Andrea LindholzCDU/CSU - Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit meiner ersten Rede zum Thema Syrien im März dieses Jahres hat sich die Situation leider kaum verändert. Nach wie vor überschattet die Eskalation in der Ukraine die humanitäre Katastrophe in Syrien. In den deutschen Medien taucht die katastrophale Lage in dem vom Bürgerkrieg zerstörten Land nur ganz selten auf.
Der Zerfall des syrischen Staates fordert nach wie vor täglich neue Todesopfer. Zahllose Menschen werden verletzt, während 40 Prozent der syrischen Krankenhäuser nicht mehr funktionsfähig sind. 9,3 Millionen Syrer sind innerhalb und außerhalb ihrer Heimat auf der Flucht. Sie alle benötigen dringend humanitäre Hilfe.
Deutschland erfüllt seine humanitären Verpflichtungen und hilft massiv. Seit 2012 hat die Bundesregierung über eine halbe Milliarde Euro für syrische Flüchtlinge bereitgestellt. Damit gehört Deutschland zu den größten bilateralen Geldgebern. Hieran wollen wir festhalten, und wir dürfen da auch nicht nachlassen.
Unser Technisches Hilfswerk liefert praktische Hilfe in den Flüchtlingslagern in Jordanien und im Nordirak. Die Mitarbeiter des THW und aller anderen Hilfsorganisationen vor Ort leisten einen unschätzbaren Dienst für Millionen von Flüchtlingen. Ihnen gebührt unser Dank.
Auch im Asylbereich macht sich das Engagement bemerkbar. In Deutschland werden inzwischen rund 1 700 neue syrische Asylanträge pro Monat registriert. Seit 2012 gibt es einen Stopp von Abschiebungen nach Syrien. In den letzten Jahren sind über 36 000 Syrer nach Deutschland gekommen. Damit hat sich die syrische Gemeinschaft in Deutschland mehr als verdoppelt. Zusätzlich haben wir zwei Sonderprogramme aufgelegt, mit denen 10 000 besonders schutzbedürftige Syrer bei uns Asyl erhalten. Deutschland nimmt damit zwei Drittel aller syrischen Flüchtlinge auf, die außerhalb der Region Schutz finden.
Bayern, Herr Kollege Post, nimmt im Rahmen des Bundesprogramms 1 520 Syrer auf. Das sind 15 Prozent der Gesamtzahl und damit mehr, als jedes andere Bundesland aufnimmt. Staatsminister Herrmann hat bereits angekündigt, dass Bayern auch weiterhin über das Maß hinaus Syrer aufnehmen wird und statt auf unflexible Landesprogramme auf eine Ausweitung des Bundesprogramms setzen will. In Bayern leben 4 600 Syrer. Das sind 7 Prozent aller Angehörigen der syrischen Community in Deutschland.
Unsere europäischen Partnerstaaten haben zwar ebenfalls Sonderprogramme aufgelegt. Allerdings kommen alle EU-Staaten zusammen gerade mal auf ein Kontingent von 3 900 Sonderplätzen. Selbst große Länder wie Frankreich und Großbritannien stellen nur 500 Plätze bereit. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht länger hinnehmbar.
Vor diesem Hintergrund bittet die Koalition die Bundesregierung, unsere europäischen Nachbarn aufzufordern, mehr Verantwortung angesichts der humanitären Katastrophe zu übernehmen. Das gilt sowohl in Bezug auf die Ausweitung der Sonderkontingente außerhalb der gewöhnlichen Asylverfahren als auch in Bezug auf die Hilfe vor Ort in Syrien und den Nachbarstaaten. Hier müssen insbesondere mehr Gelder für die humanitäre Unterstützung zur Verfügung gestellt werden. Wir brauchen auf europäischer Ebene – das hatte ich im März schon gesagt – endlich eine Syrien-Flüchtlingskonferenz. Auch wenn die schrecklichen Bilder der syrischen Flüchtlingskinder nicht in unseren Medien auftauchen: Es gibt sie doch. Das Elend ist groß, und Europa darf hier nicht wegsehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es kann nicht sein, dass unsere europäischen Partner die Verantwortung speziell für Syrien und allgemein im Asylbereich auf Deutschland abwälzen. Im letzten Jahr wurden fast 30 Prozent aller Asylanträge innerhalb Europas in Deutschland gestellt. Binnen eines Jahres stieg in Deutschland die Zahl der Asylanträge um 70 Prozent.
Angesichts dieser Zahlen ist es wichtig, dass wir die im Koalitionsvertrag vereinbarte Beschleunigung der Asylverfahren zügig umsetzen. Aussichtslose Asylverfahren müssen schneller als bisher abgeschlossen werden. Wir würden damit zusätzliche Kapazitäten schaffen, um für syrische Flüchtlinge schnell eine Lösung zu finden, und wir würden die Situation in den Kommunen verbessern. Die Kommunen erbringen nämlich die Hauptleistung bei der Aufnahme der Flüchtlinge, was nicht immer ganz einfach ist. Auch ich gehe davon aus, dass wir weitere Flüchtlinge aus Syrien bei uns aufnehmen werden und aufnehmen müssen.
Daher wollen wir Serbien, Mazedonien, Bosnien- Herzegowina, aber auch Albanien und Montenegro zu sicheren Herkunftsstaaten erklären. Aus diesen Ländern stammt heute mehr als ein Viertel aller Asylbewerber, obwohl die Anerkennungsquote für diese Länder seit Jahren bei quasi 0 Prozent liegt. Diese Länder sind sicher. Serbien bewirbt sich um eine EU-Mitgliedschaft. Die serbische Regierung bittet selber darum, auch von Deutschland endlich als sicheres Herkunftsland eingestuft zu werden.
Asyl in Deutschland, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann aber immer nur in begrenztem Umfang eine Lösung für Flüchtlingskrisen bieten. Angesichts von 43 Millionen Flüchtlingen weltweit wird der tatsächliche Bedarf an Asyl nie zu decken sein.
Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass wir den Fokus auf die Unterstützung vor Ort legen, den Menschen direkt vor Ort helfen und für ein Dach über dem Kopf, für sauberes Trinkwasser, für Essen und für medizinische Versorgung Sorge tragen.
Langfristig wird sich die Situation der syrischen Flüchtlinge aber nur verbessern, wenn der Krieg in ihrer Heimat beendet wird. Der Friedensprozess muss daher mit allem Nachdruck und trotz aller Rückschläge weiterverfolgt werden. Wo die Gespräche enden und wo die Waffen sprechen, da hat die Politik versagt, und das dürfen wir nicht akzeptieren.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3390849 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 33 |
Tagesordnungspunkt | Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien |