Tankred SchipanskiCDU/CSU - Bildung und Forschung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, zu den Rahmenbedingungen des Haushaltsplanes haben unsere Ministerin und die Kollegen Kretschmer und Rupprecht schon viel gesagt. Sie wissen, dieses Haus misst dem Thema „Forschung und Entwicklung“ eine außerordentlich hohe Priorität bei. Ich will an dieser Stelle nicht noch einmal auf die einzelnen Projekte in unserem Einzelplan 30 eingehen, sondern darf den Blick auf ein anderes Feld lenken.
Wir haben vorhin die Debatte zum Haushalt des Ministeriums für Wirtschaft und Energie geführt, und Sie wissen: Auch in diesem Bereich haben wir industrienahe Forschungseinrichtungen. Der Kollege Mattfeldt hatte sehr zu Recht darauf hingewiesen, dass die 350 Millionen Euro Forschungsmittel aus dem ZIM, dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand, vorzeitig freigegeben wurden. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Schritt, den der Haushaltsausschuss am 2. April dieses Jahres gegangen ist. Ganz herzlichen Dank dafür!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie wissen, dass es außerordentlich wichtig ist, dass diese Forschungsmittel freigegeben wurden. Für den Bereich Forschung und Entwicklung wurden insgesamt 660 Millionen Euro vorzeitig freigegeben. Ich denke, durch die Aufhebung dieser Sperre hat der Haushaltsausschuss ein sehr wichtiges Signal gesendet.
Wenn wir uns die konkreten Programme ansehen, dann dürfen wir feststellen, dass unser Ministerium, das BMBF, mit seiner Programmplanung eine Vorbildfunktion für alle anderen Ministerien hat. Schauen wir uns das Programm „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ an! Dieses Programm ist Teil der Innovationsinitiative „Unternehmen Region“ und fördert entsprechend den regionalen Bedürfnissen der neuen Länder. Mit diesem Programm sollen die in den neuen Ländern aufgebauten herausragenden wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Kompetenzen durch überregionale und interdisziplinäre Kooperation systematisch für die Zukunft ausgebaut werden. Vorhandene Akteure sollen sich also über die Region hinaus grenzüberschreitend vernetzen. Ich denke, das ist ein spannender überregionaler und interdisziplinärer Ansatz. Diesen Ansatz wählt nunmehr auch das Bundeswirtschaftsministerium für sein Innovationsprogramm INNO-KOM und für die ZIM-Programme, also wieder für die industrienahe Forschung. Das BMBF leistet hier also eine Pionierarbeit für die ganze Bundesregierung. Auch dafür, Frau Ministerin, ein herzliches Dankeschön!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn von einigen Rednern in dieser Debatte eine falsche Schwerpunktsetzung in diesem Haushalt kritisiert wurde, dann kann ich dem nur ausdrücklich widersprechen. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte in ihrer gestrigen Haushaltsrede sehr richtig fest: „Kreativität ist der Treiber unseres Wohlstands“. Kreativität erreiche ich nur über Innovation. Daher ist es konsequent und richtig, wenn wir unsere Hightech-Strategie zu einer Innovationsstrategie weiterentwickeln. Wir werden noch Gelegenheit haben, das in diesem Hohen Hause zu debattieren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Kreativität und Gerechtigkeit!)
Wir setzen im Einzelplan 30 die richtigen Schwerpunkte, um unsere Bildungsrepublik Deutschland voranzubringen. Natürlich können wir auch Schwerpunkte ergänzen. Das ist richtig, und das soll man auch tun. Mit Blick auf die aktuellen politischen Entwicklungen darf ich heute einen Vorschlag unterbreiten. Ich komme gerade aus dem NSA-Untersuchungsausschuss und bin auch Mitglied in dem neuen Bundestagsausschuss Digitale Agenda. Ich darf für einen Aufwuchs im Bereich der IT-Sicherheitsforschung plädieren; denn gemeinsamer Gedanke beider Ausschüsse ist es, konstruktive Empfehlungen zu erarbeiten, wie wir die Kommunikation in Deutschland sicherer machen können, was wir tun können, um Ausspähen bei Kommunikationsvorgängen zu unterbinden oder zumindest deutlich zu erschweren. Wir haben im Wissenschaftsbereich bereits wichtige Player. Ich erinnere zum Beispiel an die Fraunhofer-Institute, die sich sehr intensiv mit dieser Fragestellung beschäftigen. Daher kann ich mir vorstellen, dass wir in der anstehenden Debatte um den Haushalt bei der IT-Sicherheitsforschung noch einen wichtigen Schwerpunkt setzen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lassen Sie mich mit Blick auf unsere Haushaltsdebatte einen weiteren Punkt ansprechen. Am 18. Oktober 2012 haben wir in diesem Haus das Wissenschaftsfreiheitsgesetz verabschiedet. Das war ein großer Tag für unsere deutschen Wissenschaftsorganisationen, und es war ein entscheidender Tag für die Mitglieder des Haushaltsausschusses. Ich darf an dieser Stelle vonseiten unserer Fraktion nochmals Annette Schavan, Wolfgang Schäuble und Ecki Rehberg ganz herzlich danken, die uns Wissenschaftspolitiker in diesem komplizierten Gesetzgebungsverfahren sehr gut begleitet haben.
