22.05.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 6

Doris WagnerDIE GRÜNEN - Bundeswehreinsatz EU-Operation Atalanta

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will es gar nicht bestreiten, Kollege Kiesewetter: Die Mission Atalanta ist sehr erfolgreich. Und: Ja, unsere Soldatinnen und Soldaten leisten dort hervorragende Arbeit. Trotzdem wird sich meine Fraktion bei der Abstimmung nachher enthalten. Das klingt paradox,

(Niels Annen [SPD]: Ist es auch!)

aber das ist es nicht. Denn mit diesem Mandatstext stellt sich die Bundesregierung gegen den Geist des Parlamentsbeteiligungsgesetzes. Damit wird sie ihrer Verantwortung gegenüber unseren Soldatinnen und Soldaten nicht gerecht. Es scheint doch mehr als fraglich, ob wir mit diesem Mandat wirklich zur nachhaltigen Bekämpfung der Piraterie vor Somalia beitragen.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass der Sinn des Parlamentsbeteiligungsgesetzes darin besteht, sicherzustellen, dass der Bundestag verantwortungsvoll darüber entscheidet, wo und wie die Bundeswehr zum Einsatz kommt. Deshalb verpflichtet das Gesetz die Regierung, klar zu benennen, mit welchem Auftrag und mit welchen Mitteln deutsche Streitkräfte in Konflikte eingreifen sollen. Nur auf dieser Grundlage lässt sich wirklich abwägen, ob die Erfolgsaussichten rechtfertigen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten ihr Leben aufs Spiel setzen. Im Falle der Mission Atalanta befindet die Bundesregierung dies alles nicht mehr für notwendig. Statt klar zu umreißen, was die deutsche Marine am Horn von Afrika eigentlich machen soll, speist uns die Bundesregierung mit dem Verweis ab, man werde einfach weitermachen wie bisher. Ich möchte Ihnen klar sagen: Diese Nachlässigkeit ist in meinen Augen eine krasse Missachtung nicht nur des Deutschen Bundestages, sondern auch unserer Soldatinnen und Soldaten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum insbesondere den Sozialdemokraten an dieser Intransparenz gelegen ist, hat mein Kollege Omid Nouripour bereits in der ersten Lesung erörtert: Die SPD will auf diese Weise verschleiern, dass sie genau dieses Atalanta-Mandat letztes Jahr noch abgelehnt hat.

Doch auch der Union kommt diese Verschleierungstaktik gelegen; denn genau das ist es ja, was Sie mit der Kommission zur Überprüfung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes eigentlich beabsichtigen: Der Bundestag soll eben nicht mehr jedes Jahr genau hinsehen und entscheiden können, ob ein bestimmter Bundeswehreinsatz im Ausland zu verantworten ist oder nicht. Was Sie hier eigentlich betreiben, ist die schleichende Einführung von Dauermandaten, die wir einfach durchwinken sollen, ohne näher nachzufragen und nachzudenken. Aber da machen wir Grüne nicht mit, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Dann müssen Sie den Antrag ablehnen! Enthalten geht dann nicht!)

Die mangelnde Klarheit des Mandatstextes ist jedoch nur ein Grund, warum meine Fraktion sich bei dieser Abstimmung enthalten wird. Der andere Grund liegt darin, dass das Mandat die Bundeswehr nach wie vor dazu ermächtigt, bis zu einer Tiefe von 2 Kilometern auf das somalische Festland vorzudringen, um dort, wie es heißt, gegen logistische Einrichtungen der Piraten vorzugehen. Die Bundesregierung nimmt billigend in Kauf – das glaube ich wirklich, Kollege Kiesewetter –, dass die Bundeswehr durch Operationen an Land auch noch zur militärischen Eskalation in Somalia beitragen könnte. Das ist doch nun wirklich das Letzte, was eine verantwortungsvolle Außenpolitik machen sollte.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Fraktion hat bereits bei der Debatte über die deutsche Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission EUTM Somalia immer wieder darauf hingewiesen, dass wir den Einsatz militärischer Mittel in Somalia für gefährlich und vor allem für kontraproduktiv halten, weil er genau das Gegenteil von dem bewirkt, was wir eigentlich erreichen wollen. Offenbar hat sich diese Erkenntnis, zumindest was die Mission Atalanta anbetrifft, auch in EU-Regierungskreisen durchgesetzt; denn die beteiligten EU-Staaten haben im ganzen vergangenen Jahr nicht ein einziges Mal tatsächlich Gebrauch gemacht von der Möglichkeit, Soldaten am Strand von Somalia gegen Piraterieinfrastruktur vorgehen zu lassen. Diese Passage des Mandats ist offenbar vollkommen überflüssig.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es sollte doch eigentlich unser aller Bestreben sein, eine größtmögliche Legitimation für Auslandseinsätze herzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nach einer Streichung dieser möglichen Landeinsätze hätten auch wir Grüne dem Einsatz der Bundeswehr vor der Küste Somalias wieder zustimmen können. Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, wir fordern Sie noch einmal ausdrücklich auf: Setzen Sie sich bei den Verhandlungen über die Verlängerung des EU-Mandats im Herbst dafür ein, dass die Strandoption aus dem Mandatstext wieder verschwindet, und sorgen Sie bitte dafür, dass all die richtigen und wichtigen zivilen Maßnahmen, die die EU bzw. die Bundesregierung in den vielen strategischen Papieren in jüngster Zeit angekündigt hat, verstärkt auch umgesetzt werden!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ingo Gädechens [CDU/CSU])

Für die CDU/CSU-Fraktion hat die Kollegin Julia Bartz das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3440098
Wahlperiode 18
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EU-Operation Atalanta
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