Matthias W. BirkwaldDIE LINKE - Angleichung der Renten in Ostdeutschland
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Angleichung der Renten in Ostdeutschland an das Westniveau hat die Bundeskanzlerin gesagt – ich zitiere –:
Herr Kollege Weiß, das hat die CDU-Vorsitzende Angela Merkel Anfang Juni 2009 bei der Eröffnung des 9. Deutschen Seniorentages in Leipzig versprochen, also vor der Bundestagswahl vor fünf Jahren. – Im Koalitionsvertrag 2009 hieß es dann – Zitat –:
Nach der Bundestagswahl 2009: Pustekuchen! Nach der Bundestagswahl ist nichts passiert – bis heute, Juni 2014. Versprochen, gebrochen – das ist die beschämende Rentenpolitik der CDU für die Rentnerinnen und Rentner im Osten.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und die SPD? Die SPD forderte im Juni 2013, also vor der vergangenen Bundestagswahl, in einem Extra- Wahlkampfantrag, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, „der die vollständige Angleichung des aktuellen Rentenwertes (Ost) an den aktuellen Rentenwert in Stufen“ vorsah. Dieses Gesetz sollte 2014 in Kraft treten. Tja, so spricht man vor der Wahl. Nach der Wahl ist davon nichts mehr zu sehen.
(Beifall bei der LINKEN)
Das heißt: Ein Standardrentner in Rostock erhält nach 45 Jahren Arbeit zum Durchschnittslohn noch immer 100 Euro weniger Rente als ein Rentner in Stuttgart, der auf die gleiche Lebensleistung zurückschauen kann – im 25. Jahr nach dem Mauerfall. Das war ungerecht, das ist ungerecht, und das bleibt ungerecht.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
An dieser Ungerechtigkeit ändert auch Ihr Rentenpaket nichts. Die Rente ab 63 ist für die vielen Hartz-IV-Betroffenen im Osten nicht zu realisieren, und bei der neuen Mütterrente ist ein Kind im Osten noch immer 4,44 Euro weniger wert als ein Kind im Westen. Das war ungerecht, und das bleibt ungerecht.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Ursache dafür ist: Ein Vierteljahrhundert nach dem Einheitsvertrag liegt der Rentenwert im Osten mit 26,39 Euro noch immer knapp 7,8 Prozent unter dem Rentenwert im Westen mit 28,61 Euro.
Es stimmt: Der Abstand hat sich über die Jahre langsam verringert. Aber keine Bundesregierung hat bisher die Gerechtigkeitslücke geschlossen. CDU, CSU, SPD, Grüne, sie alle haben hier gemeinsam versagt.
(Beifall bei der LINKEN – Beate Müller- Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)
Es stimmt: Ein einheitlicher flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn wird die Rentenlücke verkleinern, aber besonders dann, wenn er bei 10 Euro liegen würde; denn im Osten erhalten rund 40 Prozent der Beschäftigten weniger als 10 Euro brutto die Stunde. 10 Euro Mindestlohn, das würde die Ostrenten den Westrenten ein deutliches Stück näherbringen.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, erst 2016 zu prüfen, ob man 2017 vielleicht etwas machen muss, um dann irgendwie zu einer Angleichung der Renten im Jahr 2020 zu kommen. Das alles erzählen Sie seit Jahren. Davon stimmt kein Wort. Ich sage Ihnen: Die Ostdeutschen haben Ihre Vertröstungen satt.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Mit Tippelschritten und dem Hoffen auf eine automatische Lohnangleichung kommen wir hier nicht weiter. Die Lohnangleichung stagniert seit Mitte der 90er-Jahre bei unter 80 Prozent. Da tut sich nichts. Deshalb sagen wir Linken als einzige Partei in diesem Hause: Die Angleichung der Renten im Osten an das Westniveau muss jetzt sofort auf den Weg gebracht werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich fordere Sie auf: Führen Sie zum 1. Juli dieses Jahres einen steuerfinanzierten und stufenweise steigenden Zuschlag ein, und zwar so, dass die Rentenwerte in Ost und West bis zum Jahresende 2017 vollständig angeglichen sein werden! Das würde jede Steuerzahlerin und jeden Steuerzahler in diesem Jahr durchschnittlich nur 1,80 Euro im Monat kosten. 1,80 Euro – das ist doch finanzierbar. Das sollte Ihnen die Umsetzung des Prinzips „Gleiche Rente für gleiche Lebensleistung“ wert sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn die Löhne und Gehälter in den östlichen Bundesländern im Durchschnitt 100 Prozent der Löhne und Gehälter der westlichen Bundesländer erreicht haben werden, dann ist auch die Linke dafür, die Umrechnung der ostdeutschen Löhne für die Rente abzuschaffen, aber eben erst dann und nicht vorher.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ja noch Jahre dauern!)
Ansonsten bekäme die Friseurin in Weimar für die gleiche Menge an frisierten Ostköpfen nicht nur weniger Lohn als die Friseurin in Nürnberg für die gleiche Zahl an frisierten Frankenköpfen, sondern auch noch weniger Rente für die völlig gleiche Leistung, und das ist nicht in Ordnung.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich komme zum Schluss. Unser Antrag beruht im Kern auf dem Stufenmodell des Bündnisses für die Angleichung der Renten in den neuen Bundesländern. Dazu gehören Verdi, die GEW, die EVG, die GdP und die Volkssolidarität, der Sozialverband Deutschland, die Arbeiterwohlfahrt, der Beamtenbund und sogar der BundeswehrVerband. Deswegen sage ich: Liebe Große Koalition, liebe Frau Nahles, hören Sie auf dieses breite Bündnis! Erkennen Sie endlich die Lebensleistung der Ostdeutschen an!
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)
Das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung zur Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo, Drucksachen 18/1415und 18/1653, liegt vor: abgegebene Stimmen 598. Mit Ja haben gestimmt 532, mit Nein haben gestimmt 59, Enthaltungen 7. Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen.
Als nächster Rednerin in unserer Debatte erteile ich das Wort Jana Schimke, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3490764 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Angleichung der Renten in Ostdeutschland |