09.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 29 / Einzelplan 05

Thomas DörflingerCDU/CSU - Auswärtiges Amt

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehörte von Beginn dieser Debatte an, als der Bundesaußenminister vortrug, zu den Kolleginnen und Kollegen, die hoffnungsvoll waren und erwartet haben, dass die Debatte über den Einzelplan des Auswärtigen Amtes der aktuell durchaus ernsten Situation in Europa gerecht werden würde. Ich habe mit Freude vernommen, dass Frithjof Schmidt den Bundesaußenminister sogar gelobt hat und der Kollege Liebich einen für seine Verhältnisse moderaten Beitrag in dieser Debatte geleistet hat. Diese Hoffnung bestand bis eben, bis Alexander Ulrich gesprochen hat. Jetzt sind wir, was die Tonlage unserer Debatte angeht, wieder dort, wo wir auch sonst immer waren. Ich halte das nicht für angemessen.

(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Das ist aber nicht überraschend!)

– Das ist nicht überraschend, Herr Kollege Wellmann; das ist richtig. Trotzdem ist es etwas betrüblich, weil die gegenwärtige Situation in Europa den Ernst dieser Debatte erfordert. Der Bundesaußenminister hat in seinem Beitrag die richtige Tonlage vorgegeben.

Wenn man von einer steigenden Verantwortung der deutschen Außenpolitik redet, ist es, glaube ich, viel zu kurz gesprungen, wenn man darunter anschließend nur die quasi weltweit zu erwartende Omnipräsenz der Bundeswehr versteht. Das haben auch bei der Sicherheitskonferenz in München weder der Bundesaußenminister noch der Bundespräsident noch andere Redner, die dort vorgetragen haben, so gemeint oder gesagt.

Es ist richtig – auch wenn wir den Einzelplan des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erst zu einem späteren Zeitpunkt beraten –, in diesem Kontext auch auf die Vorschläge von Gerd Müller einzugehen. Sie stehen in einem guten Verhältnis, in einer guten Korrespondenz zu dem, was der Bundesaußenminister mit Blick auf die Außenpolitik der Bundesregierung vorgetragen hat: dass Außenpolitik nicht in erster Linie eine militärische Dimension hat, sondern erstens eine politische und zweitens selbstverständlich auch eine soziale. In diese Richtung gehen auch die Vorschläge, die aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gekommen sind. Dafür bin ich seitens der CDU/CSU-Fraktion ausgesprochen dankbar.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Außenpolitik hat etwas mit Verantwortung, aber selbstverständlich auch etwas mit Verlässlichkeit zu tun. Verlässlichkeit erwarten nicht nur diejenigen, die bereits Opfer einer Intervention aus der Nachbarschaft geworden sind, beispielsweise die Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine, sondern Verlässlichkeit erwarten zu Recht auch diejenigen, die sich gegenwärtig mit der Frage befassen müssen – und das durchaus ernsthaft und berechtigt –, ob sie in naher Zukunft möglicherweise selbst Opfer einer solchen Intervention werden. Die Mitglieder des Europaausschusses des Deutschen Bundestages haben am heutigen Nachmittag noch Gelegenheit, mit dem Ministerpräsidenten der Republik Moldau darüber zu diskutieren. Ich bin gespannt auf dieses Gespräch.

Wer beispielsweise in das hineinhört, was eine Praktikantin in meinem Büro, die aus Georgien stammt, zu diesem Thema sagt, wer Wortmeldungen etwa aus den baltischen Staaten, aber auch aus Polen hört – der Bundesaußenminister hat darauf hingewiesen –, der spürt, dass die Befürchtungen dort zu Recht bestehen, dass sich damit auch gewisse Erwartungen an die Rolle der Bundesrepublik Deutschland verbinden. Da darf man sich nicht auf eine Nabelschau konzentrieren.

