08.05.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 33 / Zusatzpunkt 6

Thorsten FreiCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu Ergebnissen des Treffens der Bundeskanzlerin mit dem US-Präsidenten

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Linke hat diese Aktuelle Stunde beantragt, um eine Bewertung des Amerika-Besuches unserer Bundeskanzlerin vorzunehmen. Ich schließe mich der überwiegenden Mehrheit der bisherigen Redner an und sage: Dieser Besuch war erstens richtig, zweitens ein Erfolg und ist drittens zur richtigen Zeit erfolgt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Natürlich ist richtig, dass im vergangenen Jahr die Massenüberwachung durch die NSA in Deutschland Gesellschaft und Medien erschüttert hat.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heute noch, Herr Kollege!)

Auch wir sind der Auffassung, dass es mit unseren Maßstäben von Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar ist, massenhaft Daten und Informationen abzugreifen, ohne dass es dafür irgendeinen Grund oder auch nur irgendeinen Verdachtsfall gibt. Das haben wir damals gesagt, und das sagen wir heute. Da reden wir nichts schön. Auch wenn wir zur Kenntnis zu nehmen haben, dass auch in Amerika eine Debatte darüber in Gang gekommen ist und es auch dort Widerstände gegen diese gängige Praxis der Überwachung gegeben hat, ist natürlich festzustellen, dass die Bewertung des Spannungsverhältnisses zwischen Freiheit und Sicherheit diesseits und jenseits des Atlantiks unterschiedlich austariert und aufgelöst wird. Das ist zutreffend.

Ich plädiere dafür, dass wir nicht blauäugig und illusionär an diese Debatte herangehen, sondern uns bewusst machen, dass es gängige Praxis von Diensten weltweit ist, Informationen zu beschaffen, um dadurch ein gutes Stück weit ihrer exekutiven Verantwortung, Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, eigene Interessen zu verfolgen, aber auch für Werte einzustehen, nachzukommen. Auch das dürfen wir in dieser Debatte nicht vergessen. Genauso wenig dürfen wir vergessen – auch das ist schon angesprochen worden –, dass es unter Freunden auch Meinungsverschiedenheiten geben darf. Die gibt es in diesem Fall. Diese hat die Bundeskanzlerin, auch wenn Sie es negieren, deutlich angesprochen, und zwar nicht erst bei diesem Besuch, sondern bereits vielfach in den vergangenen Monaten. Ich glaube, dass gute Partnerschaften und Freundschaften es aushalten müssen – sie tun es in diesem Falle auch –, dass man diese unbequemen Wahrheiten und auch die Kritik anspricht, die berechtigterweise im Raum stehen.

Kluge und verantwortungsvolle Außenpolitik muss letztlich über den Tag hinaus denken, muss letztlich auch Verantwortung übernehmen für das, was kommt. Deswegen ist es falsch, aus einer Empörungshaltung heraus Außenpolitik mit dem Bauch zu machen. Es wäre sehr viel klüger, den Kopf einzuschalten. Genau das tun die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin ganz persönlich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wer glaubt denn im Ernst, dass die Herausforderungen, beispielsweise in der Ukraine – sie sind vom Kollegen Mützenich angesprochen worden –, in Afghanistan, im Iran, in Syrien oder Nahost nachhaltig ohne die Unterstützung der USA zu lösen sind? Im Gegensatz zu Ihnen sagen wir: Wir müssen in der Außenpolitik eine größere Verantwortung, entsprechend unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Größe, übernehmen. Man kann sich nicht vom Acker machen, wenn es schwierig wird und, wenn die Amerikaner die Aufgabe übernehmen, sie auch noch kritisieren. Das ist einfach nicht in Ordnung. Das müssen wir an dieser Stelle deutlich sagen.

Die Verflechtung zwischen den USA und Deutschland, die Nähe zu den USA ergibt sich aus unserer Geschichte, vor allen Dingen aus den vergangenen 70 Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Amerikaner haben uns in besonderer Weise geholfen und es uns ermöglicht, ein wirtschaftlich prosperierendes und demokratisches Deutschland aufzubauen. Es sind die Herausforderungen der Zukunft, die uns verbinden und deutlich machen: Es gibt keine Äquidistanz Deutschlands zu Russland und den USA. Wir lassen es nicht zu, dass man einen Keil in die westliche Partnerschaft treibt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Aber Polarisierung!)

Ich bin sicher, dass wir auch im ökonomischen Bereich eine starke Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Europäischen Union einerseits und den USA andererseits benötigen. Wir brauchen ein erfolgreiches Freihandelsabkommen, weil niemand davon so profitiert wie Deutschland. Wir haben eine Exportquote von 73 Prozent. Die USA sind nach der EU der wichtigste Exportmarkt für unsere Wirtschaft, das wichtigste Zielland für deutsche Investitionen; vor allen Dingen hängt jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland vom Export ab. Wir brauchen das Freihandelsabkommen, weil es zu mehr Sicherheit, zu mehr Wohlstand, zu mehr Wachstum, zu sinkenden Preisen und zu einer größeren Produktvielfalt führen wird.

Lassen Sie mich zum Ende noch einen Aspekt ansprechen: Es kommt hier nicht in erster Linie auf Euro und Cent an. Es kommt vor allen Dingen auf die politische und geostrategische Bedeutung an. Es kommt darauf an, ob wir nebenanstehen wollen, wenn Standards für Verbraucherschutz, beispielsweise Standards für den Schutz geistigen Eigentums, Standards für Wettbewerb und Investitionen, gesetzt werden, oder ob wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern und den USA daran mitarbeiten wollen.

Wenn wir es nicht tun, wenn wir es nicht schaffen, dann machen das in einigen Jahren andere. Dann sitzen nicht nur wir Deutsche, sondern wir Europäer am Katzentisch. Das wollen wir nicht. Deshalb ist es richtig, dass wir uns hier engagieren. Das hat die Bundeskanzlerin gemacht, weil sie Außenpolitik vom langen Ende her bedenkt. Dieser Besuch war daher richtig und erfolgreich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für die Linke spricht jetzt der Kollege Dr. Diether Dehm.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3390911
Wahlperiode 18
Sitzung 33
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Ergebnissen des Treffens der Bundeskanzlerin mit dem US-Präsidenten
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