Ulla Schmidt - Fortentwicklung des Meldewesens
Interfraktionell sind für die Aussprache 25 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Erster Redner in der Debatte ist Dr. André Berghegger, CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute zum ersten Mal den Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Meldewesens, ein zugegebenermaßen sehr technisch klingender Titel. Aber das Thema hat in der Vergangenheit zu lebhaften öffentlichen Diskussionen geführt.
In der letzten Legislaturperiode stand nämlich die grundlegende Reform des Meldewesens an. Grund hierfür war, dass im Rahmen der Föderalismusreform I die Zuständigkeit für das Meldewesen von den Ländern auf den Bund gewechselt ist. Ein inhaltlicher Schwerpunkt der damaligen Debatte war sicherlich die Fragestellung: Unter welchen Voraussetzungen dürfen Meldeämter Daten an gewerbliche Anbieter, also an Adresshändler und andere Firmen, weitergeben?
Der Bundestag hat nach Abschluss des Vermittlungsverfahrens aus meiner Sicht ein modernes Meldegesetz beschlossen. Datenschutz, Verbraucherschutz und das Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung waren Themen, die in der Debatte eine Rolle spielten. Ein inhaltlicher Schwerpunkt wurde auch auf die Einbeziehung der Betroffenen gelegt. Die Bandbreite reichte von der Zustimmungslösung über die Widerspruchslösung bis im Wesentlichen wieder hin zur Zustimmungslösung nach dem Vermittlungsausschuss. Wichtig ist, dass vor bestimmten Datenübermittlungen das Einverständnis der Bürger erforderlich ist.
Aus meiner Sicht zeigt diese Diskussion erneut: Für die öffentliche Hand ist der sensible Umgang mit Daten äußerst wichtig. Warum entstand eigentlich im Verfahren erst vor der Anrufung des Vermittlungsausschusses eine lebhafte öffentliche Diskussion?
Das Gesetz war lange vorbereitet. Jeder – auch jede Fraktion – hätte alle Bedenken auch öffentlich vortragen können. Aber es geschah relativ wenig. Vielleicht war es die Zeit vor Bekanntwerden der Überwachungspraktiken der NSA. Vielleicht war die Öffentlichkeit noch nicht so sensibilisiert wie heute.
Aber der eigentliche Auslöser war ein ganz anderer, nämlich der Zeitpunkt der Debatte. Zum Zeitpunkt der Debatte fand die Fußballeuropameisterschaft statt, mit dem Halbfinale Deutschland gegen Italien, das Deutschland – aus meiner Sicht leider 1 : 2 – verloren hat, und die Ränge, einschließlich der Ränge der Presse, waren äußerst dürftig besetzt. Teile der Presse monierten die vermeintlich schnelle Beratung mit wenigen Mitgliedern des Bundestages zu dieser späten Stunde. Das Verfahren wurde etwas in Zweifel gezogen.
Deswegen, denke ich, besteht heute die gute Möglichkeit, die Bedeutung dieses modernen Melderechts auf der einen Seite und den sensiblen Umgang mit Daten auf der anderen Seite zu betonen und herauszustellen. Wir werden verschiedene redaktionelle Änderungen vornehmen und Anregungen aus dem Bundesrat aufnehmen.
Insbesondere wird eine einheitliche Geltung des Melderechts im gesamten Bundesgebiet ermöglicht werden. Vor allem aber soll die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft im Einkommensteuerrecht auch im Melderecht umgesetzt werden.
Details sind hier noch offen. Aus meiner Sicht müssen wir jedoch noch einen Aspekt beachten, und zwar den, dass keine unverhältnismäßigen Schwierigkeiten für Beschäftigte bei Kirchen entstehen, die eine Lebenspartnerschaft führen oder deren Ehe geschieden worden ist. Der Prälat im Kommissariat der deutschen Bischöfe hat schriftlich mitgeteilt, dass Meldedaten, die der Kirche von den Meldebehörden übermittelt werden, nicht für arbeitsrechtliche Zwecke genutzt werden.
Aus meiner Sicht ist das ein wichtiges Signal für die Arbeitnehmer. Dennoch werden wir vor der abschließenden Lesung Prälat Dr. Jüsten ein Berichterstattergespräch anbieten; da sind die Kollegin Frau Fograscher und ich einer Meinung. Wir werden nach einem gemeinsamen Termin Ausschau halten, um über diese Thematik zu debattieren.
Aber letztendlich sage ich deutlich: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft ist eindeutig auch im Melderecht umzusetzen. Sonst läuft diese Entscheidung ins Leere.
Bleibt also aus meiner Sicht nur zu hoffen, dass die zweite und dritte Lesung nicht wieder zur Zeit eines „Straßenfegers“ bei der anstehenden Fußballweltmeisterschaft durchgeführt wird, um eine ordnungsgemäße Debatte zu führen. Aber ich kann Sie beruhigen: Das erste Spiel der deutschen Mannschaft findet erst zehn Tage später statt.
Vielen Dank für das freundliche Zuhören.
Vielen Dank. – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort Frank Tempel.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3391523 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 33 |
Tagesordnungspunkt | Fortentwicklung des Meldewesens |