Bartholomäus KalbCDU/CSU - Verteidigung
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es vorhin wieder praktiziert: Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Als Parlament müssen wir zu allem stehen, was die Bundeswehr macht. Wir müssen entscheiden, wir müssen abwägen, Argumente austauschen. Aber dann haben die Kräfte, die wir in den Einsatz schicken, ein Recht darauf, klar zu wissen, dass das Parlament hinter unseren Streitkräften, hinter unseren Soldatinnen und Soldaten steht.
(Beifall des Abg. Michael Brand [CDU/CSU] – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)
Das bedeutet auf der anderen Seite, dass wir uns die Entscheidungen, die wir zu treffen haben, insbesondere dann, wenn es um Kampfeinsätze geht, nicht leicht machen; ich glaube, das gilt für alle hier im Hause. Ich habe in den vergangenen Jahren erlebt, dass viele Kolleginnen und Kollegen oft tagelang darum gerungen haben, wie sie sich verhalten. Ich denke, hier kommt unser Verantwortungsbewusstsein zum Ausdruck.
Wenn wir auf der einen Seite diese Einsätze erwarten und beschließen, dann müssen wir natürlich auf der anderen Seite für eine dauerhafte Einsatzfähigkeit der Bundeswehr sorgen und diese über eine entsprechende Ausstattung mit angemessenen Haushaltsmitteln sicherstellen. Die Bundeswehr schützt Deutschland und seine Bürgerinnen und Bürger, sichert die außenpolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands, trägt zur Verteidigung der Verbündeten bei, leistet einen Beitrag zu Stabilität und Partnerschaft im internationalen Rahmen und fördert die multinationale Zusammenarbeit und die europäische Integration. Die Bundeswehr trägt aber auch zur internationalen Konflikt- und Krisenbewältigung und zum Kampf gegen den Terrorismus bei, wie wir anhand vieler Beispiele darstellen könnten. Sie leistet zudem einen wichtigen Beitrag zum Heimatschutz bei Unglücksfällen und Naturkatastrophen und natürlich auch humanitäre Hilfe im Ausland.
Der Dienst bei der Bundeswehr ist nicht leicht; häufig ist er mit großen Gefahren verbunden. Deswegen genießen alle Angehörigen der Bundeswehr, auch die zivilen Mitarbeiter, unsere hohe Wertschätzung. Ich darf mich dem Dank, den meine Kollegin Karin Evers-Meyer vorhin ausgesprochen hat, ausdrücklich anschließen.
Die Erhöhung der Einsatzfähigkeit und die sich wandelnden Rahmenbedingungen erfordern eine Neuausrichtung der Bundeswehr, damit sie einsatzorientiert und zukunftsfähig operieren kann. Deutschland benötigt einsatzbereite und einsatzfähige Streitkräfte, die den internationalen Anforderungen und ihrem Stellenwert gerecht werden können. Stichworte sind: gute Ausbildung, gute Führung, breite Fähigkeiten, gute funktionale Ausrüstung; das sind die wesentlichen Elemente, die man in diesem Zusammenhang aufzählen muss.
Reformprozesse sind aufwendig und komplex, und jeder weiß, dass Reformen zunächst einmal Geld kosten – ich unterdrücke jetzt Bemerkungen zu früheren Verteidigungsministern –, bevor sie Früchte tragen. Dennoch stehen den wachsenden und anspruchsvolleren Aufgaben und Anforderungen immer begrenzte Haushaltsmittel, auch für Personal, gegenüber.
Der Einzelplan 14 – Verteidigung – ist mit in etwa 32,8 Milliarden Euro der zweitgrößte Etat im Bundeshaushalt. Die Veränderungen gegenüber dem Vorjahr liegen bei minus 0,4 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2017 sinkt der Verteidigungshaushalt plangemäß noch weiter ab. Maßgeblich hierfür ist unter anderem – das wurde bereits angesprochen – die Reduzierung des Personalumfangs im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr. Wir haben eine Zielgröße von 170 000 Berufs- und Zeitsoldaten, 12 500 Freiwilligendienstleistenden und 2 500 Reservisten, die herangezogen werden sollen. Auch das Zivilpersonal soll auf 55 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reduziert werden.
Die für das Haushaltsjahr 2014 veranschlagten Ausgaben zur Unterstützung des Abbaus von zivilem Personal – sie sind im Einzelplan 60 ausgewiesen – werden vereinbarungsgemäß reduziert. Sie stehen 2016, 2017 und 2018 aber wieder zur Verfügung, damit der Zulauf bei Waffensystemen, der sich verzögert hat, durch die Bereitstellung adäquater Mittel hoffentlich wieder erfolgen kann.
Das Verteidigungsministerium trägt für die weiteren Einsparungen das Erwirtschaftungsrisiko im Haushaltsvollzug. Durch die beabsichtigte Verlagerung des Absenkungsbetrages, wie ich es gerade dargestellt habe, kommt es zu keinem Substanzverlust. Wir können zum Teil deswegen reduzieren, weil der Afghanistan-Einsatz dem Ende zugeht – mit Ausnahme der verbleibenden Missionen, die dort noch zu erfüllen sind –, sodass für diese Maßnahme weniger Mittel angesetzt werden müssen. Wir haben auch Vorsorge dafür getroffen, dass die Ausgaben für ziviles Überhangpersonal finanziell entsprechend abgesichert sind.
