08.05.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 33 / Zusatzpunkt 2

Matthias BartkeSPD - Soziales Europa

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten glauben nicht, dass die europäische Krisenpolitik der letzten Jahre alternativlos war. Nur, eines muss man schon sagen: Der Kurs zeigt jetzt erste positive Veränderungen. Griechenland hat im vergangenen Jahr zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Leistungsüberschuss von 1,25 Milliarden Euro erwirtschaftet.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Reden Sie mal mit den Krebskranken in Griechenland!)

Auch im Krisenland Spanien ist ein Silberstreif am Horizont sichtbar. Die Produktivität erhöht sich, und der Export ist in den vergangenen drei Jahren um 20 Prozent gestiegen. Frau Voßbeck-Kayser hat auf die positiven Entwicklungen in Irland und Portugal hingewiesen. Es wäre daher aberwitzig, diese Politik genau in dem Moment umzukehren, in dem sie erste Früchte trägt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Genau das aber fordert der Antrag der Linkspartei.

Die Anträge der Linken und der Grünen, vor allem der der Grünen, benennen jedoch zu Recht ein Thema, das uns alle besorgt: die Situation der Jugendlichen in den Krisenländern. In elf Ländern der EU liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei über 25 Prozent. In Griechenland und Spanien liegt sie sogar bei über 50 Prozent. Das ist nicht nur ökonomisch betrachtet eine Katastrophe, sondern auch in politischer und pädagogischer Hinsicht. Die meisten betroffenen Jugendlichen verbinden mit Europa nicht mehr die Werte Chancengerechtigkeit, Gleichberechtigung und Toleranz; sie verbinden mit Europa eher Perspektivlosigkeit, Enge und Chancenungerechtigkeit. Da müssen wir gegensteuern.

(Beifall bei der SPD)

Und das tun wir auch. Die Bundesregierung geht mit ihrem Sonderprogramm MobiPro-EU den richtigen Weg.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

MobiPro-EU bietet europäischen Jugendlichen eine Perspektive in Deutschland. Es war schon klar, dass dieses Programm attraktiv für Jugendliche in anderen EU-Ländern sein könnte. Dass wir aber insbesondere in den letzten Monaten mit Anträgen fast überrannt wurden, haben wir nicht erwartet. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat gestern im A-und-S-Ausschuss beeindruckend dargelegt, wie bemüht alle Seiten sind, dem großen Ansturm auf das Programm gerecht zu werden. Das Ergebnis ist beeindruckend. Der Förderansatz allein für das laufende Jahr 2014 wurde in unterschiedlichen Schritten und durch unterschiedliche Maßnahmen in einem Kraftakt von ursprünglich 33 Millionen Euro auf fast 100 Millionen Euro aufgestockt.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das ist eine Verdreifachung. Es wurde verabredet, dass alle Anträge, die bis zum 8. April eingereicht wurden, ohne Wartezeit beschieden werden. Das ist ein finanzieller Kraftakt, der in diesen Zeiten seinesgleichen sucht. Die Haushälter müssen diesen Regelungen zwar noch zustimmen, aber ich bin mir ganz sicher, dass sie das auch tun werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eines ist aber natürlich auch klar: Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Europa kann nicht in Deutschland gelöst werden. Das sagt auch der Antrag der Grünen durchaus zutreffend. Frau Pothmer, zu Ihrer Langintervention möchte ich Ihnen aber ganz grundsätzlich sagen: Wenn in einem Programm die Mittel ausgegeben sind, dann kann man nicht einfach noch mehr ausgeben, jedenfalls nicht, wenn man verantwortliche Finanzpolitik macht.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Sie sollten daher anerkennen, dass die Bundesregierung große Anstrengungen geleistet hat, der enormen Nachfrage nachzukommen. Bis April dieses Jahres haben 9 000 junge Menschen insgesamt über 42 000 Anträge gestellt. Niemand, der einen Antrag vor dem 8. April gestellt hat, muss warten. Alle werden bedient. Diejenigen, die danach kommen, wussten um den Mittelstopp.

Herr Kollege, die von Ihnen eben angesprochene Frau Kollegin Pothmer würde gerne etwas sagen. Darf sie das jetzt?

Aber gerne.

Bitte.

Herr Kollege, wir sind uns beide einig, dass das Programm MobiPro durchaus ein richtiger Ansatz ist. Es war doch zu erwarten, dass es eine gewisse Zeit braucht, bis dieses Programm bekannt wird und dann auch angenommen werden kann. Finden Sie es vor dem Hintergrund, dass das Programm jetzt endlich ans Laufen kommt, richtig, dass wir jetzt, am Erfolgspunkt, das Programm stoppen und bis zum Jahr 2015 nichts machen?

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Dasselbe hat sie schon mal vorgetragen! Unbelehrbar!)

Glauben Sie wirklich, dass dieses Stop-and-go funktionieren kann? Nennen Sie mir einen Bildungsträger, der bereit ist, eine Infrastruktur an Räumlichkeiten und an Personal vorzuhalten, wenn er noch nicht einmal weiß, ob er 2015 wieder zum Zuge kommen kann. Ein erheblicher Teil dieser Bildungsträger hat Kooperationsverträge mit den Bildungsträgern vor Ort geschlossen. Am Ende geht es um 2 000 Personen in ganz Europa. Glauben Sie wirklich, dass eine entsprechende Infrastruktur überhaupt aufgebaut werden kann, wenn es immer wieder dieses Stop-and-go gibt?

Frau Pothmer, Sie sagen das jetzt zum dritten Mal: gestern im Ausschuss, eben in Ihrer Langintervention und jetzt noch einmal. Dadurch wird es aber nicht besser.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich bin am 22. September 2013 zum Bundestagsabgeordneten dieser Legislaturperiode gewählt worden. Frau Nahles ist erst seit kurzem Ministerin. Ich kann nur sagen, dass es mich sehr beeindruckt hat, wie flexibel dieses Ministerium mit den großen Anforderungen umgeht. Dass diese Entwicklung absehbar ist, wussten Sie natürlich ganz genau; im Nachhinein ist man ja immer schlauer. Ich kann nur sagen: Wir können natürlich nur auf die aktuellen Situationen reagieren.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wenn Sie sich in Ihrem Antrag bezüglich MobiPro- EU ausschließlich auf die Förderpause beziehen, dann finde ich das schlicht peinlich; denn MobiPro-EU ist das einzige Programm seiner Art in ganz Europa – das nehmen Sie bitte zur Kenntnis –, mit dem Fördermittel eines Staates ausschließlich dafür eingesetzt werden, Jugendliche anderer Staaten zu fördern. Ich finde das großartig, und ich lasse mir das von Ihnen auch nicht schlechtreden.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wichtig sind nicht nur der arbeitsmarktpolitische und der sozialpolitische Nutzen dieses Programms, sondern auch sein europäischer und völkerverbindender Geist. Junge Menschen, die in fremden Ländern gelebt haben, sind immun gegen Fremdenhass und Aggression.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Daran heute, am 8. Mai 2014, 69 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, zu erinnern, ist mir wichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich selber war als junger Mensch ein Jahr im Schüleraustausch in den USA; das ist über 30 Jahre her. Bei allem Hader, den man fürwahr häufig mit der Politik der USA haben kann, ist mir bis heute eines geblieben: ein großes Herz und ein großes Verständnis für die Menschen in diesem tollen Land. Ich bin mir ganz sicher, dass es den Teilnehmern von MobiPro-EU aus ganz Europa genauso mit Deutschland gehen wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort Tobias Zech, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3390719
Wahlperiode 18
Sitzung 33
Tagesordnungspunkt Soziales Europa
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