Elvira Drobinski-WeißSPD - Gentechnikfreiheit im Pflanzenbau in Europa
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, es wurde schon angesprochen: Gestern haben wir Unterschriften von über 100 000 Bürgerinnen und Bürgern überreicht bekommen, die uns aufgefordert haben, den Gentechnikanbau zu verhindern.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Was ist das gegen die 79 Millionen?)
Täglich gehen bei uns allen Bürgerbriefe mit der gleichen Aufforderung ein.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben dazu eine klare Position: Wir lehnen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ab;
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])
denn die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger will solche Pflanzen weder auf dem Acker noch auf dem Teller.
Deshalb bin ich froh darüber, dass wir heute zusammen mit den Kollegen von der CDU/CSU einen Antrag einbringen können,
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der leider nicht hilft!)
mit dem wir die nationalen Möglichkeiten zum Ausstieg aus dem GVO-Anbau entscheidend verbessern wollen. Unser Koalitionspartner hat dafür einen weiten Weg gehen müssen. Aber auch wir haben Abstriche machen müssen. Das Ergebnis kann sich dennoch sehen lassen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich bitte Sie und euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich vorurteilsfrei mit diesem Antrag zu befassen, statt in die übliche Grabenkampfrhetorik zu verfallen. Anders als manche behaupten, enthält unser Antrag nämlich keine grundsätzliche Zustimmung zum griechischen Vorschlag. Er ist eine Diskussionsgrundlage, und wir stellen Bedingungen an seine Ausgestaltung.
Die wichtigsten Punkte dabei sind die Rechtssicherheit bei den Ausstiegsmöglichkeiten und die Erweiterung der Ausstiegsmöglichkeiten in Phase II, das heißt nach der EU-Zulassung des entsprechenden GVO. Der Ausstieg soll nämlich jederzeit möglich sein – ich betone: jederzeit –, und es müssen dafür keine neuen Forschungsergebnisse bzw. objektiven Gründe vorgelegt werden. Das heißt, jederzeit müssen die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten haben, etwa nach einem Regierungswechsel, aus dem Anbau auszusteigen. Bisher wird nämlich nur der jederzeitige Anbaueinstieg offengehalten. Die Befreiung der Mitgliedstaaten von der Vorlage neuer Forschungsergebnisse zur Begründung ihres Ausstiegs aus dem GVO-Anbau soll gewährleisten, dass die Opt-out-Regelung wirklich eine Erleichterung gegenüber dem derzeitigen Recht darstellt; denn bereits jetzt können die Mitgliedstaaten gemäß der sogenannten Schutzklausel – wohlgemerkt: in einem sehr schwierigen Verfahren – nach Vorlage neuer Studien aus dem Anbau aussteigen, wie etwa bei MON 810. Eine Neuregelung muss also einen Mehrwert bringen. Ich sage ganz deutlich: Das sind die für eine Zustimmung unverzichtbaren Bedingungen.
Der aktuelle griechische Vorschlag verpflichtet – darauf wurde schon verschiedentlich hingewiesen – die Mitgliedstaaten, die keinen GVO-Anbau wollen, dazu, bei den Unternehmen um Ausnahme zu bitten. Man muss sich das einmal vorstellen: Staaten sollen sich auf die Ebene von Unternehmen begeben müssen. Ich denke, das kann keiner von uns wollen; denn dann wäre die Souveränität eines Staates eindeutig beschädigt. Dass die EU-Kommission als Verhandler zwischengeschaltet werden soll, ist nur die zweitbeste Lösung.
Wir wollen eine Regelung, die den Einfluss der Unternehmen einschränkt. Das möchte ich insbesondere an die Adresse meines Kollegen Ebner sagen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Wir setzen uns mit unserem Antrag erneut dafür ein, dass die Mitgliedstaaten in der sogenannten Phase II, also nach der Zulassung, ohne die Einwilligung von Unternehmen den GVO-Anbau untersagen können. Damit wäre der für uns Bürgerinnen und Bürger sowie für viele Umwelt- und Verbraucherverbände kritischste Punkt, nämlich der gestiegene Einfluss der Unternehmen, entscheidend entschärft und die Souveränität der Mitgliedstaaten gewährleistet.
Einen weiteren für die Verbraucherinnen und Verbraucher wichtigen Punkt – der Minister hat ihn in seiner Rede schon erwähnt – möchte ich kurz ansprechen. Ich finde nach wie vor, dass die Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden, wichtig ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt – das möchte ich in Richtung des Koalitionspartners ganz deutlich formulieren –, uns in Brüssel genau dafür starkzumachen. Diese Vereinbarung soll nun endlich umgesetzt werden. Das ist dringend nötig; denn dann wäre dem, was Sie gesagt haben, Herr Minister, nämlich dem Recht der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Transparenz und Wahlfreiheit, endlich Rechnung getragen. Bitte lassen Sie uns daran arbeiten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Kollege Kees de Vries hat für die Fraktion der CDU/CSU das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3440386 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Gentechnikfreiheit im Pflanzenbau in Europa |