Matthias MierschSPD - Gentechnikfreiheit im Pflanzenbau in Europa
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege de Vries, ich will mit Ihnen auch heute nicht in der Sache diskutieren;
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist ja klar!)
wir haben da sicherlich ganz unterschiedliche Auffassungen. Aber ich möchte mich bei Ihnen ausdrücklich dafür bedanken, dass wir trotz der Unterschiede in der Sache diesen Antrag heute hier gemeinsam verabschieden können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Es ist erst ein paar Wochen her, dass ich, ebenfalls an dieser Stelle, gesagt habe, dass ich es nicht für akzeptabel halte, dass sich eine Bundesregierung bei der Frage, ob eine gentechnisch veränderte Sorte auf der EU-Ebene zugelassen wird, enthält. Ich bin nach wie vor dieser Auffassung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Umso besser ist, dass wir als Parlamentarier unsere Verantwortung in den letzten Wochen wahrgenommen haben. Jetzt, in einer Phase, in der es um eine sehr zentrale weitere Frage auf europäischer Ebene geht – wie kann eine nationale Ausstiegsklausel formuliert werden? –, zeigen wir in diesem Parlament klar Flagge und geben der Bundesregierung Handreichungen mit auf den Weg. Das ist ein entscheidendes Signal dieses Parlaments.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, ich möchte hier eine Sache wirklich sehr deutlich klarstellen. Was ich meine, trifft jeden. Harald Ebner, man sollte damit sehr vorsichtig umgehen. Von einem Täuschungsmanöver zu sprechen, ist eine Ungeheuerlichkeit für jeden, der sich mit diesem Antrag auseinandergesetzt hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dahinter steht natürlich, dass Sie überhaupt nicht damit gerechnet haben, dass diese Große Koalition zu diesem Antrag fähig ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie schreiben ja selbst in dem von Ihnen gestellten Antrag, eine nationale Opt-out-Klausel werde diese Bundesregierung wahrscheinlich nie verfolgen. Wir sind weiter. Wir haben die Sprachlosigkeit dieser Bundesregierung durch diesen Antrag beendet, indem wir gesagt haben: Wir wollen eine nationale Ausstiegsklausel, und wir wollen sie gerade nicht so wie die griechische Ratspräsidentschaft; vielmehr wollen wir die Souveränitätsrechte des Parlamentes sichern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das muss man schon zur Kenntnis nehmen. Auch Umweltverbände sagen: Ja, das, was hier gemacht wird, ist die zweitbeste Lösung. Denn sie wissen, zumindest wir würden es begrüßen, wenn auf europäischer Ebene nichts mehr stattfände. – Ich erinnere die Grünen daran, dass auch Frau Künast die Erfahrung machen musste, dass das alles auf europäischer Ebene nicht so einfach ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich musste als Anwalt Rechtsgutachten über die Frage der Verfassungsgemäßheit von gentechnikfreien Regionen auf kommunaler Ebene schreiben. Wir reden jetzt nicht über gentechnikfreie Regionen auf kommunaler Ebene, sondern wir reden über nationale Ausstiegsklauseln. Ich finde, das ist viel besser.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Schmidt, ich bin für Ihre Äußerungen sehr dankbar. Dieser Antrag soll Sie und Barbara Hendricks bei Ihren Beratungen in Brüssel unterstützen; schließlich wird in den Schlussverhandlungen dort sicherlich noch das eine oder andere verhandelt werden müssen. Ich sage ganz eindeutig: Der Satz, dass ein nationales Parlament jederzeit von einer Ausstiegsklausel Gebrauch machen können muss, ist sehr zentral.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Es darf eben nicht so sein, dass ein Unternehmen einem Staat vorschreiben kann, wie er mit dem Thema Grüne Gentechnik umzugehen hat. Das ist ein sehr zentraler Punkt. Ich bin dankbar dafür, dass Sie das heute hier so betont haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Kollege Miersch, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Ebner?
Bitte.
(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Da kannst du jetzt noch was klarstellen!)
Kollege Miersch, würden Sie bestreiten, dass es mit einer Opt-out-Klausel europaweit zu mehr Zulassungen kommt, wie es in dem von mir eben zitierten Lobbypapier von vielen Spezialisten, auch von den Anbauverbänden und den Umweltverbänden, prognostiziert wird?
Vielen Dank für diese Frage, Herr Kollege Ebner, weil Sie mir so Gelegenheit geben, bei der knappen Redezeit diesen Zusammenhang doch noch einmal aufzuzeigen.
Ich glaube, Sie haben völlig verkannt, dass wir hier heute über eine Thematik reden, die gerade in den nächsten Wochen in Brüssel zur Debatte steht. Es geht darum, ob ein nationales Recht besteht, trotz Zulassung von einer gentechnisch veränderten Sorte im eigenen Land abzusehen. Das ist ein zentrales Moment und ein zentraler Fortschritt. Das hat mit der Zulassungsfrage an dieser Stelle überhaupt nichts zu tun, sondern mit der Autonomie des Mitgliedstaats.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was nutzt das an der holländischen Grenze, am Niederrhein?)
Das hätte etwas damit zu tun, wenn es eine Kooperation mit den antragstellenden Unternehmen gäbe, was Sie zu Recht kritisiert haben. Aber genau das will das Parlament nicht. Wir wollen, dass das Souveränitätsrecht jederzeit gewahrt ist. Deswegen ist das ein zentraler Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir als Große Koalition gehen hier heute einen ersten Schritt zusammen, leider nicht mit Ihnen. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass das Thema Grüne Gentechnik eines ist, was an ethische Grundsätze geht. Wir haben heute gerade die erste Sitzung der Endlagersuchkommission gehabt, die wir alle zusammen eingesetzt haben. Ich wünsche mir, dass es irgendwann dazu kommt, dass wir auch eine gemeinsame Entscheidung zum Thema Grüne Gentechnik treffen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich glaube, dass jetzt jedenfalls die Blockade innerhalb der Bundesregierung aufgelöst ist und dass es, wenn man den Duktus des Antrags ernst nimmt, bei den nächsten Zulassungsfragen nicht mehr zu Enthaltungen kommen wird, sondern zu einem klaren Votum im Sinne dieses Antrags,
(Beifall bei der SPD)
nämlich zur Ablehnung der Zulassung. Insofern ist das ein deutliches Signal.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3440391 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Gentechnikfreiheit im Pflanzenbau in Europa |