, dass Sie das sehen oder erleben müssen; aber ich wünsche Ihnen schon mehr Nachdenklichkeit in Bezug auf das, was Sie hier gesagt haben, nämlich dass Sie nicht helfen wollen. Das kann ganz bestimmt nicht unser Auftrag sein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Karin Binder [DIE LINKE]: Wir wollen sehr wohl helfen! – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Wir wollen nicht militärisch helfen!)

Frau Kollegin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Movassat zu?

Am Ende. Dann gerne.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Ach was, am Ende? Jetzt!)

– Nein, ich scheue keine Diskussionen.

Ich habe auf der Reise mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vor zwei Wochen drei afrikanische Länder besucht, in denen man sehen konnte, welche Potenziale Afrika hat, wie es gehen kann, wenn Sicherheit herrscht, wenn nicht jeden Tag der Kampf ums Überleben stattfindet. Wir müssen sehen, dass das ein Kontinent ist, der sich entwickeln kann und der vorwärtskommen kann, wenn Stabilität herrscht.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Wenn nicht ständig interveniert wird! Von Frankreich zum Beispiel!)

Immer ist es natürlich auch der Bildungsstand in einem Land, der Auskunft darüber gibt, wie sich ein Land entwickelt. Die Alphabetisierungsrate bei den Männern in Zentralafrika liegt unter 70 Prozent, die der Frauen noch unter 45 Prozent.

Ohne Bildung fehlt natürlich die Kraft zur Abwehr von Gewalt und Hass. Insofern ist Bildung immer auch eine wesentliche Grundlage dafür, dass Stabilität herrscht. Deshalb müssen wir hier helfen und unterstützen; mehr ist es ja nicht. 80 Soldaten sind dort im Rahmen eines begrenzten Auftrages und eines begrenzten Zeitraumes im Einsatz. Es ist gut, dass dieser Einsatz im Schulterschluss mit der Europäischen Union, den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union geschehen soll. Man agiert also nicht isoliert, sondern in diesem Zusammenschluss.

Es geht darum, die Stabilität des Landes, die Stabilität der Regierung, die Stabilität der gesamten staatlichen Autorität herzustellen. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass überhaupt Entwicklungshilfe stattfinden und greifen kann. Der Einsatz der Bundeswehr ist eine Übergangsmission und keine Langzeitmission. Es ist gut, dass wir diesen Auftrag ausführen, damit im Anschluss eine Friedensmission stattfinden kann.

Ich bin eindeutig der Meinung, dass – wie die Bundesregierung es klar dargestellt hat – eine dauerhafte Lösung des Konflikts nur durch einen politischen Prozess zustande kommen kann. Militärische Unterstützung ersetzt niemals politische Prozesse. Wenn wir dem Antrag am kommenden Donnerstag zustimmen, dann entsenden wir Soldatinnen und Soldaten wieder in eine Krisenregion. Dies tun wir aber nur, um Stabilität und humanitäre Hilfe möglich zu machen. Ich hoffe und wünsche den Soldatinnen und Soldaten eine erfolgreiche Mission und eine gute und sichere Heimkehr.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Wenn wir sie nicht entsenden, müssen sie nicht heimkehren!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem Kollegen Niema Movassat, Fraktion Die Linke.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3288135
Wahlperiode 18
Sitzung 28
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EUFOR RCA
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta