08.05.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 33 / Zusatzpunkt 2

Waltraud WolffSPD - Soziales Europa

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In einer Zitate-datenbank stieß ich bei der Suche nach dem Wort „Kritik“ auf den ehemaligen britischen Premier Benjamin Disraeli. Ich kannte den Mann nicht, aber ich fand zwei ganz spannende Zitate von ihm. Das erste lautet: „Es ist leichter, Kritik zu üben, als recht zu haben.“ Das zweite heißt: „Es ist viel einfacher, Kritik zu üben, als etwas anzuerkennen.“ – Wenn man nicht wüsste, dass Disraeli im 19. Jahrhundert gelebt hat, könnte man meinen, er kommentiert den Antrag der Linken.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Ach Waltraud!)

Dazu passt auch, dass der Kollege Ulrich die Frage des Kollegen Sarrazin überhaupt nicht beantwortet hat. Sie ist nämlich von den Linken gar nicht zu beantworten.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Was kommt denn an? Keine 5 Prozent!)

Beim Lesen des Antrags der Linken „Kürzungspolitik beenden – Soziale Errungenschaften verteidigen – Soziales Europa schaffen“ entsteht der Eindruck, dass die EU für Sozialdumping verantwortlich sei und diese Politik von der Troika ausgelöst worden sei.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann die Politik der Troika kritisieren, keine Frage.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Man muss!)

Fakt ist, dass wir eine Finanz- und Schuldenkrise hatten – die Schuldigen dafür sind ja wohl anderswo zu suchen –,

(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Bei den Banken vielleicht!)

auf die die Troika erst reagiert hat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Fakt ist, dass ein Land mit einem übergroßen öffentlichen Sektor, das dazu keine oder kaum Steuereinnahmen generiert, selber ein dickes hausgemachtes Problem hat. Das ist so.

Natürlich kann man die Frage stellen, ob die Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise in Europa richtig gewählt sind. Wir sagen: Konsolidierung ist notwendig. Mindestens genauso notwendig ist es aber, auch konjunkturelle Anreize zu setzen. Sie haben in einem recht: Arbeitsmarktpolitische Aktivitäten – das finde ich auch – dürfen sich nicht nur auf die Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beschränken. Natürlich brauchen wir Wachstumsperspektiven und Zukunftsinvestitionen. Natürlich müssen wir gerade jetzt jungen Menschen helfen, einen Einstieg in Arbeit zu finden. Wir brauchen beides. Darum finde ich es ziemlich mies, dass manche Kollegen sich hier hinstellen und diese beiden Dinge gegeneinander ausspielen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Europäische Sozialfonds ESF hat in der letzten Förderperiode von 2007 bis 2013 9,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Gefördert wurden insbesondere die Eingliederung benachteiligter Menschen in den Arbeitsmarkt und auch Weiterbildungsmaßnahmen. 490 Programme wurden davon finanziert. Zur Förderung von sprachgestützten Kursen, die berufsbezogen eingeführt wurden, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Mittel wiederholt aufgestockt, gerade weil die Nachfrage so groß gewesen ist. Das ist ganz konkrete Hilfe für die Menschen, die eine Arbeit suchen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerade in den südeuropäischen Ländern ist der ESF ein ganz wichtiger Baustein der Arbeitsmarktpolitik. Über 15 Millionen Menschen in Europa werden jedes Jahr mit 10 Milliarden Euro aus dem ESF unterstützt. Dabei steht natürlich die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit für uns im Fokus; das ist überhaupt keine Frage. Wir haben Regionen in Europa – das ist schon gesagt worden – mit mehr als 25 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Deswegen werden in der nächsten Förderperiode mindestens 6,4 Milliarden Euro für die Jugendbeschäftigungsinitiative eingesetzt. 3 Milliarden Euro dafür kommen aus den Mitteln des ESF. Um auch ganz schnell helfen zu können, werden die Mittel direkt von Beginn der Förderperiode an zur Verfügung stehen. Das ist Hilfe, die bei den Menschen ankommt. Deshalb sollte man Europa nicht immer nur herunterreden und alles schlechtmachen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die SPD hat immer für ein soziales Europa gestanden, und Europa hat auch eine soziale Dimension. Der Europäische Sozialfonds ist ein ganz kleines Beispiel dafür.

Natürlich kann Europa noch besser werden. Wir alle wollen es verbessern, und wir wollen auch, dass das soziale Netz enger gestrickt wird. Ein soziales Europa und wirtschaftliche Dynamik sind keine Gegensätze. Das soziale Europa ist vielmehr die Voraussetzung für einen guten wirtschaftlichen Erfolg.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das sieht der Koalitionspartner aber anders!)

Davon bin ich zutiefst überzeugt, und dafür treten wir Sozialdemokraten auch bei den Europawahlen am 25. Mai an.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und mache Platz für die nächste Rednerin.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das ist sehr sympathisch, zumal es schon auf eine leichte Überziehung der Redezeit hinausgelaufen war.

Als nächster Rednerin erteile ich der Kollegin Antje Lezius, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3390713
Wahlperiode 18
Sitzung 33
Tagesordnungspunkt Soziales Europa
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta