08.05.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 33 / Zusatzpunkt 3

Ole SchröderCDU/CSU - Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute nach Syrien blicken, dann sind wir entsetzt: über die Toten durch den Bürgerkrieg, über Leid und Elend, über die Vertreibung. Die Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage; Existenzen werden zerstört. Mittlerweile sind mindestens 7 Millionen Menschen auf der Flucht, davon rund 4,3 Millionen innerhalb Syriens. Circa 2,7 Millionen Menschen haben Syrien verlassen. Sie halten sich zum größten Teil in den Anrainerstaaten, aber auch in Ägypten auf. Die Hälfte von ihnen – das dürfen wir nicht vergessen – sind Kinder.

Es geht darum, dieses unvorstellbare Leid zu mildern. Hierfür ist zunächst einmal und vor allem Hilfe vor Ort erforderlich. Es ist notwendig, die Menschen mit dem Allernötigsten zu versorgen und vor allen Dingen die Anrainerstaaten dabei zu unterstützen, insbesondere die medizinische Versorgung, aber auch die Beschulung der Kinder sicherzustellen. Genau das tut diese Bundesregierung. Seit Ausbruch des Bürgerkriegs geben wir massive finanzielle Hilfen. Wir sind nach den USA das zweitgrößte Geberland. Seit 2012 sind über 0,5 Milliarden Euro bereitgestellt worden.

Das THW leistet zudem vor Ort, in den Flüchtlingslagern in Jordanien und im Nordirak, tatkräftig Hilfe, insbesondere bei der Wasseraufbereitung. Mit der Unterstützung vor Ort erreichen wir die Masse der besonders Hilfsbedürftigen am besten. Der Schwerpunkt der deutschen Flüchtlingshilfe sollte daher auch weiterhin vor Ort gesetzt werden. Der Einsatz der Mittel ist hier besonders wirkungsvoll, und die meisten Menschen wollen auch in der Region bleiben.

Natürlich suchen viele Menschen, die auf der Flucht sind, auch in Deutschland Schutz. Wir stehen diesen Flüchtlingen offen gegenüber. Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 sind 36 000 Menschen aus Syrien nach Deutschland eingereist, um hier Asyl zu beantragen. In Deutschland leben derzeit 66 000 Syrer. Etwa 1 700 neue Asylanträge kommen jeden Monat hinzu. Darüber hinaus hat die Bundesregierung im letzten Jahr für besonders schutzbedürftige Menschen ein Humanitäres Aufnahmeprogramm aufgelegt, um sie aktiv nach Deutschland zu holen.

Unser Ziel war es, voranzuschreiten und auch andere Länder zu bewegen, ähnliche Aufnahmeprogramme auf den Weg zu bringen. Leider finden wir in Europa nur relativ zögerliche Nachahmer. Um das zu ändern, setzen wir uns im Schulterschluss mit dem UN-Flüchtlingshochkommissar Guterres seit über einem Jahr für die Einberufung einer Pledging-Konferenz zugunsten syrischer Flüchtlinge ein. Leider ist die Kommission unserer Bitte, ein sogenanntes Pledging-Verfahren durchzuführen, bisher nicht nachgekommen.

(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das ist doch unglaublich!)

Meine Damen und Herren, unser Humanitäres Aufnahmeprogramm war anfangs auch für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen neu. Daher war seine Umsetzung ausgesprochen schwierig. Anfangs musste das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das für die operative Umsetzung zuständig ist, bis zu zwei Monate auf notwendige Unterlagen der Flüchtlinge warten. Dann gab es das Problem, dass die libanesischen Sicherheitsbehörden für jeden Flüchtling eine Ausreisegenehmigung verlangt haben, allerdings ohne diese auch schnell zu erteilen. Das alles hat zu Verzögerungen geführt. Letztlich ist die Aufnahme aus einem solchen Krisengebiet natürlich immer auch mit Sicherheitsrisiken verbunden. Gerade im Libanon konnten Flüchtlinge nicht zu den bereitgestellten Charterflugzeugen gebracht werden, weil es die Sicherheitslage einfach nicht zugelassen hat.

Gleichwohl wird das erste Aufnahmeverfahren noch im Mai abgeschlossen worden sein. Ich danke allen Mitarbeitern des UNHCR und auch der Caritas, aber auch den Mitarbeitern des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sowie den Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums des Innern für ihre tatkräftig geleistete Arbeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Trotz der Herausforderungen und der Schwierigkeiten, die beim ersten Aufnahmeprogramm aufgetreten sind, haben wir uns entschieden, parallel ein zweites Aufnahmeprogramm aufzulegen. Wir konzentrieren uns jetzt nicht nur auf den Libanon, sondern nehmen insbesondere Verwandte von in Deutschland lebenden Syrern aus allen betroffenen Anrainerstaaten und auch aus Ägypten auf.

Nachdem die Länder ihre Aufnahmevorschläge an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geschickt haben, kommen wir nun gut voran. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat bereits mehr als ein Drittel der teilnehmenden Personen identifiziert. Über 1 000 Aufnahmebescheide wurden schon an die deutschen Auslandsvertretungen übermittelt, sodass in den nächsten Wochen mit zahlreichen Einreisen zu rechnen ist. Mehr als hundert Personen sind bereits über das zweite Aufnahmeprogramm eingereist.

Darüber hinaus ermöglichen die Bundesländer, dass hier lebende Syrer ihre Verwandten nach Deutschland holen können, wenn denn der Lebensunterhalt gesichert ist. Auch über diesen Weg haben bereits mehr als 4 000 Syrer ein Visum für Deutschland erhalten. Wir sind uns darüber im Klaren, dass es gerade für das Auswärtige Amt nicht einfach ist, die Situation vor Ort zu bewältigen; aber dort wird wirklich alles getan, was möglich ist.

Mit all diesen Maßnahmen ist Deutschland das Land außerhalb der Krisenregion, das weltweit mit Abstand die meisten Flüchtlinge aus Syrien aufnimmt. Meine Damen und Herren, als Vorreiter werden wir uns auch weiterhin international für die humanitäre Aufnahme starkmachen. Auch national werden wir bei Erreichen des Kontingents nicht mit der aktiven Aufnahme aufhören. Wir werden in den nächsten Wochen auch entsprechende Gespräche mit den Ländern führen.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns bei aller Notwendigkeit der Aufnahmeprogramme im Klaren sein, dass wir die Not des Bürgerkriegs nicht hier in Deutschland lösen können. Deshalb ist es nach wie vor notwendig, dass wir unsere Hilfe vor Ort noch intensivieren. Dort erreichen wir die meisten Menschen, dort können wir diese Not, dieses Elend am ehesten mildern. Das Wichtigste bleibt natürlich, dass der Friedensprozess vorankommt. Nur wenn wieder Frieden herrscht, wird es keine Flüchtlinge und keine Not und kein Elend mehr geben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Kollegin Annette Groth, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3390805
Wahlperiode 18
Sitzung 33
Tagesordnungspunkt Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta