22.05.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 7

Olav GuttingCDU/CSU - Zinssätze für Dispo- und Überziehungskredite

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Höhe von Dispozinsen und Überziehungskrediten: Was für ein Thema für die Politik! Das eignet sich hervorragend für Politiker, um hier zu punkten.

(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, machen Sie mal!)

Auf der einen Seite sind raffgierige Banken, auf der anderen Seite sind die armen, unwissenden Verbraucher, die natürlich schutzwürdig sind. Hier muss sich die Politik ja dazwischenwerfen und schützend vor die Verbraucher stellen.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das stimmt!)

Das ist feinster Populismus, meine Damen und Herren.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

Ich halte nichts von einer staatlich verordneten Zinsdeckelung. Natürlich müssen wir Missbrauch aufdecken; Missbrauch muss bekämpft werden. Es gibt ja auch bereits den § 138 im BGB, der Wuchergeschäfte als nichtig betrachtet, und § 291 im Strafgesetzbuch, der Wucher in schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft. Es ist also nicht so, dass hier jeder freie Bahn hätte.

Herr Kollege Gutting, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Maisch?

Ja, bitte.

Herr Kollege Gutting, danke, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. – Sie sagen: Wer einen Deckel auf die Dispozinsen fordert, betreibt Populismus. Würden Sie Populismus auch den Verbraucherschutzministerinnen und -ministern vorwerfen, die ja zu einem Gutteil auch aus unionsmitregierten Bundesländern kommen? Sind das also auch Populisten und Populistinnen?

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Selbstverständlich will er das!)

Wenn Sie mich so fragen, dann sage ich Ja.

(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Okay! Interessant! – Zurufe von der LINKEN: Oh!)

Ich meine, einen Rest Eigenverantwortung müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern schon noch zugestehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein Rest Eigenverantwortung ist auch aus Respekt vor den Menschen notwendig.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Die ohne Not in Schulden kommen! Was hat denn das mit Eigenverantwortung zu tun?)

– Ihr nehmt ja alle Leute an die Hand, als wären es kleine Kinder, die durch die Welt geführt werden müssen. So ist es aber nicht. Es geht auch um Menschenwürde, und dazu gehört, dass man Respekt vor ihren eigenen Entscheidungen hat. Diese Eigenverantwortung ist uns wichtig.

(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie haben keine eigene Entscheidung!)

Wir verfolgen in der Koalition den richtigen Ansatz: Die Banken sind verpflichtet, bei Übertritt in den Dispokredit einen Warnhinweis zu geben. Das ist gut und wichtig; denn manche Leute merken das gar nicht. Bei dauerhafter und erheblicher Inanspruchnahme von entsprechenden Krediten muss eine Beratung über eine kostengünstigere Alternative stattfinden. – Das setzen wir um; das ist richtig, aber auch ausreichend.

Es gehört zur Ehrlichkeit in dieser Debatte, zu sagen, dass es der mündige Verbraucher durchaus in der Hand hat, welche Zinsen in welcher Höhe er bezahlt. Es gibt zinsgünstige Angebote am Markt. Kollegin Heil hat das vorhin schon gesagt, und Namen von Banken wurden bereits genannt. Namhafte Anbieter verzichten bereits auf die Erhebung eines Zusatzzinses bei der geduldeten Überziehung eines Dispositionskredites.

Hier muss man einfach sagen: Der Verbraucher ist aufgerufen, sich zu informieren und den Wettbewerb zwischen den Banken, den wir in Deutschland Gott sei Dank haben, zu seinem Vorteil zu nutzen.

Es gilt aber auch: Wenn Banken für Dispokredite mehr verlangen als für reguläre Darlehen, dann ist das völlig in Ordnung. Es geht jetzt nicht darum, die Banken in Schutz zu nehmen,

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Nein!)

aber Unsinn muss man schon richtigstellen. Es ist eben ein Unterschied, ob man einen Dispokredit oder ein reguläres Darlehen vergibt. Ein Dispokredit ist kurzfristig nutzbar, flexibel und ohne Bürokratie zu erhalten. Diesen Nutzungsspielraum für den Verbraucher muss man sich eben mit einem höheren Zinssatz erkaufen. Es gibt keine Prüfung der Bonität, keine Bearbeitungszeit. Der Dispokredit kann sofort in Anspruch genommen werden. Die Risiken dafür müssen von den Banken abgefedert werden; das ist doch völlig logisch.

(Lachen des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])

All das muss man doch einmal zusammen sehen. Auch die Risikokosten für die Limitüberwachung, das Mahnwesen, das Inkasso, das Vorhalten und die Überwachung, all das ist aufwendig.

Die Rechnung, die Sie hier aufmachen, und die Gewinnspannen, von denen Sie reden, sind – Entschuldigung – einfach Unsinn. Es stimmt einfach nicht, wenn Sie sagen: 0,25 Prozent Refinanzierungskosten für die Banken bei 11 Prozent Zinsen für die Bankkunden ergeben 11 Prozent Gewinn. – So funktioniert das nicht.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat niemand behauptet!)

Es ist unredlich – das will ich abschließend betonen –, wenn hier immer wieder der Zinssatz der EZB, der Basiszinssatz, in Verbindung mit den Dispokrediten gebracht wird. Es ist doch so, dass sich vor allem Genossenschaftsbanken und Sparkassen nicht in erster Linie über die EZB refinanzieren; vielmehr refinanzieren sie sich über ihr Kundengeschäft, nicht über die Notenbank.

Wenn ein Großteil dieser Kundeneinlagen wegen vereinbarter Fristigkeiten überhaupt nicht an den aktuellen Märkten hängt, dann verbilligen sich auch nicht die Refinanzierungsmittel für die Bank, wenn die EZB die Zinsen senkt; sie verbilligen sich maximal mit einer erheblichen Zeitverzögerung.

Deswegen ist es unredlich, hier einen Zusammenhang zwischen der Höhe des Leitzinses der EZB und dem Dispozinssatz herzustellen. Auch deswegen werden wir Ihren Antrag heute ablehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist der Kollege Dr. Carsten Sieling, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3440244
Wahlperiode 18
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Zinssätze für Dispo- und Überziehungskredite
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