Sven VolmeringCDU/CSU - Berufliche Bildung
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Pep Guardiola hat beim FC Barcelona mit dem Konzept des ständigen Ballbesitzes eine Spielidee entwickelt, die zu vielen Triumphen führte. Mit der Zeit haben Mitbewerber natürlich darauf reagiert. Sie haben Teile dieses Systems in ihre eigene Spielweise integriert und neue Konzepte entgegengesetzt. Da man sich in Barcelona zu lange auf den alten Erfolgen ausruhte, hat sich die Mannschaft nicht weiterentwickelt und diese Saison zum ersten Mal seit Jahren ohne großen Titel abgeschlossen.
Die heutige Debatte zeigt, dass wir in Deutschland vor einer vergleichbaren Herausforderung stehen. Unser duales Ausbildungssystem ist Spitzenklasse. Unser Champions-League-Erfolg ist die europaweit niedrigste Jugendarbeitslosigkeit. Aber im Gegensatz zum FC Barcelona ruhen sich CDU/CSU und SPD nicht auf den Erfolgen aus. Vielmehr machen wir uns mit unserem Antrag auf den Weg, die im Berufsbildungsbericht 2014 angesprochenen Probleme und Herausforderungen anzugehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir setzen dabei nicht, wie die Linke, auf Spielkonzepte aus den 70er-Jahren. Ihre Forderung nach einer Ausbildungsplatzumlage ist kontraproduktiv. Sie erreicht das Gegenteil von dem, was Sie erreichen wollen. Die Umlage schafft keine Ausbildungsplätze. Sie zerstört Zukunftsperspektiven. Deshalb lehnen CDU und CSU diesen Dinosaurier politischer Forderungen ab.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, ich bin optimistisch, dass wir unsere erfolgreiche Politik fortsetzen werden. Wir haben nämlich, um in der Fußballersprache zu bleiben, ein enorm gutes, nachwachsendes Spielerpotenzial. Jugendstudien zeigen, dass die jungen Menschen in Deutschland keine Null-Bock-Mentalität haben, sondern leistungsbereit sind und im Beruf erfolgreich sein wollen. Die Aufstiegschancen werden von der großen Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland optimistisch gesehen.
Wenn man allerdings fragt, was wir im Bereich der Berufsbildung besser machen können, sind sich Wirtschaft und Jugend einig. Der DIHK hat 15 000 Unternehmen befragt, was eigentlich die größten Ausbildungshemmnisse sind. Die Hälfte hat dabei angegeben, dass viele Schulabgänger unklare Berufsvorstellungen haben. Wenn sich drei Viertel der Gymnasiasten und 50 Prozent der Real- und Hauptschüler weiterhin unzureichend auf die Berufswahl vorbereitet fühlen, dann stehen wir natürlich in der Pflicht. Wir müssen jungen Menschen eine Orientierungshilfe im Hinblick auf ihre Potenziale, Fähigkeiten, Schwächen und Stärken geben, damit ihnen die Berufswahl leichterfällt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Entscheidend ist, dass wir dies für alle Jugendlichen flächendeckend, zielgruppengerecht, zum richtigen Zeitpunkt, nämlich bereits während der Schulzeit, und an allen Schulformen tun. Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen; ich möchte daher auf einen anderen Aspekt eingehen.
Wir diskutieren viel über Chancen und Risiken der digitalen Revolution. Einerseits loben wir die enormen Potenziale der Industrie 4.0. Andererseits verfallen wir, in Teilen auch berechtigt, vor dem Hintergrund von NSA und Cyberkriminalität in einen unglaublichen Pessimismus. Sigmar Gabriel hat letzten Freitag in der FAZ einen lesenswerten Beitrag dazu verfasst.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Was er jedoch völlig ausblendet, ist die Bedeutung der digitalen Bildung.
Zunächst: Im Bereich der digitalen Wirtschaft liegt ein enormes Wachstumspotenzial, welches dauerhaft neue Ausbildungs- und Berufsperspektiven schafft.
(Willi Brase [SPD]: Das gilt auch für die reale Wirtschaft!)
Der Branchenverband BITKOM hat letzte Woche mitgeteilt, dass die Zahl der registrierten Ausbildungsverträge um knapp 3 Prozent gesteigert werden konnte. Es gibt 39 000 offene Stellen in dieser Branche. BITKOM weist darauf hin, dass eine Berufsausbildung in diesem Bereich beste Chancen bietet, einen sicheren Arbeitsplatz zu bekommen, und zwar nicht nur im Rahmen der dualen Ausbildung, sondern das gilt durchaus auch für Leute, die ein Hochschulstudium abgebrochen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch in vielen anderen Berufsfeldern sind das Internet und die damit verbundenen Programme und digitalen Endgeräte selbstverständliche Begleiter geworden. An dieser Stelle kommt die Qualitätsoffensive Lehrerbildung ins Spiel. Wollen wir die gesellschaftliche und wirtschaftliche Realität mit ihren Chancen und Möglichkeiten in der Schule abbilden, müssen wir bei der Lehreraus- und -fortbildung an allen Schulen eine stärkere Verankerung von Kompetenzen im Bereich der digitalen Mediennutzung schaffen. Die Medienkompetenz junger Menschen muss allumfassend gestärkt werden. Denn auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt wird es immer wichtiger – dies gilt für alle Branchen –, in diesem Bereich gut geschulte junge Menschen zu beschäftigen.
Die Grünen haben gerade kritisiert, wir hätten keine innovativen Ideen. Das ist nicht der Fall. So ist zum Beispiel das im Koalitionsvertrag angekündigte „Modellprojekt Freiwilliges Soziales Jahr Digital“ ebenso eine innovative Idee wie die geplante Einführung von Profilschulen IT/Digital mit dem Schwerpunkt Informatik. Das sind nur zwei von vielen Möglichkeiten, vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels das Interesse an attraktiven Jobs zu wecken, für die man nicht unbedingt ein Studium braucht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
– Frau Esken, vielen Dank.
Das Förderprogramm „Digitale Medien in der beruflichen Aus- und Weiterbildung“ des Bundesbildungsministeriums ist ebenfalls ein richtiger Schritt. Über 160 initiierte Einzel- und Verbundvorhaben zeigen, wie wichtig die Thematik für Unternehmen und Berufsbildungsinstitutionen ist.
Meine Damen und Herren, uns eint das Ziel, dass wir allen jungen Menschen gute Zukunftsperspektiven bieten wollen. Über die Konzepte, wie wir dieses Ziel erreichen können, sind wir uns teilweise uneinig. Aber wie im Fußball hat auch in der Politik der Wettbewerb – in diesem Fall der Wettbewerb der Ideen – seinen Reiz. In diesem Sinne freue ich mich sehr auf die intensive Fortführung der Debatte im Ausschuss.
Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Lieber Kollege Volmering, ich gratuliere Ihnen herzlich zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3437903 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Berufliche Bildung |