05.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 39 / Zusatzpunkt 1

Karl-Heinz BrunnerSPD - Anerkennung für Peacekeeper

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Verehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor zwei Wochen stand ich mit einigen Kolleginnen und Kollegen auf dem Maidan, dem Platz der Unabhängigkeit in Kiew. Es war gutes Wetter, die Familien gingen spazieren, Kinder tobten herum. Es herrschte eine fast ausgelassene Stimmung vor all den Barrikaden, ausgemusterten Panzern und Bildern von zahllosen Toten, dort, wo manch einer eine Träne verdrückte und Blumen niederlegte.

Das Wochenende und die Präsidentenwahl standen vor der Tür. Wir hatten aus der Presse erfahren, dass alle politischen Kräfte in diesem Land Einfluss haben können, wovon wir bisher gar keine Ahnung hatten. Doch eines hätte ich nie für möglich gehalten: Die Augen der Menschen strahlten vor Zuversicht, die die Krise fast vergessen ließ. Bei jedem Gespräch, das ich als Mitglied der deutschen NATO-PV-Delegation, als Deutscher, als EU-Bürger geführt habe, war diese aufrichtige Zuversicht und Offenheit sichtbar. Mir wurde klar: Die Menschen – ob in der Ukraine oder anderswo auf der Welt – wollen nach Umbrüchen, nach teilweise verheerender Politik endlich Ruhe, und sie wollen eine Perspektive.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was heißt das für uns? Die Menschen erwarten von uns keine Wunder, sie erwarten kein überambitioniertes NATO- Engagement, sie erwarten keine Mitgliedschaften, kein Geld sofort, keine warmen Worte oder Anschuldigungen. Sie erwarten von uns eigentlich nichts anderes als eine klare Linie, eine Position, mit der man arbeiten kann. Ich bin davon überzeugt: Wir haben uns lange gedrückt, doch jetzt müssen wir über die Möglichkeiten und Grenzen von Außenpolitik, Friedenspolitik und nicht zuletzt über unsere Rolle, die Rolle Deutschlands, diskutieren.

In dieser Debatte reicht es nicht, sich in unbekümmertem Vertrauen zu wiegen. Ich finde – und ich zitiere frei unseren Außenminister Frank-Walter Steinmeier –, unsere Kultur der Zurückhaltung darf nicht zu einer Kultur des Heraushaltens und schon gar nicht zu Gleichgültigkeit werden. Wir sind keine Insel – wir sind das in keiner Hinsicht –, und ich sage: Gott sei Dank sind wir eingebettet in der Mitte Europas.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, was können wir tun, um unsere Nachbarschaft zu stabilisieren? Im Osten? In Afrika? Tun wir alles, um unseren Beitrag zum Frieden zu leisten? Was müssen wir tun gegen den Terrorismus? Denn er ist da, und er wird in seiner Brutalität nichts einbüßen, wenn wir uns einigeln. Interessieren wir uns überhaupt für manche Gegenden dieser Welt? Engagieren wir uns humanitär und militärisch ausreichend dort, wo unsere Stärken liegen, nämlich in der Konfliktprävention, in der Mittlerrolle, als Scharnier zwischen Mächten, als Scharnier, das Krieg vermeidet? Diese Fragen sind vielschichtig, und wir haben keine eindeutigen Antworten. Entgegen jeder Verschwörungstheorie führt das aber nicht zwangsläufig zu mehr Militär.

Die Debatte darüber – angestoßen von unserem Außenminister Frank-Walter Steinmeier, von unserem Bundespräsidenten und von unserer Bundesverteidigungsministerin – kann Klarheit schaffen, und ich bin fest davon überzeugt: Sie muss auch Klarheit schaffen. Insofern verdient der Antrag der Grünen zu den Peacekeepern wenige Tage vor dem 11. Juni, an dem der „Tag des Peacekeepers“ begangen wird, Anerkennung und Respekt. Er enthält gute Bausteine, er zeigt in die richtige Richtung.

Was mir allerdings noch mehr am Herzen liegt – denn es hängt damit innerlich zusammen; es leistet hervorragende Arbeit und denkt einen Schritt weiter –, ist das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze selbst. Das ZIF vermittelt trotz eines viel zu unsicheren Budgets zivile Expertinnen und Experten in Missionen der OSZE, der EU oder der Vereinten Nationen. Sie vermitteln ein Bild von und Erwartungen an Deutschland, die ich auch bei der Mission in der Ukraine erfahren habe: Verantwortung übernehmen, Friedenseinsätze mit Weitblick, konkrete vertrauenswürdige Außen- und Sicherheitspolitik. Diesen Erwartungen müssen wir gerecht werden. Das lohnt sich nicht nur für die Menschen, sondern auch für uns und vor allen Dingen für die Wertschätzung der Peacekeeper.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Michael Vietz für die CDU/ CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3490963
Wahlperiode 18
Sitzung 39
Tagesordnungspunkt Anerkennung für Peacekeeper
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