Mit der Neuausrichtung der Bundeswehr geht auch ein Personalabbau einher, der sozialverträglich umzusetzen ist. Aber zu diesem Personalabbau muss es gleichzeitig auch einen Personalaufbau geben – Frau Ministerin und Herr Arnold haben das sehr eindrucksvoll dargelegt –, damit wir keine Lücken bei der Abfolge der Generationen bzw. der Alterskohorten bekommen.
Gleichzeitig muss man bei der Neuausrichtung der Bundeswehr – das ist auch vielfach gesagt worden – die Ausgestaltung der zukünftigen Dienste und der Dienstzeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie einsatzgerechte Ausrüstung und Ausstattung im Blick behalten. Ich sage ganz vorsichtig: Ich glaube, dass viele Angehörige der Bundeswehr und auch sonstige Betroffene erwarten, dass wir keine „Reformitis“ betreiben, sondern dass wir die beschlossenen Vorhaben zu Ende bringen. Darauf müssen sich die Menschen verlassen können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
In Bezug auf die Ausrüstung ist bekannt, dass die Beschaffungsprozesse der Bundeswehr nicht so ohne Weiteres umzusetzen sind. Ich habe bereits angesprochen, dass es oft zu Verzögerungen bei den großen Systemen kommt: NH90, Tiger, Eurofighter, Puma und A400M. Man sieht, hier gibt es viel zu tun.
Die Stückzahlreduzierung wurde angesprochen, die mit dem Begriff „Global Deal“ bezeichnet wird. Auch hier werden ernsthafte und intensive Verhandlungen zu führen sein. Wir als Haushälter müssen immer zusehen, dass wir dem Ziel der Haushaltskonsolidierung gerecht werden. Ich meine, der Verteidigungsetat leistet dazu seinen Beitrag.
Da mich der Kollege Lindner gerade so freundlich anschaut, will ich sagen – anknüpfend an das, was der Kollege Hellmich vorhin gesagt hat –: Wir werden nicht von dem Interesse der Aktionäre von Rüstungsunternehmen geleitet. Aber das Anliegen der Beschäftigten in diesen Betrieben darf durchaus an uns herangetragen werden.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bestreitet niemand!)
Hintergrund ist nicht, dass wir nur die Menschen beschäftigen wollen. Vielmehr wissen wir aufgrund jüngster Vorgänge, dass wir in vielen Bereichen – im Übrigen nicht nur im Bereich der Bundeswehr – schon heute Fähigkeitslücken haben, die es zu schließen gilt. Wir tun gut daran, nicht in allen Bereichen – damit meine ich auch ganz andere, nicht unser Ressort betreffende Bereiche – ausschließlich vom Ausland und den großen Playern dieser Welt abhängig zu sein. Deswegen nehmen wir auch diese Aufgabe besonders ernst.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Erlauben Sie mir bitte noch zwei kurze Anmerkungen. Auch die Sicherung unseres Wohlstandes hängt damit zusammen, was unsere Bundeswehr im In- und Ausland zu leisten vermag. Ein Beispiel: Für die Herstellung eines Autos werden 70 verschiedene Rohstoffe benötigt, die meistens auf dem Seeweg nach Deutschland kommen. Auch die Sicherung dieser langen Transportwege ist eine legitime Aufgabe der Bundeswehr.
Da ich aus einem Wahlkreis komme, der im letzten Jahr sehr vom Hochwasser heimgesucht worden ist, und dies meine erste Rede zum Verteidigungsbereich ist, möchte ich zum Schluss die Gelegenheit nutzen, den Angehörigen der Bundeswehr zu danken. Einige von ihnen standen damals ganz kurz vor einem Afghanistan- Einsatz. Meine Heimatregion, Deggendorf/Fischerdorf, ist den meisten durch diese Katastrophe bekannt geworden. Betroffen waren aber auch Passau, Natternberg, Niederalteich und andere Hochwassergebiete. Ich möchte einfach diese Gelegenheit nutzen, mich ganz herzlich für den Einsatz zu bedanken. Es war großartig, was die Angehörigen der Bundeswehr im Verbund mit dem THW, den Feuerwehren und den übrigen Rettungs- und Katastrophendiensten geleistet haben. Herzlichen Dank!
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Kollegin Karin Evers-Meyer, lieber Kollege Lindner und lieber Kollege Leutert, wir werden gemeinsam, auch wenn wir in unseren Reden heute unterschiedliche Tonalitäten an den Tag legen mussten, mit großer Sorgfalt den Einzelplan 14 beraten und ihn dann hier zur Endabstimmung stellen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen nicht vor.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Einzelplan 23.
Das Wort hat jetzt für die Bundesregierung der Bundesminister Dr. Müller.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3291054 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 29 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |