Volker UllrichCDU/CSU - Vorratsdatenspeicherung
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 8. April hat der Europäische Gerichtshof die Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärt. Das ist auch für uns Anlass, über das Thema besonnen und mit dem nötigen Respekt zu diskutieren.
Es gilt nach wie vor: Die Speicherung von Verbindungsdaten kann zur Aufklärung schwerster Straftaten sinnvoll sein, und in manchen Punkten ist sie auch notwendig. Das formulieren nicht allein die Innenminister vieler Länder, sowohl von der Union als auch von der SPD, sondern auch besonnene Kriminalbeamte, Vertreter von Sicherheitsbehörden und diejenigen, die sich tagtäglich mit dem Kampf für unsere Freiheit beschäftigen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diese Formulierung wird gewählt, nicht weil es darum geht, Daten zu sammeln, als Selbstzweck, oder zu überwachen, sondern um die Freiheit zu verteidigen und dem Rechtsstaat durch den Schutz der Opfer Geltung zu verschaffen.
Ich darf in dem Zusammenhang an die jetzige Rechtslage erinnern: Im Augenblick ist es so, dass der Staat nach richterlichem Beschluss sehr wohl die Möglichkeit des Zugriffs auf die Verbindungsdaten hat, es aber vom Zufall abhängig ist, ob die Verbindungsdaten noch vorhanden sind oder schon gelöscht wurden. Ich meine, eine rechtsstaatliche Aufklärung kann nicht allein eine Frage des Glücksspiels sein, ob nämlich die Daten schon gelöscht worden sind, sondern es braucht dazu klare rechtsstaatliche Regelungen.
Dennoch gilt es, vor dem Hintergrund des Schutzes der Grundrechte besonnen und sehr überlegt zu handeln. Gesetzgeberisches Handeln im Kernbereich der Grundrechte verlangt kluges Nachdenken, hohe Sensibilität und eine umfassende Abwägung. Wir wollen deswegen vor dem Hintergrund der beiden Urteile kein vorschnelles Handeln, sondern ein klares und kluges Reflektieren über die Frage: Wie können wir die Feinde unserer Freiheit im Internet am besten bekämpfen, ohne dass wir den Datenschutz verletzen und ohne dass wir zu sehr in die Freiheit und die Grundrechte der Bürger eingreifen?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da mag eine Mindestspeicherdauer der Daten ein richtiger und gesetzgeberisch notwendiger Ansatz sein. Wir müssen uns aber auch überlegen, ob andere Formen, vielleicht sogar modernere Technologien, nicht den gleichen Effekt haben, ohne in gleicher Weise intensiv in die Grundrechte einzugreifen. Auch dieser Überlegung stellen wir uns, weil wir diese Frage besonnen und nicht mit Alarmismus angehen. Es ist nämlich nicht redlich, in der Debatte um die Mindestspeicherfristen immer wieder eine Parallele zur NSA zu ziehen.
(Jan Korte [DIE LINKE]: Doch!)
Dort handelt es sich um die anlasslose Massenüberwachung durch staatliche Stellen, und bei uns geht es um die Frage, wie staatliche Behörden bei der Bekämpfung schwerster Straftaten innerhalb einer kurzen Frist auf Daten, die ohnehin gespeichert sind, zugreifen können. Wer das vermischt, schürt Angst und arbeitet unredlich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Burkhard Lischka [SPD])
Meine Damen und Herren, es ist jetzt klug, die Analyse der beiden Ministerien abzuwarten. Es gibt auch gute Gründe, darauf zu warten, was nach den Europawahlen vonseiten der Europäischen Union geschieht. Das Thema Vorratsdatenspeicherung kann zwar auf nationaler Ebene angegangen werden und muss es vielleicht auch. Es ist aber sinnvoll, diese Angelegenheit auch im europäischen Rahmen zu besprechen, weil wir in Europa eine gemeinsame Verpflichtung haben, Kriminalität schwerster Art zu analysieren und zu bekämpfen.
Meine Damen und Herren, wir diskutieren heute vor dem Hintergrund des Schutzes von Grundrechten und unserer Privatsphäre. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass der Rechtsstaat auch dann verteidigt und unsere Freiheit gestärkt wird, wenn wir Opfer schützen und die Täter schwerster Kriminalität nach rechtsstaatlichen Maßstäben ihrer Strafe zuführen. Das ist unsere Verpflichtung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Danke, Herr Kollege Ullrich. – Nächster Redner in der Debatte ist Jan Korte für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 18 |
Session | 34 |
Agenda Item | Vorratsdatenspeicherung |