Claudia Roth - Ausgleich für stromkostenintensive Unternehmen
Guten Tag, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahr 2000 war die eigentliche Energiewende. Das EEG war der Durchbruch zur Einführung der erneuerbaren Energien.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War!)
Am 8. April dieses Jahres wurde im Kabinett ein Gesetzentwurf verabschiedet und ins Hohe Haus eingebracht, der dieses EEG reformiert. Im Jahre 2014 war es notwendig – vor dem Hintergrund der zweiten Energiewende oder der erneuten Bestätigung des Atomausstieges –, das Erneuerbare-Energien-Gesetz von einem Markteinführungsinstrument hin zur Marktdurchdringung zu reformieren.
Was wir in der Zukunft brauchen, ist die Entwicklung eines neuen Strommarktdesigns auf europäischer Ebene. Wir müssen darüber sprechen, wie wir Kapazitätsmechanismen einführen. Wir werden uns den großen Herausforderungen stellen müssen, die Energieeffizienzrichtlinie der EU umzusetzen bzw. in unserem Land zu einem Durchbruch zu verhelfen. Eine Debatte über das KWK-Gesetz steht an. Wie in einem Baukasten müssen wir jetzt die verschiedenen Teile, die die Energiewende voranbringen, zusammenfügen.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann mal los!)
Heute beraten wir über die Reform der Besonderen Ausgleichsregelung, die ganz eng verschränkt ist mit der Reform des EEG. Wir müssen auf der einen Seite den Bereich der erneuerbaren Energien fördern – dabei müssen wir sowohl die Kosten im Griff behalten als auch für die Stabilität der Versorgung sorgen – und auf der anderen Seite unseren Wirtschaftsstandort, unseren Industriestandort erhalten. Das ist eine immense Herausforderung. Nur wenn das gelingt, wird das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine Blaupause auch für andere sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Jetzt geht es darum, dass wir nicht nur für Kosten- und Versorgungssicherheit sorgen, sondern auch für Planungssicherheit. Ich bin Sigmar Gabriel und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seines Hauses dankbar, dass nicht nur das EEG in unglaublicher Geschwindigkeit und mit hoher Professionalität reformiert wird, sondern wir jetzt auch dafür sorgen, dass die strom- und handelsintensiven Unternehmen – das meint den Mittelstand genauso wie die große Industrie – verlässlich darauf bauen können, dass sie international wettbewerbsfähig bleiben. Aus diesem Grund beraten wir heute über die Reform der Besonderen Ausgleichsregelung.
Worum geht es? Es geht darum, dafür zu sorgen, dass energie- und handelsintensive Unternehmen nicht wegen der Förderung des Bereichs der erneuerbaren Energien und den mit der EEG-Umlage verbundenen gestiegenen Kosten im Wettbewerb so stark benachteiligt werden, dass Arbeitsplätze gefährdet werden. Die Koalition steht sowohl für die Förderung des Bereichs der erneuerbaren Energien als auch für die Förderung des Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland. Beides muss zusammengehen, und das schaffen wir mit diesem Gesetz.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
In extrem schwierigen Verhandlungen ist es Sigmar Gabriel, aber auch der Bundeskanzlerin gelungen, vor dem Hintergrund der Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien dafür zu sorgen, dass für diese Unternehmen Planungssicherheit besteht. Sie werden entlastet, damit wir in der gesamten Wertschöpfungskette, von der Grundstoffindustrie bis zum Nanoprodukt, Arbeitsplätze in Deutschland erhalten und durch den Erhalt von Technologien wettbewerbsfähig bleiben.
Diese Unternehmen werden aber nicht generell befreit. In der Öffentlichkeit ist vielfach nicht bekannt, dass ein namhafter Milliardenbetrag, ein Betrag von 7 Milliarden bis 8 Milliarden Euro – zählt man Dienstleistungen, Handel und Gewerbe hinzu, sind es etwa 12 Milliarden Euro –, gezahlt wird, um die Lasten des EEG gemeinsam mit den anderen Endkunden zu tragen.
Wir haben eine Regelung eingeführt, nach der die Quote für die Befreiung, die sich aus der Stromintensität bzw. dem Stromverbrauch und der Bruttowertschöpfung eines Unternehmens ergibt, erhöht wird, und zwar für die Unternehmen und Branchen der Liste 1 von 14 auf 16 Prozent, später auf 17 Prozent, und für die Unternehmen, die auf der Liste 2 stehen, auf 20 Prozent. Wir wollen so dafür sorgen, dass die Aufwendungen, die getragen werden müssen – das sind etwa 5 Milliarden Euro –, auch in Zukunft stabil auf diesem Niveau bleiben. Das ist Verlässlichkeit, und das ist ein fairer Umgang mit all denen, die dafür bezahlen müssen.
Für die erste Gigawattstunde muss zudem die volle EEG-Umlage gezahlt werden und für die weiteren Kilowattstunden jeweils 0,1 Cent. Also, auch hier gibt es eine Erhöhung.
Ferner haben wir dafür gesorgt, dass die Unternehmen, die früher befreit waren und in Zukunft nicht mehr befreit sind, von einer moderaten Übergangsregelung profitieren. Dies betrifft unter anderem Unternehmen, deren Stromintensität zwar 14 Prozent, aber nicht 16, 17 respektive 20 Prozent der Bruttowertschöpfung beträgt.
Wenn in der Öffentlichkeit jetzt der Stromkunde gegen die Unternehmen und damit gegen die Arbeitsplätze und den Erhalt der Technologie in Deutschland ausgespielt wird, dann ist das nicht richtig. Wir haben eine Balance geschaffen. Hätten wir diese Ausgleichsregelung nicht, dann könnten wir die Haushalte im Monat um durchschnittlich 3,50 Euro entlasten. So erhalten wir aber Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze und die Wertschöpfungsketten in Deutschland.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Unsinn, was Sie da erzählen! Das wissen Sie auch!)
Dieser Gesetzentwurf ist ein guter Schritt. Herzlichen Dank dafür. Wir gehen in die Beratungen. Ich bin sicher, dass die Energiewende so gelingen wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Danke, Herr Kollege Tiefensee.
Ich darf Ihnen, bevor ich Frau Bulling-Schröter das Wort erteile, das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt geben. Der Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung ist angenommen: abgegebene Stimmen 584. Mit Ja haben 460 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein haben 64 Kollegen und Kolleginnen gestimmt, 60 haben sich enthalten. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Wort in der laufenden Debatte hat Eva Bulling- Schröter für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3443429 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 37 |
Tagesordnungspunkt | Ausgleich für stromkostenintensive Unternehmen |