21.05.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 35 / Zusatzpunkt 2

Sabine WeissCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den entführten Schulmädchen in Nigeria

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Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Verbrechen der Entführung von mehr als 200 nigerianischen Mädchen ist so ungeheuerlich, dass es sprachlos macht, sprachlos vor der Menschenverachtung der Täter von Boko Haram, sprachlos vor der Grausamkeit, Kinder für ihre Ziele zu instrumentalisieren. Für eine solche Tat kann es keine Rechtfertigung und auch keine Relativierung geben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Von dieser Aktuellen Stunde heute muss das Signal ausgehen, dass der Deutsche Bundestag diese Menschenrechtsverbrechen geschlossen und uneingeschränkt verurteilt.

(Beifall im ganzen Hause)

Und sie muss klarmachen, dass wir alle verhältnismäßigen Maßnahmen unterstützen, die zur Befreiung der Mädchen führen. Diese Zielsetzungen hat heute im Übrigen auch der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in einer schriftlichen Erklärung zum Ausdruck gebracht.

Der amerikanische Kolumnist Nicholas Kristof hat letzte Woche gefragt: Warum habt ihr solche Angst vor klugen Mädchen? Seine Antwort, etwas zusammengefasst: Weil gebildete Mädchen den größten Albtraum für Gruppen wie Boko Haram darstellen. – Gebildete Mädchen verwandeln Gesellschaften zum Positiven, sie beleben das gesellschaftliche Leben und die Betriebe, sie tragen zum Wirtschaftswachstum und zur Verbesserung des Lebensstandards der Menschen bei.

Was also können wir tun? Die internationale Gemeinschaft – das ist mehrfach angeklungen – muss bei der Suche und gegebenenfalls Befreiung der Mädchen engagiert bleiben. Der von Präsident Hollande am Wochenende hierzu abgehaltene Gipfel und die dort beschlossene Kooperation der Länder der Region und der internationalen Gemeinschaft sind zu begrüßen. Deutschland sollte sich hier weiterhin entsprechend seinen Möglichkeiten intensiv beteiligen.

Wir müssen aber auch fragen: Wie geht es dann weiter? Die Bewegung Boko Haram wird ja nicht einfach „weggehen“, sondern sie wächst. Ähnlich wie in Mali müssen wir neben den akuten, unmittelbaren Maßnahmen der Terrorbekämpfung eine Doppelstrategie fahren. Zum einen müssen wir dazu beitragen, die örtlichen Sicherheitsstrukturen zu reformieren und die zivile Überwachung zu stärken. Diese scheinen in der gesamten Region überfordert zu sein, mit der islamistischen Gewalt fertigzuwerden. Als Entwicklungspolitikerin sehe ich zum anderen aber auch eine Aufgabe darin, mit zivilen Mitteln Gruppen wie Boko Haram den Nährboden zu entziehen.

Zivile Mittel der Entwicklungszusammenarbeit dienen erstens dazu, Bildung zu stärken, von Mädchen und Jungen, und zweitens dazu, die Gesundheitssituation der Menschen zu verbessern. Wie schwierig diese Gesundheitssituation in Teilen von Nigeria ist, belegt zum Beispiel der Umstand, dass ein Ausbruch von Polio dort wieder eine Gefahr ist. Diese Gefahr ist umso größer, wenn staatliche Institutionen aus Sicherheitsgründen in manche Regionen gar nicht gelangen, um Impfungen durchzuführen und präventive Maßnahmen zu ergreifen. Drittens brauchen wir zivile Mittel, um Arbeitsplätze für die Menschen zu schaffen. Denn ohne Arbeitsplätze haben sie keine Perspektive, suchen Flucht in Radikalisierung und finden diese bei Boko Haram. Im März zum Beispiel wurden in Nigeria 16 Menschen totgetreten, als sich eine halbe Million Menschen um circa 5 000 Regierungsarbeitsplätze beworben hatten.

Das Trauerspiel ist – auch das ist angeklungen –, dass Nigeria als Ölexporteur Ressourcen hat und sogar ein Mitteleinkommensland ist. Dennoch lebt die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze.

Wir müssen also zügig und überlegt das angehen, was für die Zukunft zu tun ist. Aber Priorität muss jetzt haben, undogmatisch alles Vertretbare zu unterstützen, um diese Mädchen zu befreien und zurück in ihre Familien zu bringen und auch zurück in die Schule.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster erteile ich das Wort Kollegin Kathrin Vogler, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3436443
Wahlperiode 18
Sitzung 35
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den entführten Schulmädchen in Nigeria
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