Hans-Peter UhlCDU/CSU - Anerkennung für Peacekeeper
Sehr geehrte Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Präambel des Grundgesetzes erteilt uns bereits den Auftrag, für den Frieden in der Welt zu sorgen. Ich glaube, ein stabiles und wirtschaftlich prosperierendes Deutschland hat auch die Verantwortung, für den Frieden in der Welt einzutreten.
Als die Präambel geschrieben wurde, konnte man sich die vernetzte und globalisierte Welt von heute noch nicht vorstellen, eine Welt mit einem Europa ohne Grenzen. Wie soll da der soziale Friede in Deutschland gewährleistet werden, wie wollen wir angesichts dieser neuen Welt unsere Sicherheit erhalten?
Wir sind abhängiger geworden von scheinbar weit entfernten Regionen. Deswegen erwächst daraus die Verantwortung, uns um diese Regionen zu kümmern. Wir müssen dafür sorgen, dass in weit entfernten Regionen mit unserer Hilfe rechtsstaatliche Strukturen und funktionierende Sicherheitsbehörden eingerichtet werden.
Ich gebe Ihnen ein Beispiel – sehr aktuell –: Nigeria. In Nigeria leben bereits heute 170 Millionen Menschen. Es sind mehr als doppelt so viele Menschen wie in Deutschland. Das Durchschnittsalter in Nigeria beträgt 19 Jahre. Es wird erwartet, dass sich die Bevölkerung bis zum Jahr 2050 – nicht so weit weg – verdreifacht. Wie sieht es in diesem Land mit dieser großen Bevölkerungszahl aus? Zwei Drittel leben schon jetzt in Armut. Was islamistische Kräfte, wie zum Beispiel Boko Haram mit der Massenentführung von 230 Schulmädchen, anrichten können, wissen wir alle.
Das heißt, das Konfliktpotenzial in solchen Regionen mit einem solch ungeheuren Bevölkerungswachstum wächst von Tag zu Tag. Diese wachsende junge Generation, die in Armut und Gewalt aufwächst, will auch ein friedliches Leben in Wohlstand und mit Perspektive erreichen und für sich einklagen. Das heißt, auch sie wollen glücklich werden und suchen deshalb ihr Glück in anderen Ländern. Wer sollte ihnen das übel nehmen? Sie suchen ihr Glück bei uns. Ich glaube, auch wir würden dies so tun, wenn wir in deren Lage wären. Das heißt, massenhafte Migrationswellen in Richtung Europa sind unumgänglich. In diesem Jahr rechnen wir mit circa 200 000 neuen Asylbewerbern. Das ist nur ein Zwischenergebnis.
Wir sollten also alles tun, um Hilfe zur Selbsthilfe in solchen Regionen und Ländern zu organisieren. Wir müssen das Konfliktmanagement in diesen Ländern stärken. Wir müssen Sicherheitskräfte ausbilden, sie beraten und sie ausrüsten. Wir müssen für rechtsstaatliche Grundsätze sorgen. Wir müssen unser Rechtssystem, soweit es dort passt, zu übertragen versuchen. Wir haben hiermit einen Markenartikel auf der ganzen Welt. Unser Rechtsstaat, den wir uns nach vielen Irrungen und Wirrungen in unserer Geschichte geschaffen haben, der in den letzten Jahrzehnten erprobt und eingeübt wurde, ist ein Markenartikel auf der ganzen Welt, mit dem wir uns sehen lassen können. Wir sind auch willkommen.
Mehr Polizei, mehr zivile Sicherheitskräfte und nicht mehr Soldaten ist die Losung des Tages. Das entspricht auch dem Geist des Afrika-Papiers, das in dieser Woche im Auswärtigen Ausschuss präsentiert wurde, in dem vor allem von zivilen Sicherheitskräften die Rede ist. Meine Damen und Herren von der Opposition, wir sollten nicht künstlich einen Konflikt herbeireden, der nicht da ist. Wir sind uns darin einig, dass die zivilen Sicherheitskräfte wichtiger sind als militärische Einsätze.
Ich glaube auch, dass wir diesbezüglich eine Grundsatzdebatte in diesem Hause brauchen, und zwar aus mehreren Gründen: Wir haben den Vorsatz, mehr zu tun, aber es fehlt in der Tat noch am Vollzug. Wir sollten angesichts der komplizierten Struktur unserer polizeilichen Kräfte in einem föderalen Deutschland mit 16 Ländern und dem Bund endlich dafür sorgen, dass eine Struktur entsteht, bei der wir in großer Zahl Polizeikräfte zur Ausbildung in das Ausland schicken können. Dies sollte hier diskutiert werden. Es sollte nicht der einzelne Einsatz legitimiert werden, sondern es sollte im Bundestag eine Grundsatzdebatte über die Frage geführt werden, in welcher Art und Weise und unter welchen Bedingungen wir ins Ausland gehen. Das ist mein Vorschlag.
Ich glaube, es gibt genügend Menschen, die dazu bereit sind, ins Ausland zu gehen. Dies ist angesichts unserer Polizeistrukturen keine Frage von Planstellen und Kosten. Wir haben bei den Ländern und beim Bund genügend pensionierte Polizeibeamte von 60 Jahren, die gern bereit sind, ihre Expertise freiwillig in verschiedenen Teilen der Welt einzubringen. Man muss nicht unsere Polizeistrukturen sozusagen entvölkern, um im Ausland tätig zu sein. Das alles ist möglich.
Wir sollten unseren Koalitionsvertrag, in dem wir dies alles formuliert haben, aber auch die „Afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung“ ernst nehmen, umsetzen und zur Tat schreiten – daran fehlt es –, indem wir ganz konkrete Beispiele umsetzen, die wir bisher so noch nicht haben. Ich möchte mich bei all denen bedanken, die sich dieser Aufgabe stellen und ihren Beitrag dazu leisten. Ich möchte insbesondere die Opposition bitten, nicht etwas künstlich zu zerreden, das von uns allen bereits als gemeinsames Engagement anerkannt worden ist und das nur noch hier oder da der Umsetzung bedarf.
Wir alle wollen letztlich dasselbe: Wir wollen den Frieden in der Welt erhalten. Wir danken den Menschen, die für andere Menschen da sind. Wir wollen alles tun, damit wir möglichst wenigen Menschen Grund geben, ihr Leben bei uns leben zu müssen, weil ihres in der Region, in der sie leben, unerträglich geworden ist, zum Beispiel in Nigeria. Wir wollen, dass ein Land mit einer hohen Bevölkerungszahl wie Nigeria selbstständig für Sicherheit, Ordnung, Frieden und Wohlstand sorgen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Kollege Dr. Karl-Heinz Brunner hat nun für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3490962 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Anerkennung für Peacekeeper |