Florian PostSPD - Ausgleich für stromkostenintensive Unternehmen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Besondere Ausgleichsregelung ist ein wichtiger Bestandteil der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Diese Reform ist notwendig, um unser ehrgeiziges Ziel der Energiewende auch zum Erfolg zu führen. Bei den industriellen Verbrauchern, die im internationalen Wettbewerb stehen, geht es nicht nur um die Akzeptanz, sondern in vielen Fällen schlichtweg um das knallharte wirtschaftliche Überleben. Es ist daher richtig, die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen zu sichern und das viel beschworene industrielle Rückgrat unserer Wirtschaft zu schützen. Viele Tausend Arbeitsplätze hängen davon ab, ob wir diese Aufgabe hier im Parlament erfolgreich meistern.
Unser beispielloses Vorhaben der Energiewende ist eine deutsche Leistung und Aufgabe, auf die wir stolz sein können. Kein anderes Industrieland hat sich das Ziel gesetzt, aus der Atomenergie auszusteigen und gleichzeitig ehrgeizige Klimaschutzziele zu erreichen. Das ist nur mit einem erheblichen Anteil an Stromproduktion aus erneuerbaren Energien zu schaffen.
Auch wenn es einige nicht begreifen bzw. nicht begreifen wollen, steht unsere nationale Energiepolitik jedoch nicht im luftleeren Raum, sondern muss vielmehr rechtlich und politisch in einen europäischen Kontext eingebunden werden.
Nur zur Erinnerung: Die EU-Kommission war denkbar kurz davor, die Befreiungen von der EEG-Umlage für energieintensive Unternehmen als unzulässige Beihilfe einzustufen. Das zeigt, wie weit die rechtlichen Bewertungen, die eben auch im politischen Kontext stehen, auseinanderliegen. Das müssen wir uns vor Augen führen, wenn wir das Verhandlungsergebnis beurteilen wollen. Sigmar Gabriel ist es gelungen, unter erheblichem Zeitdruck eine Einigung mit der EU-Kommission zu erzielen, damit wir die Chance haben, auch noch für 2015 Bescheide über Befreiungen von der EEG-Umlage bzw. über eine Privilegierung auszustellen.
Der jetzige Gesetzentwurf steht im Einklang mit den Umwelt- und Beihilfeleitlinien der EU. Dass die Befreiung von energieintensiven Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, notwendig ist, ist in weiten Teilen unumstritten. Die Frage ist aber, wie diese Befreiung umgesetzt wird. Dazu haben wir jetzt klare Vorgaben mit Definitionen von Branchen, die überhaupt antragsberechtigt sind. Im Übrigen gehört der Braunkohletagebau nicht dazu.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die machen Eigenstrom! – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigenstrom!)
– Frau Kollegin Baerbock, antragsberechtigt – man muss hier auf die Begrifflichkeiten achten – heißt noch lange nicht, dass der Antrag auch bewilligt wird. Das wird nämlich in der politischen Diskussion hier auch immer falsch dargestellt.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Außerdem sind auch Unternehmen, die vorher privilegiert waren, jetzt nicht mehr privilegiert und herausgefallen. Das gehört nämlich auch zur Wahrheit und wird hier immer gerne verschwiegen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche? Sagen Sie mal, welche?)
– Ich tue Ihnen den Gefallen nicht, die Redezeit am Freitagnachmittag zu verlängern. Das mache ich auch mit Rücksicht auf die Kollegen. Sie geben das hier schon zum Besten. In allen politischen Diskussionen wurde das in dem Zusammenhang schon zur Genüge erläutert.
(Beifall bei der SPD)
Wir unterbinden bestehende Ungerechtigkeiten und Missbrauchsmöglichkeiten. Es wird in Zukunft nicht mehr möglich sein, Personal in Leiharbeitsfirmen auszulagern und dann dafür auch noch mit der Befreiung oder Privilegierung bei der EEG-Umlage belohnt zu werden.
(Beifall bei der SPD)
In dem Zusammenhang gebe ich gerne zu, dass mir persönlich das noch nicht weit genug geht. Man müsste im parlamentarischen Verfahren noch darüber reden, dass hier auch auf Werkverträge abgestellt wird.
Eine Neuerung ist auch die Verpflichtung der antragsberechtigten Unternehmen, ein umfassendes Energie- und Umweltmanagementsystem einzuführen; denn dieses dient als Grundlage und Anreiz für Maßnahmen der Energieeffizienz.
Aus den Reihen der Opposition wird oft die Forderung erhoben, dass die Ausnahmen zu weit gingen und dadurch die übrigen Verbraucher zusätzlich belastet würden. Das sollten wir doch bitte sein lassen bzw. zurücknehmen. Sie versuchen hier, die Stromkunden gegeneinander auszuspielen, und tun so, als sei das ein Nullsummenspiel. Das Gleiche machen Sie auch bei der Arbeitsplatzdebatte, wenn Sie von den Arbeitsplätzen sprechen, die angeblich in der Erneuerbare-Energien-Branche gefährdet sind. Es ist aber eben kein Nullsummenspiel.
Wenn wir die energieintensiven Unternehmen angreifen, schaden wir Deutschland als Land der Industrie. „ Made in Germany“ ist für industrielle Produkte eine Marke, die in der Welt ihresgleichen sucht. „ Made in Germany“ bedeutet aber nicht nur Qualität für die Käufer, sondern das ist auch ein Versprechen an die Männer und Frauen, die in dieser Industrie arbeiten.
Wenn die Stromrechnung knapp ein Fünftel der Kosten ausmacht, überlegt sich jeder Kaufmann zweimal, ob er seine Fabrik nicht doch lieber nach Frankreich oder in die USA verlagert.
Um es auf einen einfachen Satz herunterzubrechen: Was nützt es dem privaten Verbraucher, wenn die Kosten für die EEG-Umlage wegen einer eventuellen Rücknahme der Privilegierung für stromintensive Unternehmen ein wenig sinken – das hat Kollege Pfeiffer auch schon vorgerechnet, und auch Kollege Tiefensee ist, glaube ich, darauf eingegangen; das bewegt sich ungefähr in der Größenordnung von 3,50 Euro monatlich –, aber dadurch gleichzeitig Tausende Arbeitsplätze verlorengehen?
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen sie ja nicht!)
– Sie widersprechen sich auch in dem Punkt. Wenn wir all das machen würden, was von Ihnen immer gefordert wird, dann würde das zu einer Steigerung der EEG-Umlage – und nicht zu einer Senkung – führen.
Das ist der Unterschied: Wir Sozialdemokraten machen nämlich Energiepolitik auch für die Leute, die sich nicht jede Wohnung und jede Stromrechnung leisten können und die nicht täglich im Bioladen einkaufen können.
(Beifall bei der SPD)
Könnten Sie dennoch an Ihre Redezeit denken?
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Die Energiewende kann nur gelingen, wenn wir gemeinsam daran arbeiten, einen Ausgleich zwischen berechtigten Interessen zu finden. Dafür haben wir hier einen Gesetzesentwurf vorgelegt, den wir im parlamentarischen Verfahren beraten werden.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und wünsche von meiner Seite aus schon einmal ein schönes Wochenende. Danke.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Danke, Herr Kollege. – Letzter Redner in der Debatte ist Dr. Andreas Lenz für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3443529 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 37 |
Tagesordnungspunkt | Ausgleich für stromkostenintensive Unternehmen |