Patrick SensburgCDU/CSU - Vorratsdatenspeicherung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Korte, zu Beginn muss ich auf Ihre Rede eingehen, obwohl ich Ihrer Rede nicht den großen Raum geben möchte.
(Jan Korte [DIE LINKE]: Die war gut, oder?)
Sie haben anfangs Ihrer Rede Ihre erste Rede im Deutschen Bundestag zur Vorratsdatenspeicherung beschrieben und haben sie selbst als sachlich brillant bezeichnet
(Jan Korte [DIE LINKE]: Nein, das nicht!)
– Sie können es noch einmal im Protokoll nachlesen; ich habe es mir mitgeschrieben –
(Jan Korte [DIE LINKE]: Ich habe das nicht gesagt!)
und rhetorisch nicht so gut. Ich muss ehrlich sagen, rhetorisch haben Sie sich deutlich verbessert, aber sachlich ist Ihre Rede nicht mehr brillant gewesen, sondern genau das Gegenteil.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Jan Korte [DIE LINKE]: Immerhin!)
Besonders geärgert hat mich, dass Sie die Bürgerinnen und Bürger verunsichern. Sie vermischen Verkehrsdaten und sagen, es seien Inhalte. So ist es auf jeden Fall bei mir angekommen.
(Jan Korte [DIE LINKE]: Habe ich nicht gesagt! „Verbindungsdaten“ habe ich gesagt!)
Sie haben das Wort „Inhalte“ nicht benutzt; das ist richtig. Aber Sie haben gesagt, man weiß gar nicht mehr, was über einen gespeichert wird.
(Jan Korte [DIE LINKE]: „Verbindungsdaten“ habe ich gesagt!)
Es geht um Verkehrsdaten und nicht um die Inhalte. Das ist der entscheidende Punkt. Es werden eben nicht die Inhalte von Telefonaten gespeichert, aber es wird immer wieder der Eindruck erweckt, über die Vorratsdatenspeicherung würden Inhalte, Telefonmitschnitte oder Inhalte aus E-Mails oder SMS aufgezeichnet. Das ist eben nicht der Fall. Es war mir wichtig, dies hier noch einmal zu betonen, damit keine Vermischung stattfindet.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])
Die vorliegenden Anträge halte ich für unglücklich, weil Sie in Ihren Anträgen wollen, dass der Deutsche Bundestag – Sie schreiben zwar „Bundesregierung“, der Gesetzgeber ist aber der Deutsche Bundestag; dies nur als Information – sich auch in Zukunft nicht mit einer bestimmten Materie befasst. Egal welche Materie das ist, ich halte den Antrag für mehr als schräg, dem Bundestag aufzudrängen, sich mit einem Thema nicht mehr zu beschäftigen. Es ist unsere Entscheidung, ob wir uns mit einer Materie beschäftigen. Wir lassen uns nicht von Ihnen oder der gesamten Opposition davon abhalten. Wir beschäftigen uns mit einer Materie, wenn wir glauben, dass sie wichtig ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich eine Sache sagen – ich glaube, ich bin nicht im Verdacht, aufgrund meiner letzten Reden zur Vorratsdatenspeicherung, die ich gehalten habe, skeptisch ohne Ende zu sein –: Wir müssen feststellen, dass die Vorratsdatenspeicherung in ihrer bisherigen Form vom Tisch ist. Das sage ich ganz deutlich.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Ja!)
Sowohl das deutsche Gesetz als auch die EU-Richtlinien sind vom Bundesverfassungsgericht und jetzt vom Europäischen Gerichtshof für nicht verhältnismäßig erklärt worden. In beiden Entscheidungen haben beide Gerichte auf die Verhältnismäßigkeit abgestellt. Sie haben sowohl die EU-Richtlinie als auch – in der vorherigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – das Gesetz für nicht verhältnismäßig und damit im Ergebnis für nichtig erklärt. Das Bundesverfassungsgericht führt aus – beide Sätze sind sehr wichtig –:
So wörtlich das Bundesverfassungsgericht.
Es sind also massive und tiefgreifende Eingriffe – das ist richtig –, und es erkennt, dass auf der anderen Seite der Schutz der Bürgerinnen und Bürger bei der rechtlichen Ausgestaltung nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Wir stellen also fest, dass beide Rechtsgrundlagen – die Richtlinie wie auch das Gesetz – von den Gerichten als die Verhältnismäßigkeit nicht hinreichend berücksichtigend beurteilt worden sind. Wir stellen auf der anderen Seite fest, dass ein wesentliches Ermittlungsinstrument nicht mehr zur Verfügung steht. Wir können Spuren nicht mehr nachvollziehen. Spuren nachzuvollziehen, ist ein wesentliches Ermittlungsmerkmal; auch im Internet. Dieses Merkmal fehlt uns.
Herr Korte, Sie haben gesagt, die Bürgerinnen und Bürger würden unter Generalverdacht stehen. Erinnern Sie sich mal 15 Jahre zurück – vielleicht ist es schon 20 Jahre her –, als Sie Ihre Telefonabrechnung von der Post bekommen haben. Da stand eine Auflistung Ihrer Telefonate drauf. Wir standen doch nicht alle unter Generalverdacht. Die Verbindungsdaten wurden aufgezeichnet, damit der Verbindungsnachweis für die Abrechnung aufgestellt werden konnte, und niemand hat sich darüber aufgeregt. Jetzt möchten wir Vergleichbares nutzen, um schwerste Kriminalität aufzuklären.
Insofern ist es wichtig, zu lesen, was das Bundesverfassungsgericht und der EuGH in ihren Urteilen ansonsten zu den Instrumenten sagen. Das Bundesverfassungsgericht sagt: Der Gesetzgeber kann mit einer Regelung zur Vorratsdatenspeicherung
(Dr. Stephan Harbarth [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Der Europäische Gerichtshof schreibt:
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Beide Gerichte sehen es als Möglichkeit an, eine solche Vorratsdatenspeicherung zu installieren, und erkennen an, dass es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten möglich ist, dies so auszugestalten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: „Möglich“! „Möglich“! „Möglich“!)
Beide Gerichte haben uns in die Entscheidungen hineingeschrieben, unter welchen Voraussetzungen es möglich ist. Das Bundesverfassungsgericht schreibt:
Dies gilt, wenn – das Bundesverfassungsgericht zählt es auf – das Vier-Augen-Prinzip bei der Datenspeicherung berücksichtigt wird, eine physische Trennung der Daten von öffentlichen Netzwerken erfolgt, Verschlüsselungstechnologien eingesetzt werden und die Speicherung der Daten revisionssicher protokolliert wird. Das Bundesverfassungsgericht schreibt uns in die Entscheidung, wie es geht.
Genauso macht es der Europäische Gerichtshof: Er schreibt eine Vielzahl von Voraussetzungen – maximale Speicherungsdauer, Differenzierung zwischen den Kommunikationskanälen, aber auch den Adressaten usw. – in die Entscheidung hinein.
Insofern sollten wir versuchen, eine europarechtskonforme, verfassungskonforme, der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragende Regelung, zum Beispiel in den §§ 113 a bis 113 c TKG, zu formulieren, die sowohl den Ermittlungsnotwendigkeiten als auch – da gebe ich Ihnen von der Opposition recht – den berechtigten Interessen der Bürgerinnen und Bürger, was die Angemessenheit des Mittels betrifft, Rechnung trägt. Das können wir hinbekommen, und Sie können daran mitarbeiten.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als nächster Redner hat der Kollege Klingbeil das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3394446 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 34 |
Tagesordnungspunkt | Vorratsdatenspeicherung |