Haushaltsrechtlich ist dieses Gesetz ein Meilenstein in der Wissenschaftsgeschichte. Wir erinnern uns: Die christlich-liberale Koalition hat durch dieses Gesetz eine wissenschaftsadäquate, am Forschungsprozess orientierte Mittelausgabe ermöglicht und somit einen optimalen Mitteleinsatz gewährleistet. Der Haushaltsausschuss hatte mit diesem Gesetz Kontrollmöglichkeiten abgegeben und die Transparenz des Bundeshaushaltes eingeschränkt. Mit dem Blick der Haushälter haben die Wissenschaftsorganisationen mit diesem Gesetz einen Vertrauensvorschuss auf dem Weg zu mehr Autonomie und Transparenz erhalten.
Wir waren uns überfraktionell einig, dass mehr Freiheit für unsere Forschungseinrichtungen auch immer mehr Verantwortung bedeutet. Kontrollmöglichkeiten haben wir natürlich auch heute noch über den Monitoring- Bericht und den Bundesrechnungshof. Ein Blick in den Monitoring-Bericht, der gemeinsam mit dem Bericht zur Umsetzung des Paktes für Forschung und Innovation vorgelegt wird, zeigt, dass der Gedanke des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes gelebt wird und die Instrumente rege genutzt werden. Das gilt für alle Bereiche, ob Haushalt, Personal, Bau oder Beteiligungen. Ich darf in der Haushaltsdebatte zwei Themen herausgreifen, nämlich Haushaltsführung und Personal.
Bei der Haushaltsführung haben wir durch die Einführung von Globalhaushalten eine flexiblere Mittelverfügbarkeit ermöglicht. Stichworte in diesem Zusammenhang sind die überjährige Verwendung von Mitteln, die Zuweisung von Mitteln zur Selbstbewirtschaftung und somit die Möglichkeit, dass unsere Forschungseinrichtungen Gelder für größere Investitionen ansparen können.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber keine Unterjährigkeit von Verträgen!)
Wir haben eine gegenseitige Deckungsfähigkeit von Betriebshaushalt und Investitionshaushalt. Allein im Jahr 2013 hat die Fraunhofer-Gesellschaft 30 Millionen Euro aus dem Betriebshaushalt zur Deckung des Investitionshaushaltes verwendet. Wir geben also unseren Forschungsorganisationen die richtigen Spielräume.
Die zweite große Regelungsmaterie des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes war der Personalbereich. Wir haben, wie Sie wissen, die starren Stellenpläne abgeschafft.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das jetzt eine Debatte zum Haushalt oder über ein Gesetz? Wie wollen Sie das Gesetz denn ändern? Das ist doch hier kein Proseminar im Verabschieden eines Gesetzes! Das ist eine Haushaltsdebatte!)
Wir geben ihnen die Möglichkeit, die Stellenbesetzung noch stärker am wissenschaftlichen Bedarf zu orientieren. Wir haben ein neues Vergütungssystem eingeführt, um Berufungen aus der Wirtschaft und aus dem Ausland zu erleichtern. Die Wissenschaftsorganisationen loben dies ausdrücklich in ihrem Monitoring-Bericht. Erfolgsbeteiligungen, zusätzliche Sachleistungen und zusätzliche Vergütungen, das sind die Instrumente, mit denen das sehr erfolgreich läuft, und zwar nicht nur, wie damals befürchtet, für Professoren oder Spitzenwissenschaftler, sondern auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs und wissenschaftsrelevantes Personal.
In diesem Sinne darf ich, weil dies soeben gefragt wird, festhalten, dass das Gesetz sehr viel mit dem Haushalt zu tun hat. Die Haushälter haben nämlich eine ganze Menge Macht an die Wissenschaftspolitik abgegeben. Deshalb ist es ganz wichtig, im Rahmen der Haushaltsdebatte einmal anzusprechen, dass wir das Spannungsfeld zwischen Wissenschaftsfreiheit und haushaltsrechtlichen Kontrollinteressen aufgelöst haben. Das war ein richtiger Schritt. Daran wollte ich am heutigen Tag ausdrücklich erinnern.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächste Rednerin in der Debatte ist Dr. Daniela De Ridder für die SPD.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der vergangenen Woche konnte ich hier im Bundestag eine Delegation aus Ghana begrüßen. Ich hatte dabei auch Gelegenheit, den Bildungsminister Ghanas kennenzulernen. Herr Kaufmann – Sie waren auch eingeladen –, hätten Sie gedacht, dass Kitas und Vorschulen in Ghana gut etabliert sind? Dem Bildungsetat, so versicherte mir der Minister, stünden die meisten Ressourcen zur Verfügung, und das Bildungsministerium verfüge über das meiste Personal. Frau Hein, da kann man neidisch werden. Wir können von Ghana lernen. Die ghanaische Delegation war eigentlich gekommen, um von uns zu lernen. Sie erteilte uns aber unbewusst eine Lektion.
