09.04.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 29 / Tagesordnungspunkt 4

Johann WadephulCDU/CSU - Bundeswehreinsatz VN/OVCW (Syrische C-Waffen)

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Ich muss das Rednerpult erst noch einstellen; ich bin nicht ganz so lang wie der Kollege, Herr Präsident.

Das geht von selbst. Warten Sie es entspannt ab! Jeder findet hier bei uns seinen Level.

(Heiterkeit)

Einzelheiten dazu morgen in der Rechtsstellungskommission des Ältestenrates, der ich angehöre.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der außenpolitischen Debatte lag der Schwerpunkt zu Recht bei der Situation in der Ukraine und dem völkerrechtswidrigen Verhalten Russlands durch die faktische Annexion der Krim. Dabei ist der gesamte Nahostkonflikt, über den man viel sagen könnte, und insbesondere die kriegerische Situation in Syrien in den Hintergrund getreten. Das ist angesichts der Tausenden Toten nicht gerechtfertigt. Es ist gut, dass uns der Bundeswehreinsatz, über den wir heute beraten, Gelegenheit gibt, ins Bewusstsein zu rufen, welche menschliche, humanitäre, zivilisatorische Katastrophe sich in dieser Region abspielt.

Das Zweistromland und die benachbarten Regionen sind eine, wenn nicht die Wiege unserer westlichen, zunächst griechisch-römisch, dann christlich-jüdisch geprägten Welt. Dass hier Kulturstätten von einmaliger Bedeutung versinken und Tausende von Menschen hingemordet werden, ist schrecklich. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um dem Einhalt zu gebieten. Da ist Enthaltung, Herr van Aken, keine Haltung. Man muss vielmehr handeln,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

auch vor dem Hintergrund, dass wir in diesem Jahr des traurigen, 100 Jahre zurückliegenden Ausbruchs der kriegerischen Handlungen gedenken, die allgemein als Erster Weltkrieg bekannt geworden sind. Wenn man sich überlegt: „Was ist das Markante an dieser Auseinandersetzung gewesen?“, dann sind da insbesondere die gräuelhaften Giftgaseinsätze zu nennen. Das hat zur Folge gehabt, dass in der Zeit danach praktisch kein Giftgas mehr eingesetzt worden ist, während des gesamten Kalten Krieges ebenfalls nicht. Das ist erst in Syrien wieder der Fall gewesen.

(Jan van Aken [DIE LINKE]: Was ist mit dem Irak unter Saddam Hussein?)

Die Frage, wer nun dafür Verantwortung trägt, wer das gemacht hat – Herr van Aken, Sie haben diese Frage in der ersten Lesung nach vorne gekehrt –, lasse ich einmal beiseite.

Wir können als Weltgemeinschaft und als diejenigen, die immer wieder betonen, dass das Bestehen auf der Schutzverantwortung ein wichtiges Prinzip der Vereinten Nationen geworden ist, nicht tatenlos zusehen, wenn Giftgas wieder eingesetzt wird. Wir müssen es alle ächten, und wir müssen alle einschreiten, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das sollten wir geschlossen tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wenn man die Krise in Syrien sieht, muss man feststellen: Es gibt sehr viel Dunkles, sehr viel Schatten, sehr viel Trauriges, sehr viel, was einem wenig Hoffnung gibt: dass sich viele eingemischt haben, dass dort zahlreiche Interessen kollidieren. Das ist alles bekannt, und das werden wir nicht abschalten können. Aber wir haben eine kleine, wichtige Sache gemeinsam erreicht, und das ist ein Konsens bei den Vereinten Nationen – er ist die Grundlage unseres Einsatzes und auch Ihres Antrags, Herr van Aken –, ein Konsens unter Einbindung von China und unter Einbindung von Russland, worauf Sie sehr viel Wert gelegt haben, dass diese Chemiewaffen jetzt vernichtet werden. Wie viele Jahre haben wir in diesem Hause und an verschiedensten Stellen gemeinsam über die Ächtung von Atomwaffen, über die Ächtung von Chemiewaffen geredet! Jetzt wird das endlich einmal gemacht. Das ist doch ein riesiger Erfolg der Vereinten Nationen. Das gibt doch Hoffnung, dass die Völker dieser Erde hier zusammenwirken und nicht immer weitermachen in der Rüstungsspirale, sondern selber merken, dass das menschlicher Wahnsinn ist, mit dem man aufhören muss, dass man diese Waffen zerstören muss. Das können wir alle nur begrüßen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Koalitionsfähigkeit der Linksfraktion ist für mich kein Thema, mit dem ich mich länger befassen will. Das ist letzten Endes nicht die Ebene, auf der wir das hier miteinander diskutieren sollten, auch wenn einige das tun und wenn das für viele bei Ihnen offensichtlich der Maßstab dafür ist, sich zu enthalten, um gewisse Zeichen zu setzen. Das mögen Sie mit sich ausmachen. Ich glaube aber, dass das nicht der Maßstab für unsere Diskussionen hier ist.

Die Frage ist doch, ob man in dieser Situation wirklich eine andere Entscheidung treffen kann. Diese Frage stellt sich unabhängig vom Einsatzgebiet und der Frage, ob Russland angesichts der „Angelegenheit Ukraine“, um es einmal harmlos zu formulieren, aktuell beteiligt sein sollte; denn das ist sekundär. Im Kern geht es doch darum, ob dieser Einsatz möglich ist. Stellen Sie sich nur einmal in Ihren kühnsten Träumen vor, es hinge von Ihrer Stimme ab, ob dieser Einsatz zustande kommt oder nicht. Ihre Stimme wäre sozusagen die Conditio dafür, dass dieser Einsatz durchgeführt wird. Sie würden ihn dann also – auch mit einer Enthaltung – unmöglich machen?

(Jan van Aken [DIE LINKE]: Es sind die falschen Voraussetzungen!)

Vor dieser politisch-moralischen Frage stehen Sie in diesem Hause, und hier versagen Sie aus meiner Sicht.

Was kann pazifistischer sein als die Vernichtung von Waffen? Wann, wenn nicht jetzt, sollte man einem derartigen Einsatz zustimmen? Zu dieser Zustimmung rufe ich Sie alle auf.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächstem erteile ich dem Kollegen Omid Nouripour, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3290907
Wahlperiode 18
Sitzung 29
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz VN/OVCW (Syrische C-Waffen)
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