Gabriele FograscherSPD - Fortentwicklung des Meldewesens
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Bundesmeldegesetz, das in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen wurde, ist ein Beschluss der Föderalismuskommission I umgesetzt worden. Damit wurde die alleinige Gesetzgebungskompetenz für das Meldewesen auf den Bund übertragen. Bisher existieren in den Bundesländern noch 16 unterschiedliche Formen von Melderegistern, die unterschiedliche Standards haben und untereinander auch nicht vernetzt sind. Den Zeitraum bis zum Inkrafttreten am 1. Mai 2015 brauchen die Meldebehörden zur Umsetzung und Umstellung auf das neue System. Dann wird das Meldewesen den Ansprüchen an eine moderne Verwaltung gerecht werden.
Das Melderecht verpflichtet jeden Bürger und jede Bürgerin, bestimmte Daten an die Meldebehörden zu übermitteln. Dazu gehören der Familienname, frühere Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Adresse, Familienstand und andere Daten. Die Bürgerinnen und Bürger müssen darum sicher sein, dass ihre Daten bei den Meldebehörden gut und sicher aufgehoben sind und nicht unbegründet an Dritte weitergegeben, dort gespeichert, gegebenenfalls weiterverwendet oder zu Werbezwecken missbraucht werden. Es sollte daher der Regelfall sein, dass es für die Weitergabe von Daten der Einwilligung des oder der Betroffenen bedarf.
Viele von Ihnen können sich noch daran erinnern, dass die Verabschiedung des Bundesmeldegesetzes 2012 hohe Wellen geschlagen hat; denn kurzfristig – es stimmt: zwei Tage vor der Innenausschusssitzung – hat die damalige schwarz-gelbe Koalition einen Änderungsantrag eingebracht und mit ihrer Mehrheit beschlossen. Dieser Änderungsantrag hatte zum Inhalt, dass die Weitergabe der Daten zum Regelfall geworden wäre; nur wenn der Bürger oder die Bürgerin ausdrücklich bei der Behörde widerspricht, sollte das unterbleiben. Diese deutliche Verschlechterung des Datenschutzniveaus haben wir als SPD nicht mitgetragen, und nach einer öffentlichen Protestwelle – es wurden sowohl der Inhalt des Gesetzes als auch das Zustandekommen des Gesetzes kritisiert – wurde die ursprüngliche Regelung mithilfe des Bundesrates im Vermittlungsausschuss wieder durchgesetzt. Jetzt ist die Weitergabe von Daten an strenge Kriterien gebunden.
Das Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens muss noch vor Inkrafttreten in Einzelfragen aktualisiert werden. So sollen unter anderem Ermächtigungsgrundlagen für notwendige Folgeregelungen in Bund und Ländern früher in Kraft treten. Zudem müssen noch weitere Richtigstellungen vollzogen werden, sodass sich Meldepflichten in anderen Gesetzen nicht mehr aus den Landesmeldegesetzen oder dem Melderechtsrahmengesetz herleiten, sondern aus dem Bundesmeldegesetz.
Das Bundesverfassungsgericht entschied am 7. Mai 2013, dass die Ungleichbehandlung von Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften verfassungswidrig ist. Die entsprechenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes verstoßen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Dieses Urteil hat auch Auswirkungen auf das Melderecht. So muss zum Beispiel bei der Bildung und Anwendung der elektronischen Steuerabzugsmerkmale das Datum der Begründung oder Auflösung einer Ehe übermittelt werden. Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts muss nun auch das Datum der Begründung oder Auflösung einer Lebenspartnerschaft übermittelt werden. Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf sollen diese notwendigen Änderungen nachvollzogen werden.
Der Bundesrat spricht in seiner Stellungnahme ein Problem an – darauf ist schon hingewiesen worden –, das wir in den anstehenden Ausschussberatungen lösen müssen. § 42 Bundesmeldegesetz regelt die Datenübermittlung an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, zum Beispiel zur Erhebung der Kirchensteuer. Auch hier wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nachvollzogen, also die Vorschrift wird um die eingetragenen Lebenspartnerschaften ergänzt. Da die Meldebehörden auch den Familienstand an die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften übermitteln, können die Kirchen so erfahren, ob ihre Mitarbeiter verheiratet oder geschieden sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Da aber zum Beispiel die katholische Kirche die eingetragene Lebenspartnerschaft als „Verstoß gegen Loyalitätsobliegenheiten“ ablehnt, könnte die Übermittlung dieser Daten negative Auswirkungen für die Kirchenmitarbeiter bis hin zur Kündigung haben.
Hier wollen wir eine Lösung finden. Der Bundesrat schlägt die Einführung einer Widerspruchsmöglichkeit für die betroffenen Personen vor. Diesen Vorschlag halte ich nicht für zielführend. In einem aktuellen Schreiben des Kommissariats der deutschen Bischöfe wird eine solche Regelung auch abgelehnt.
Wir müssen versuchen, eine andere Lösung zu finden, und die kann es nur zusammen mit der katholischen Kirche geben. In einem Schreiben vom 6. Mai dieses Jahres vom Kommissariat der deutschen Bischöfe wird klargestellt – ich zitiere –:
Und weiter:
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer’s glaubt, wird selig!)
Wir werden das Gespräch mit der Opposition suchen. Ich hoffe, dass wir hier zu einem guten Ergebnis kommen werden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3391529 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 33 |
Tagesordnungspunkt | Fortentwicklung des Meldewesens |