Volker UllrichCDU/CSU - Sukzessivadoption durch Lebenspartner
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sei noch einmal daran erinnert, dass es bei der heutigen Debatte um die Verwirklichung von Kindeswohl geht und dass einzig und allein das Schicksal der Kinder im Mittelpunkt der Debatte zu stehen hat. Natürlich können wir auch eine Debatte über Toleranz und Gleichstellung führen. Wenn wir aber über Toleranz reden, ist es – das muss ich ehrlicherweise sagen – schon unerträglich, dass Sie Toleranz zwar einfordern, dann aber die Gutachten zweier renommierter Wissenschaftler als peinlich bezeichnen. Das hat mit Toleranz nichts zu tun!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit Toleranz hat es auch nichts zu tun, werte Kollegin Schauws, dass Sie der Union hier Diskriminierungswillen unterstellen. Wir haben keinen Diskriminierungswillen. Wir haben den Willen, die Rechte von Kindern zu verbessern und die Eingliederung von Kindern in Familien zu stärken. Das ist unser Wille! Wenn Sie uns Diskriminierungswillen unterstellen, spielen Sie mit der Angst. Sie verwenden Zitate, die Sie hier besser nicht vorgetragen hätten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Unterstellung! Das ist eine richtige Diagnose! „Homophobie ist heilbar“!)
In gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften werden Werte gelebt, die für den Zusammenhalt dieser Gesellschaft wichtig sind. Sie geben uns Stabilität. Die gelebte Solidarität ist wichtig und entspricht auch dem christlichen Menschenbild. Die Frage der Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften eignet sich aber nicht, um über die Adoption zu sprechen; denn bei der Adoption sind immer auch Dritte, nämlich Kinder, im Spiel. Es gibt kein Recht auf ein Kind, um Gleichstellung zu erzwingen, sondern es gibt nur das Recht des Kindes, in Familien aufzuwachsen, in denen die Kinder betreut werden.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen das Kind gleichstellen, wenn Sie das Kindeswohl ernst nehmen!)
Sie dürfen deswegen auch nicht den Fehler machen – er erschließt sich leicht auch schon bei oberflächlicher Betrachtung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts –, dass Sie die Volladoption mit der Sukzessivadoption gleichsetzen. Das ist nämlich dem Wesen und der Abfolge nach etwas völlig anderes. Bei der Sukzessivadoption hat ein Lebenspartner schon eine rechtliche und emotionale Beziehung zu dem Kind, die sich verfestigt hat und tatsächlich gelebt wird. Durch die anschließende Adoption bekommt das Kind ein Mehr an Rechten und Möglichkeiten, sich gegen widrigste Lebenslagen abzusichern. Es bekommt Erb- und Unterhaltsrechte sowie das Recht auf Besuch und Umgang. Wir stärken damit also ausschließlich die Rechte von Kindern. Deswegen ist es – da will ich widersprechen – der CSU nicht schwergefallen, dem zuzustimmen. Überall dort, wo die Rechte von Kindern verbessert werden, fällt es der CSU leicht, zuzustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)
Nur: Die Frage der Volladoption ist davon zu trennen. Bei der Volladoption besteht nämlich kein rechtliches und emotionales Band zwischen dem zu adoptierenden Kind und dem Lebenspartner, sondern diese rechtlichen und tatsächlichen Bindungen werden neu geknüpft. Deswegen ist das ein völlig neuer juristischer Ansatz.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird es abenteuerlich!)
Es ist dem Gesetzgeber unbenommen, dass er dort, wo Ansatzpunkte für eine Differenzierung bestehen, auch seinen gesetzgeberischen Spielraum wahrnimmt. Deswegen, meine Damen und Herren, ist es eine richtige gesetzgeberische Grundsatzentscheidung, zu sagen: Wir setzen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts getreu den Vorgaben um. Weiterhin ist uns im Rahmen unseres Ermessensspielraums unbenommen, zu sagen: Die Vergleichbarkeit zwischen Volladoption und Sukzessivadoption ist eben nicht gegeben. Deswegen kann der Gesetzgeber hier mit Fug und Recht eine Differenzierung vornehmen.
Ich appelliere an Sie: Stimmen Sie dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu, weil er ein Mehr für die Rechte der Kinder bedeutet. Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, weil es der richtige Weg ist, die Sukzessivadoption zuzulassen. Ich bitte Sie auch, alles andere jetzt nicht zu entscheiden, weil dafür die Grundlage fehlt, weil die Expertise fehlt und weil es im Augenblick nicht notwendig ist. Lassen Sie uns diesem Gesetzentwurf zum Wohle der Kinder zustimmen. Lassen Sie uns in diesem Sinne tolerant sein und für die Rechte der Kinder eine gute und tragfähige Lösung schaffen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist der Kollege Johannes Kahrs, SPD.
(Beifall bei der SPD)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 18 |
Session | 36 |
Agenda Item | Sukzessivadoption durch Lebenspartner |