Julia ObermeierCDU/CSU - Bundeswehreinsatz im Kosovo (KFOR)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor zwei Monaten hat die NATO, 15 Jahre nach dem Ende des Kosovokrieges, den oberen Luftraum über dem Balkanstaat wieder für zivile Flugzeuge geöffnet – ein kleines Stück Normalität, das viele positive Begleiteffekte mit sich bringt.
Seit 15 Jahren entsenden wir Jahr für Jahr unsere Soldatinnen und Soldaten in das Kosovo, seit 15 Jahren verlängern wir Jahr für Jahr das Mandat. Mittlerweile ist das Amselfeld vielen Bürgerinnen und Bürgern nur mehr als Weinbauregion bekannt, und das „Land der Skipetaren“ wird vermehrt wieder als Schauplatz der Geschichten Karl Mays betrachtet. Wer aber denkt, wir bräuchten den Einsatz nicht mehr, den dürfte spätestens die Krise in der Ukraine eines Besseren belehrt haben. Präsident Putin bemühte in aller Unsachlichkeit eine von ihm konstruierte Parallele, nämlich zwischen der Unabhängigkeit des Kosovo und dessen unverändert bestehenden Problemen mit der Situation auf der Krim sowie der Lage in der Ostukraine. Doch der völkerrechtliche Vergleich des Kosovokrieges mit der Kriminvasion hinkt; die Hinter- und Beweggründe sind vollkommen verschieden.
Seit 15 Jahren stabilisieren wir eine Region, in der ein Völkermord geplant war, der in letzter Minute abgewendet werden konnte,
(Inge Höger [DIE LINKE]: Immer die gleichen Parolen!)
vor unserer Haustür, in Europa, in einer Region, in der 28 Staaten friedlich miteinander leben, an der Schwelle zwischen Abendland und Morgenland. Nicht erst seit Ivo Andrics Schilderungen in seinem Werk Die Brücke über die Drina wissen wir, welch langes kulturelles Gedächtnis und welcher Stolz die Völker dieser Region verbinden – Eigenschaften, die uns mitunter fremd erscheinen, wo wir selbst mit ehemaligen Gegnern heute wunderbare Freundschaften pflegen. Doch gerade die Vertreter nationaler Maximalpositionen beziehen sich noch heute auf Geschehnisse, die vor 600 Jahren stattgefunden haben, und empfinden für das Amselfeld wie andere für Jerusalem. Diese Maximalpositionen wurden in den letzten 15 Jahren so weit verlassen, dass heute miteinander geredet und nicht mehr aufeinander geschossen wird. Deshalb sind heute nicht mehr 50 000 Soldatinnen und Soldaten nötig, sondern nur noch ein Zehntel davon. Doch die sind eben noch nötig. Im Norden des Kosovo, wo sich die serbische Bevölkerungsminderheit konzentriert, weigern sich die meisten Serben immer noch, die Zentralregierung in Pristina anzuerkennen. Im Parlament, wo sie aufgrund von Schutzklauseln großen Einfluss haben, boykottieren sie die Bildung einer eigenen Armee. Parlamentsauflösung und Neuwahlen sind derzeit die Folge, aber eben kein Bürgerkrieg.
Die Region bewegt sich in die richtige Richtung, aber nur langsam. Zu Gesprächen und Verhandlungen, wie schmerzhaft und schwer sie für alle Seiten in Zukunft auch sein mögen, gibt es keine Alternative, zumindest keine, die wir uns für Europa wünschen. Dafür brauchen wir den Schutz von KFOR. 15 Jahre KFOR, das ist eine lange Zeit; das entspricht fast vier Legislaturperioden.
Sehr geehrte Gäste und Zuschauer! Gerne möchte ich die Mandatsverlängerung zum Anlass nehmen, zu erklären, wie wir solche Entscheidungen treffen. Unsere ausschlaggebenden Kernfragen bei allen Einsätzen der Bundeswehr lauten: Was ist unser nationales Interesse? Welchen beabsichtigten Zielzustand legen wir zugrunde? Was wollen wir mit dem Einsatz wirklich erreichen, und wann beenden wir den Einsatz? Für den Einsatz im Kosovo sind die naheliegenden Antworten auch die Erklärung, warum 15 Jahre gar nicht so lang sind und wir vielleicht noch eine 20. oder 25. Verlängerung erleben werden: Es liegt in unserem besonderen nationalen Interesse, in einem einigen und friedlichen Europa zu leben. Dazu gehört auch der Westbalkan. Eine rechtsstaatliche Entwicklung dieser Länder ist der Schlüssel zum Erfolg. Einen Misserfolg würden wir zu spüren bekommen. Organisierte Kriminalität kennt nämlich keine Grenzen.
(Zuruf der Abg. Inge Höger [DIE LINKE])
Dieser Einsatz darf erst beendet werden, wenn diese Länder stabile Demokratien sind, in denen man ethnien-, religions- und kulturübergreifend friedlich über die gemeinsame Geschichte sprechen kann, eine Geschichte, die auch ein wesentlicher Teil unserer europäischen Geschichte darstellt. Deshalb bitte ich Sie alle um Ihre Zustimmung für die weitere Unterstützung unserer Nachbarn.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nächster Redner ist der Abgeordnete Wolfgang Hellmich, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3488965 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz im Kosovo (KFOR) |