Julia ObermeierCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu Rüstungsexportgenehmigungen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Export ist ein wesentlicher Faktor für unseren Wohlstand.
(Inge Höger [DIE LINKE]: Aber nicht der Rüstungsexport!)
Das war aber nicht immer so. Gerade meine Heimat, Bayern, war nach dem Krieg ein wirtschaftlich schwaches und industriell rückständiges Agrarland. Der wirtschaftliche Aufstieg Bayerns war eng mit der Politik von Franz Josef Strauß und insbesondere auch mit der Ansiedlung von Unternehmen aus dem Bereich der Luft- und Raumfahrt sowie der Wehrtechnik verknüpft. Mit Ariane und Airbus ist es gelungen, Hand in Hand mit dem ehemaligen Erzfeind Frankreich einen Technologiekonzern zu schaffen, dessen Flugzeuge mit denen der Amerikaner in Wettbewerb treten konnten. Dies war nicht nur ein industriepolitischer, sondern auch ein friedenspolitischer Meilenstein in der Geschichte Europas.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Noch gibt es in vielen Regionen Deutschlands solche Zentren der Hochtechnologie. An ihnen hängen Zigtausende Arbeitsplätze; derzeit sind es 80 000. Ein Vergleich zwischen dem Wegfall dieser Arbeitsplätze und dem Einzelschicksal der Schlecker-Frauen, nach dem Motto: „Kann wegfallen, Pech gehabt“, wird weder den außen- und sicherheitspolitischen noch den lokalen Auswirkungen gerecht.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Zum Export von Rüstungsgütern haben Ihre eigenen Kollegen im Wolgaster Stadtrat schlüssig erklärt, warum der – wörtlich – „Mega-Auftrag“ so wichtig ist. Ihre Kollegen erkennen den Bau von 100 Patrouillenbooten für Saudi-Arabien als Bereicherung für die Region an. Der Export bringe – ich zitiere aus der Pressemitteilung Ihrer Kollegen –
(Beifall bei der CDU/CSU – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: In orthopädischen Betrieben!)
So viel zur regionalen Auswirkung von Rüstungsexporten.
Aber auch bei globaler Betrachtung liegt es in unserem Interesse als einer der größten Handelsnationen der Welt, weiterhin Rüstungsgüter herzustellen und auch zu exportieren.
Natürlich ist jede Entscheidung über einen Rüstungsexport eine delikate politische Entscheidung, aber auch eine wichtige, die sowohl außen- und sicherheitspolitische als auch industriepolitische Fragen betrifft. Diesen Fragen sollten wir uns stellen.
Welche Industriepolitik wollen wir im Rüstungsbereich? Bleiben wir bei Saudi-Arabien. Wenn wir dieses Land in unserer Außenpolitik trotz aller menschenrechtlichen Bedenken mit guten Gründen als stabilisierende Kraft in der Region betrachten,
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssten wir nicht alle Tassen im Schrank haben!)
dann empfiehlt es sich, auch einen guten Kontakt dorthin zu pflegen. Wenn von dort Wünsche nach bestimmten Waffensystemen geäußert werden, dann müssen wir diese in der Gesamtschau unserer Außen- und Sicherheitspolitik betrachten, wie dies offensichtlich auch die ehemalige rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder mit Außenminister Joschka Fischer getan hat,
(Henning Otte [CDU/CSU]: Aha!)
bevor sie den Export von Tausenden Scharfschützengewehren nach Saudi-Arabien genehmigt hat.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Ja, sag einmal: Was ist das denn? Das ist ja peinlich! – Gegenruf des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Nicht peinlicher als Eure Geschäfte! Ihr tut nur so! Widerlich!)
Lassen Sie uns in dieser Debatte bitte ehrlich bleiben. Wenn wir keine Rüstungsexporte wollen, dann müssen wir auch den 80 000 Beschäftigten der Rüstungsbranche sagen: Verlasst unser Land. – Unsere Partner im Ausland rollen ihnen den roten Teppich aus; denn dort gibt es weniger bis gar keine Bedenken in Bezug auf Rüstungsexporte. Unsere Nachbar- und Partnerländer haben sogar ganz im Gegenteil ein großes Interesse daran, unsere qualitativ hochwertigen Produkte der deutschen Wehrtechnik zu bekommen.
Wir sollten uns also genau überlegen, was wir außen- und sicherheitspolitisch, aber auch industriepolitisch wollen – das sage ich in Richtung des Bundeswirtschaftsministeriums –: Wollen wir wirklich einen unwiderruflichen Abfluss von Kompetenz und hochqualifizierten Arbeitskräften? Wollen wir uns wieder von der Lieferung anderer Nationen abhängig machen? Wollen wir einen Industriezweig, den wir uns mühsam über Jahrzehnte aufgebaut haben, abschaffen?
(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Ja!)
Wollen wir unsere technologische Spitzenstellung in diesem sicherheitsrelevanten Bereich aufgeben?
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deindustrialisierung Deutschlands!)
Oder wollen wir auch zukünftig in der Lage sein, modernstes Material und bestes Gerät zum Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten zu entwickeln?
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Niema Movassat [DIE LINKE]: Keine Einsätze sind der beste Schutz!)
Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Jan van Aken das Wort.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Lügenmärchen! – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Jetzt kommt der Lügner der Nation!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3439959 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu Rüstungsexportgenehmigungen |