Wir wollen den Etat für Bildung und Forschung deutlich erhöhen. Diese Forderung haben wir, wie Sie alle wissen, im Koalitionsvertrag verankert. Es geht dabei auch um das Zusammenwirken von Bund und Ländern. Ja, wir wollen Aufgaben und finanzielle Spielräume intelligent nutzen, und zwar auch zugunsten unserer Kommunen. Ja, es geht um viel Geld – das will ich ausdrücklich betonen –, und es geht um noch mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Wir wollen weiter in Krippen und Kitas sowie in Schulen und Hochschulen investieren. Auch den Forschungsbereich werden wir mit Milliardenbeträgen stärken. Frau Dörner, wer allerdings 6 bzw. 9 Milliarden Euro für eine Quantité négligeable hält, der hat offensichtlich das Verhältnis zum Geld verloren.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stellen Sie mal das Rentenpaket ins Verhältnis dazu!)
Die SPD – das versichere ich auch Ihnen in der Opposition – wird sich stetig, auch innerhalb der Großen Koalition, dafür einsetzen, dass wir das finanziell flankieren. Deshalb sage ich ganz deutlich: Wir brauchen gut finanzierte Bildungsangebote durch alle Phasen des Lebens. Denn das viel zitierte lebenslange Lernen beginnt mit dem ersten Lebenstag.
Frau Wanka, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie in der Bildungspolitik eine adäquate Partnerin, nämlich die Familienministerin Manuela Schwesig, gefunden haben, die Ihnen dabei mit Sicherheit zur Seite stehen wird. Es war in der vergangenen Legislaturperiode nicht immer so, dass Bildungsministerium und Familienministerium eng zusammenstanden. Das wird aber jetzt eine Selbstverständlichkeit werden.
Der Ausbau von Kitas und guten Betreuungsangeboten wird erheblich mehr Kindern die Chance geben, durch Bildung die Welt zu entdecken. Frühkindliche Bildung ist nämlich ein Versuch der Vermeidung sozialer Spreizung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die Teilhabe an Bildung ist ein Grundrecht, und zwar von Anfang an. Wir von der SPD werden das in der Großen Koalition sicherstellen; auch das versichere ich der Opposition. Deshalb betone ich: Wir brauchen nicht nur einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, sondern auch eine hohe Betreuungsqualität mit gut ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern – Hubertus Heil erwähnte das bereits –, deren Arbeit wir deutlich besser wertschätzen müssen.
(Beifall bei der SPD)
Was uns allen, die wir hier sitzen und die wir Verantwortung für die öffentlichen Haushalte tragen, stets klar sein muss, ist Folgendes: Unzureichende Bildung schafft hohe Folgekosten für die öffentlichen Haushalte. Deshalb ist es so wichtig, dass wir vernetzt denken, und zwar von der frühkindlichen Bildung über die Schule bis hin zu Bildungsangeboten im Alter. Unsere Wirtschaft braucht engagierte Universitäten und Fachhochschulen genauso wie das duale Ausbildungssystem und eine gute berufliche Bildung. Lieber Herr Rupprecht, wir brauchen außerdem eine gut entwickelte Forschungslandschaft.
Die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie, im Rahmen derer untersucht wurde, was unzureichende Bildung kostet, machen deutlich, dass vor allem sozial benachteiligte Kinder oder Kinder mit Migrationshintergrund sehr früh einen Zugang zu guten Bildungsangeboten brauchen. Gerade sie könnten enorm von guter früher Bildung profitieren.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie spiegelt sich das denn im Haushalt wider?)
Deutschland verschenkt enormes Wachstumspotenzial durch unzureichende Bildung. So lautet die warnende Bilanz der Bertelsmann-Studie – und die Bertelsmann-Stiftung ist nicht wirklich eine Kaderschmiede sozialdemokratischer Provenienz –, dass wir dieses Wachstumspotenzial nicht verschenken dürfen. Wenn wir also unsere öffentlichen Haushalte absichern und Schuldenlast abbauen wollen, dann müssen wir – auch da bin ich bei Ihnen – präventiv handeln.
Ich bin mir ganz sicher, Frau Wanka – lassen Sie mich das zum Schluss sagen –, dass Sie gut mit Manuela Schwesig zusammenarbeiten werden und Frau Dörner Lügen strafen werden, die hier ja schon unterstellt, dass es einen Zickenkrieg geben könnte.
(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht gesagt! Den Begriff haben Sie verwendet, nicht ich!)
Frauen sind klüger. Wir sind dies auch.
Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Als nächste Rednerin hat die Kollegin Anette Hübinger das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3293904 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 30 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |