Mechthild HeilCDU/CSU - Zinssätze für Dispo- und Überziehungskredite
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Lay, Unsinn wird trotz ständiger Wiederholung nicht zur Wahrheit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, gilt auch für Ihre altbekannte Forderung nach einer Deckelung der Dispo- und Überziehungszinsen.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Was ist denn daran Unsinn?)
Sie wiederholen diese Forderungen immer und immer wieder.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Weil sie richtig sind!)
Sie haben es ja eben gesagt: schon fünfmal. Glauben Sie wirklich, so ließe sich guter Verbraucherschutz machen?
Ihren Baukasten für Verbraucherschutzkonzepte kennen wir allmählich ganz genau: Sie haben Deckel, Sie haben Ampeln, Sie haben Bremsen. Medienwirksam sind diese Schlagworte, das gebe ich zu; aber sie lösen keines der uns bekannten Probleme.
Ihre Problemanalyse ist genauso vereinfachend und wirklich mager: Die Leitzinsen sind niedrig, trotzdem müssen die Kunden Wucherzinsen zahlen.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: So ist es ja auch!)
Dann der Ruf der Linken nach dem Staat – wir kennen das –: Der Staat muss deckeln. – Es interessiert Sie nicht, dass die Höhe der Dispozinsen nur bedingt mit dem Refinanzierungszinssatz für die Banken zu tun hat. Auch Verwaltungskosten und das Ausfallrisiko spielen für Sie überhaupt keine Rolle.
(Zuruf von der LINKEN: Was? – Caren Lay [DIE LINKE]: Doch, 5 Prozent mehr!)
Aber – das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen –: Nicht alle Banken sind gleich. Es gibt verschiedene Bankmodelle, die unterschiedliche Konstruktionen haben – Sie haben es selbst gesagt –: Eine Direktbank hat im Gegensatz zu einer Bank mit großem Filialnetz vielleicht ganz andere Möglichkeiten, zu finanzieren; denn sie hat weniger Miet- und Personalkosten. Aber das alles interessiert Sie nicht!
Frau Kollegin Heil, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Lay?
Aber gerne.
Vielen lieben Dank, Frau Kollegin, dass Sie die Zwischenfrage gestatten. – Die Zuhörerinnen und Zuhörer mussten fast den Eindruck gewinnen – so befürchte ich –,als wollten wir Linke, dass für die Kunden das Gleiche wie für die Banken gelten muss, nämlich der Leitzins der Europäischen Zentralbank, der derzeit bei 0,25 Prozent liegt. Deswegen ist meine Frage: Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass wir als Linke nicht fordern, diesen eins zu eins umzusetzen, sondern vielmehr gefordert haben, dass der Dispozinssatz maximal 5 Prozentpunkte über diesem Leitzinssatz liegt? Bei diesem Vorschlag der Linken müsste doch immer noch genügend Geld für die Verwaltungstätigkeit und auch ein bisschen Geld für die Gewinne der Banken übrig bleiben. Haben Sie also zur Kenntnis genommen, dass wir einen durchaus moderaten Vorschlag machen?
Vielen Dank für die Frage. – Sie wiederholen das, was Sie eben schon einmal gesagt haben: Sie wollen, dass der Dispozinssatz 5 Prozent über dem Leitzinssatz liegt. Das ist für mich ein fester Deckel. Sie haben selber darauf hingewiesen, dass Sie das hier im Bundestag schon fünfmal gefordert haben, aber deswegen wird es nicht besser: Es bleibt ein fester Deckel. Zu beweglichen Lösungen fällt Ihnen nichts ein. Wirkliche Antworten auf die Probleme geben Sie nicht. – Die Frage ist damit beantwortet; ich sage Ihnen aber gleich gerne noch etwas zur Höhe der Zinssätze in meinem Wahlkreis.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wie schwach! Wie schwach!)
Sie interessieren sich nicht für die wirklichen Probleme. Mit einer Obergrenze scheren Sie alle Banken über einen Kamm. Das ist – ganz klar – Ihre Meinung. Das ist sozialistische Politik, das kennt man; aber mit sozialer Marktwirtschaft hat das nichts zu tun. Denn es gibt auch unter den Banken Wettbewerb, der den Verbrauchern am Ende nutzt. Es gibt zum Beispiel Banken, die einen sehr günstigen Zinssatz anbieten. Der niedrigste Dispozinssatz, den ich gefunden habe, beträgt aktuell 4,2 Prozent und liegt somit weit unter dem Deckel, den Sie hier fordern. Würden wir dem also folgen, was Sie hier fordern, würden genau die Banken, die jetzt günstiger sind, ihren Dispozinssatz nach oben, an die von Ihnen geforderte Grenze, anpassen.
(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Marktwirtschaft funktioniert anders!)
Der Deckel schadet also den Verbrauchern. Er nützt ihnen nichts. Der Deckel ist weder zielführend noch verbraucherfreundlich.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)
Was Sie vorlegen, ist einfach nicht durchdacht.
Unser Ansatz ist ein komplett anderer. Wir haben und wir werden die Banken auch in Zukunft nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Die Banken müssen sehr genau prüfen, ob ihre Zinsen angemessen oder notwendig sind. Und sie müssen ihre Preise und Zinssätze nicht nur transparent machen, sondern auch für jeden Kunden deutlich sichtbar aushängen. Das haben wir schon in der vergangenen Wahlperiode angeschoben, und es hat Wirkung gezeigt. Einige Banken haben ihre Zinssätze gesenkt, einige haben den höheren Zinssatz für die geduldete Überziehung, die über das eingeräumte Limit hinausgeht, an den niedrigeren Dispozinssatz angepasst. Der politische und auch der öffentliche Druck hat also Bewegung in die Branche gebracht. So macht man das, und nicht mit einem Deckel, wie Sie das wollen.
Seien Sie doch einmal ehrlich – auch das muss hier einmal gesagt werden –: Kein einziger Fall von Überschuldung wird gelöst oder auch nur entschärft, indem wir die Dispozinsen deckeln. Deshalb haben ja auch die Schuldnerberater aufgeschrien, als einige Banken angekündigt haben, den höheren Zinssatz für die geduldete Überziehung abzuschaffen; denn damit würde ja auch eine Schwelle auf dem Weg zur weiteren Überschuldung abgeschafft.
Genau an dem Punkt müssen wir doch ansetzen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir brauchen eine gute Schuldnerberatung, und wir brauchen gute Beratung hinsichtlich der Umschuldungsmöglichkeiten, wenn ein Verbraucher über längere Zeit im Dispo steckt. Außerdem wollen wir einen Warnhinweis beim Übertritt in den Dispo einführen.
Am Ende geht es doch nicht um Verbote oder um einen Deckel. Wir wollen den Verbraucher befähigen, seine Finanzen selbst in die Hand zu nehmen, vielleicht sogar die Bank zu wechseln, wenn eine andere Bank ein besseres Angebot macht. Der Kunde, der Verbraucher kann die Bank zwingen, bessere Angebote zu machen. Diese Marktmacht, die der Kunde hat, müssen die Verbraucher nutzen. Deshalb setze ich mich auch in dieser Legislaturperiode besonders für die Stärkung der Finanzkompetenz ein.
Lassen Sie uns gemeinsam an Lösungen für die wirklichen Ursachen des Problems der Überschuldung arbeiten, anstatt hier Symptomkosmetik zu betreiben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, gebe ich Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der Wahl des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bekannt: abgegebene Stimmen 579. Mit Ja haben gestimmt 538, mit Nein haben gestimmt 25, Enthaltungen 16.
Ich spreche Herrn Kay Scheller zu seiner Wahl durch den Deutschen Bundestag die Glückwünsche des Hauses aus. Ich werde das Ergebnis der Wahl der Frau Bundeskanzlerin und dem Herrn Präsidenten des Bundesrates mitteilen.
(Beifall)
Die nächste Rednerin in der Debatte ist Frau Nicole Maisch, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3440194 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Zinssätze für Dispo- und Überziehungskredite |