Astrid FreudensteinCDU/CSU - Tag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
Frau Präsidentin! Frau Bentele! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe einmal nachgeschaut, wie der Begriff der Inklusion eigentlich in Leichter Sprache umschrieben wird. Leichte Sprache ist übrigens auch für Menschen ohne Behinderung etwas ganz Hilfreiches und Gutes.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
– so steht es auf einer Internetseite der Aktion Mensch –
Das klingt alles selbstverständlich und auch ziemlich einfach, und das nicht nur, weil es einfache Sprache ist. Und doch wissen wir, wie schwierig das im Alltag oft ist und welche Fragen und Probleme sich da auftun.
Bauliche Barrierefreiheit kostet oft zusätzliches Geld, und es ist nachvollziehbar, wenn das einem Gemeinderat Kopfzerbrechen bereitet. Es ist selbstverständlich, dass eine Belegschaft erst einmal unsicher ist, wenn zum ersten Mal ein Kollege im Rollstuhl zur Arbeit kommt. Für eine Grundschullehrerin ist es nicht banal, wenn sie plötzlich auch mit einem Kind mit Downsyndrom arbeiten soll und das vorher noch nie gemacht hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich meine, wir sollten den Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung auch dazu nutzen, zum offenen Dialog zu ermuntern. Die Grundschullehrerin, der Gemeinderat – sie alle müssen ihre Ängste, Vorbehalte und Unsicherheiten auch formulieren dürfen, weil wir nur dann vorankommen. Es brauchen nämlich beim großen Gemeinschaftsvorhaben der Inklusion nicht nur die Menschen mit Behinderungen Hilfe und Unterstützung. Jeder Einzelne, auch die Nichtbehinderten, brauchen, mal mehr, mal weniger, Hilfestellung beim Großprojekt der inklusiven Gesellschaft.
Für den politischen, für den gesetzgeberischen Teil der Inklusion sind natürlich wir hier zuständig. Die gesetzlichen Grundlagen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung sind im Grundgesetz verankert. Speziell das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und das Behindertengleichstellungsgesetz bekräftigen die Gleichheit und verbieten die Diskriminierung und Benachteiligung behinderter Menschen. Aber damit haben wir unseren Teil zur Gleichstellung noch nicht getan.
Wenn wir heute in Deutschland von der Gleichstellung behinderter Menschen sprechen, dann meinen wir in erster Linie die Chancengleichheit bei der Teilhabe an der Gemeinschaft, und die verlangt ganz konkrete Maßnahmen.
Eine dieser Maßnahmen – sie wurde eben schon angesprochen – ist die Entwicklung der Eingliederungshilfe zu einem modernen, zeitgemäßen Teilhaberecht, mit dem eine größere Chancengleichheit erreicht werden soll. Die Neuausrichtung von einer überwiegend einrichtungsbezogenen zu einer individuellen, personenzentrierten Teilhabeleistung ist unser Ziel. Menschen mit Behinderung müssen mit ihren spezifischen Bedürfnissen im Mittelpunkt stehen. Es muss eine Wahlfreiheit geben, wenn es darum geht, wie und wo die Menschen arbeiten und wohnen wollen. Es gilt auch, ein Verfahren zu etablieren, bei dem alle Leistungsberechtigten in Deutschland gleichermaßen an den Leistungen partizipieren können. Das Verfahren muss die Bedarfsermittlung vereinheitlichen.
Bei dieser Reform wird die Perspektive und die Erfahrung von Menschen mit Behinderung von Anfang an mit einbezogen. Dass das nicht von heute auf morgen geht, das haben wir eben schon diskutiert. Wir wollen die Eingliederungshilfe nicht wegen eines abstrakten Konzepts reformieren, sondern wir wollen sie für die Menschen reformieren.
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir müssen!)
Wir wollen die Teilhabe, die dem Einzelnen möglich ist, auch möglich machen. Das ist ein Gebot der Gerechtigkeit und Nächstenliebe. Dabei wird es nicht reichen, möglichst viel Geld zu verlangen. Inklusion ist viel schwieriger. Auf einer anderen Internetseite der Aktion Mensch steht ebenfalls in Leichter Sprache:
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3391440 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 33 |
Tagesordnungspunkt | Tag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung |