22.05.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 36 / Zusatzpunkt 4

Inge HögerDIE LINKE - Aktuelle Stunde zu Rüstungsexportgenehmigungen

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Beitrag heute mit einer positiven Nachricht beginnen. Am Sonntag hat sich die Mehrheit der Bevölkerung in der Schweiz gegen den Kauf von Kampfflugzeugen ausgesprochen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist ein großartiger Sieg über die Rüstungslobby.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Und gegen den Mindestlohn!)

Ich gratuliere insbesondere der „Gruppe für eine Schweiz ohne Armee“ zu diesem Erfolg.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und was ist mit dem Mindestlohn?)

Ich hoffe, dass dieses Beispiel Schule macht und die todbringenden Geschäfte mit der Waffe der Vergangenheit angehören werden, egal ob es sich um Inlandsaufträge oder um Importe oder Exporte handelt.

(Beifall bei der LINKEN)

Schließlich geht es bei Rüstungsgeschäften nicht um eine x-beliebige Handelsware. Das Geschäft mit Waffen ist das Geschäft mit dem Tod. Es muss umgehend beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist beschämend, dass Deutschland schon seit einigen Jahren der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt ist. Rechnet man die Rüstungsexporte aller EU-Staaten zusammen, dann stellt man fest: Die Friedensnobelpreisträgerin EU ist zugleich Rüstungsexportweltmeisterin.

Wie wir wissen, findet jede Waffe ihren Krieg. Trotzdem boomt das Geschäft mit dem Tod. Noch im Wahlkampf tat die SPD so, als wäre sie zwar nicht generell gegen Rüstungsexporte, aber zumindest gegen Exporte in Krisenregionen. Die aktuellen Informationen über den Umfang der Rüstungsgeschäfte in den ersten vier Monaten dieses Jahres zeigen, dass Deutschland weiter in Krisengebiete liefert.

Die Tendenzen, die wir aus den ersten Monaten der Praxis von Rüstungsexporten der Großen Koalition ablesen können, sind erschreckend. Zwar hat die deutsche Rüstungsindustrie weniger in NATO- und EU-Staaten geliefert – hier hat die Wirtschaftskrise den Spielraum für militärische Beschaffungen ziemlich eingeschränkt –, aber die Exporte in Drittstaaten, oft an autoritäre, menschenverachtende Regime, haben deutlich zugenommen. Das kann nur das Ergebnis eindeutiger politischer Vorgaben sein.

Inzwischen machen die Waffenexporte in Drittstaaten weit mehr als die Hälfte aller Exporte aus. Sie sind nicht mehr die Ausnahme, sie sind ganz offensichtlich die Regel. Eine solche Zunahme der Waffenlieferungen an Länder wie Saudi-Arabien, Algerien, Brunei und Singapur ist kein Zufall. Ich nenne das Heuchelei: vorne nach Frieden rufen und hinten Waffen liefern.

Für diese Politik gibt es Verantwortliche, ganz besonders auch an der Spitze des Wirtschaftsministeriums. Minister Gabriel ist wenig glaubwürdig, wenn er die Verantwortung für Entscheidungen, die in seinem Ministerium in diesem Jahr getroffen wurden, auf die Vorgängerregierung schiebt. Sollte es die von ihm angeführten „rechtlich verbindlichen Exportzusagen“ tatsächlich geben, dann wäre der Genehmigungsvorgang nur noch eine Farce. Das kann nicht sein. Ich fordere deshalb das Ministerium auf, dem Bundestag mitzuteilen, welche dieser verbindlichen Zusagen wann und von wem getroffen wurden.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Parlamentarierin drängt sich mir jedoch der Anschein auf, dass es weder mit der angekündigten restriktiven Politik bei den Waffengeschäften noch mit der versprochenen Transparenz besonders weit her ist. Auf meine wiederholten Fragen danach, inwieweit der Export des hochmodernen Gefechtsübungszentrums nach Russland bereits durchgeführt wurde, erhielt ich jeweils nur ausweichende Antworten.

Herr Gabriel, im März hat Ihr Ministerium öffentlich mitteilen lassen, dass Sie in der gegenwärtigen Lage die Ausfuhr des Zentrums nach Russland für nicht vertretbar halten. Ich bin der Ansicht, dass die Ausfuhr eines Übungszentrums, das Armeen auf den Kampf gegen Menschen in einer Stadt vorbereitet, grundsätzlich nicht vertretbar ist.

Leider musste ich dann den Medien entnehmen, dass Ihre späte Einsicht zu spät kam. Laut Geschäftsbericht von Rheinmetall wurden alle wesentlichen Bestandteile bereits geliefert. Rheinmetall hat den 100-Millionen- Auftrag bereits im letzten Jahr nahezu abgeschlossen, auch das Geld ist inzwischen geflossen. Sie haben mit viel Tamtam so getan, als versuchten Sie, einen Zug zu stoppen; dabei war der längst abgefahren. Sie können sich Ihre Aussagen über eine restriktive Rüstungsexportpolitik also sparen.

Das ständige Versteckspiel um die Rüstungsdeals hat System. Das Geschäft mit dem Tod funktioniert am besten im Verborgenen. Der Waffenhandelsexperte Andrew Feinstein geht davon aus, dass Rüstungsexporte und Transparenz nicht zusammenpassen. Nach seinen Recherchen entfallen 40 Prozent der weltweiten Korruption auf Rüstungsgeschäfte. Können wir wirklich davon ausgehen, dass der dritte Platz der deutschen Rüstungsindustrie ohne Korruption zustande kam? Ist der Fall der zwei gut vernetzten ehemaligen SPD-Abgeordneten, gegen die nun wegen dubioser Beraterhonorare in Millionenhöhe bei Waffengeschäften in Griechenland ermittelt wird, wirklich eine Ausnahme?

Die Linke fordert ein Verbot aller Rüstungsexporte und den Ausstieg aus der Waffenproduktion.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur so gelingt ein Einstieg in eine wirkliche Friedenspolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3439918
Wahlperiode 18
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Rüstungsexportgenehmigungen
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