Ich bin sehr dafür, dass wir in der Konzeption unserer zukünftigen Überlegungen auch darauf abstellen – Andreas Schockenhoff hat darauf hingewiesen –, das eigene Tun aus der Vergangenheit einer kritischen Reflexion zu unterziehen, ob das die Rolle der Bundesrepublik, der Europäischen Union oder der NATO angeht – Fakt ist: es ist richtig, wir haben in der Vergangenheit nicht alles richtig gemacht –, aber wenn wir daraus sozusagen einen permanenten Prozess der außenpolitischen Gewissenserforschung machen würden, dann legten wir die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland und damit letztlich auch der Europäischen Union ein ganzes Stück weit lahm. Das kann weder in unserem Interesse sein noch im Interesse derer, die auf unsere Verlässlichkeit und auf unsere Verantwortung zählen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt stehen wir wenige Wochen vor einer Entscheidung. Am 25. Mai findet die Wahl zum Europäischen Parlament statt. Da ist es natürlich wohlfeil, auf die eine oder andere Fehlentwicklung in Europa hinzuweisen und möglicherweise mit einem groben Keil auf einen groben Klotz zu hauen. Das ist in dieser Debatte Gott sei Dank nicht passiert. Es ist aber zu vermuten, dass das im Wahlkampf wieder so sein wird. Ich rate uns dazu, in den Wochen bis zum 25. Mai einen Blick auf das zu werfen, was in der Vergangenheit falsch gelaufen ist; die Europäische Union hat in ihrer Selbstorganisation nicht alles richtig gemacht. Ich glaube, dass es aber auch nottut, an der einen oder anderen Stelle den Blick auf das zu richten, was wir als Europapolitiker an Verbesserungsvorschlägen in die Debatte einbringen können.

Ich nenne exemplarisch eine Diskussion im dänischen Parlament, die im Januar dieses Jahres zu einer Reihe von Vorschlägen – 23 an der Zahl – geführt hat, wie man die Rolle der nationalen Parlamente bei der Entscheidungsfindung auf der europäischen Ebene verbessern, intensivieren könnte – zusammen mit den Entscheidungsträgern auf der europäischen Ebene, namentlich der Kommission, dem Rat, aber auch dem Parlament.

Wenn man die 23 Vorschläge durchsieht, meine Damen und Herren, dann stellt man fest: Es sind ein paar Vorschläge dabei, die im Grunde genommen das Mitwirkungsrecht des Deutschen Bundestages, also die deutsche Rechtslage, abbilden. Aber zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass die Mitwirkungsrechte nationaler Parlamente in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union keineswegs so ausgeprägt und ausgestaltet sind wie in Deutschland. Deswegen, glaube ich, gehen die Vorschläge, die aus Dänemark kommen, auch wenn sie an der einen oder anderen Stelle nur die geltende Rechtslage in Deutschland abbilden, bezogen auf die Kolleginnen und Kollegen in den anderen nationalen Parlamenten durchaus in die richtige Richtung. Ich freue mich darauf, wenn wir im Europaausschuss des Deutschen Bundestages in den nächsten Wochen diese Vorschläge einer genaueren Beratung unterziehen und in Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen anderer Parlamente darüber nachdenken, ob wir den einen oder anderen Vorschlag aus Dänemark weiterentwickeln und möglicherweise in die Tat umsetzen können, um Entscheidungsprozesse nicht nur auf der europäischen Ebene, sondern auch auf der nationalen Ebene transparenter zu machen. Das ist einer von den konkreten Vorschlägen, die mit Blick auf den 25. Mai Sinn machen.

Ich will mit einem Dankeschön und einem Lob schließen, einem Dankeschön und einem Lob deshalb, weil ein nicht unmaßgebliches Mitglied dieses Hauses ein Ceterum-censeo aufgegriffen hat, das uns fraktionsübergreifend eint. Das betrifft ein Thema, an dem wir bereits in der 17. Legislaturperiode gearbeitet haben und an dem die etwas Älteren auch schon in der 16. Wahlperiode und davor gearbeitet haben. Es geht um das Sprachregime und das Übersetzungsregime der Europäischen Union. Im Europaausschuss ist das, wie gesagt, so etwas wie das Ceterum-censeo aller Kolleginnen und Kollegen.

Ich will mich beim Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, bei Johannes Singhammer, bedanken, dass er bei seinem jüngsten Aufenthalt in Brüssel das Thema wieder auf die Agenda gesetzt hat – darin einer Tradition folgend, die der Präsident des Deutschen Bundestages bei seinen Unterredungen auf der europäischen Ebene bereits seit vielen Jahren vertreten hat.

Dass das ein Thema ist, liegt nicht daran, dass wir keine Fremdsprachen könnten. Jeder von uns ist aufgrund dessen, was er in der Schule oder Universität gelernt hat, der einen oder anderen Fremdsprache mächtig. Aber wenn wir über komplizierte Sachverhalte beraten – Herr Staatssekretär Kampeter beispielsweise, wenn es um die finanziellen Herausforderungen in der Europäischen Union geht –, dann ist es gut, dass wir dies in unserer Muttersprache tun können und nicht auf Übersetzungen angewiesen sind.

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kampeter kann auch arabische Ziffern!)

Deswegen freue ich mich, wenn wir in der Zukunft auf der Grundlage dessen, was Johannes Singhammer an Beitrag geleistet hat, arbeiten können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Danke, Herr Kollege. – Das Wort hat Karl-Georg Wellmann für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3290845
Wahlperiode 18
Sitzung 29
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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