05.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 39 / Tagesordnungspunkt 13

Carsten SielingSPD - Beaufsichtigung des Grauen Kapitalmarktes

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte als Erstes sagen, dass ich mich ausgesprochen freue, Frau Kollegin Karawanskij, dass Sie sich in Ihrer Rede sehr ausführlich auf das 22-Punkte-Papier der beiden zuständigen Minister, nämlich des Ministers der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, und des Ministers der Finanzen, Herrn Schäuble, bezogen haben, das dazu dient, die Beratungen über das voranzubringen, was wir in der Großen Koalition auf der Grundlage unseres Koalitionsvertrags zum Schutz der Sparerinnen und Sparer, der Anlegerinnen und Anleger sowie aller Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch zur weiteren Regulierung der Finanzmärkte auf den Weg bringen wollen. Das ist doch eigentlich ein gutes Zeichen für die Debatte in diesem Parlament.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir von der Koalition können stolz darauf sein, dass wir nun diesen Weg gehen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Wir sind in der glücklichen Situation, dass schon in der vergangenen Legislaturperiode an verschiedenen Stellen Schritte gemacht wurden, auch wenn diese teilweise unterschiedlich bewertet wurden. Wir sind allein schon deshalb weiter, weil mittlerweile in diesem Parlament in der Frage betreffend die notwendige Regulierung und den Schutz der Sparerinnen und Sparer sowie der Anlegerinnen und Anleger und die Vermeidung von Fehlentwicklungen eine ganz große Koalition besteht. Das war in der letzten Legislaturperiode noch nicht der Fall. Hier können wir gute Fortschritte verzeichnen. Wir werden nun Lücken schließen müssen.

Kollegin Heil hat schon einige Punkte des Antrags der Linksfraktion angesprochen. Wir werden und können den dort skizzierten Weg so nicht mitgehen. Angesichts der Aufgaben, vor denen wir stehen, darf man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Es gibt eine fachliche und eine politische Dimension. Die fachliche Dimension besteht darin, dass man keine Maßnahmen ergreifen darf, die am Ende negative Effekte für die Menschen, um die es uns geht, haben werden. Das Problem des Provisionsverbots – ich komme gleich darauf zurück – ist angesprochen worden. Wenn man so vorgeht, wie Sie es vorschlagen, wird man dieselben negativen Erfahrungen machen, die die Briten gemacht haben. In Großbritannien gibt es das Verbot. Das ist schlecht für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Darum gehen wir einen solchen Weg nicht mit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Man muss auch beachten, dass man am Ende politische Wege suchen muss. Auch da darf man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Man muss unterschiedliche Kräfte bündeln und Mehrheiten finden. Auch dazu sind Teile Ihrer Vorschläge nicht geeignet.

Ich will an der Stelle den zweiten Punkt aus meiner Sicht ansprechen. Das ist der sich gut anhörende Vorschlag eines Finanz-TÜVs. Das Problem besteht darin, dass wir insgesamt 1 Million Produkte haben, die sich zu einem großen Teil immer wieder verändern, weil sie sehr individuell zugeschnitten werden und in dem Zusammenhang neu konstruiert werden. Wenn Sie alle diese Produkte einer Behörde, in dem Fall der BaFin, übergeben wollen – das wäre eine Superbehörde für eine Superaufsicht –, dann wird das nicht klappen. Die BaFin wird nicht hinterherkommen können, die Aufsicht wird nicht wirksam sein. Deshalb lehnen wir den Finanz-TÜV ab und halten seine Einführung für einen Schritt in die falsche Richtung.

Ich habe gesagt, dass es an der Stelle eine ganz große Koalition gibt. Die haben wir natürlich auch deshalb – das hat sich so gesellschaftlich herausgebildet –, weil wir mit S&K, Phoenix, aber natürlich auch zuletzt Prokon Fälle haben, die wir angehen müssen. Ich will deshalb auf das kommen, was die Zukunft in unserem Land bestimmen wird, nämlich das Eckpunktepapier, das von den beiden zuständigen Ministerien vorgelegt worden ist.

Es ist nicht so, wie der Eindruck zu erwecken versucht wurde, dass damit nur – „nur“ in Anführungsstrichen – Verbraucherschutz betrieben wird. Natürlich wird Verbraucherschutz betrieben, aber es wird auch eine Regulierung der Anleger und der Finanzmärkte geben. Es wird zum Beispiel die Frage des Vertriebs aufgegriffen, und die Werbung soll eingeschränkt werden. Dazu möchte ich zwei Zahlen nennen, die einen wirklich erschrecken und die deutlich machen, wie wirksam es sein wird, wenn wir die Werbung für gewisse Produkte einschränken.

Prokon hatte einen Werbeetat für seine Produkte in Höhe von 85 Millionen Euro. Irgendwie musste das, was über die Bildschirme flackerte, bezahlt werden. Der Automobilkonzern Ford hat einen Jahresetat von 100 Millionen Euro für seine Werbung. Wenn man die beiden Zahlen ins Verhältnis setzt, sieht man, welcher Aufwand bei Prokon betrieben worden ist und was für eine verzerrte Vertriebsstrategie gefahren worden ist. Dass das eingeschränkt wird, ist, glaube ich, eine sehr wichtige Angelegenheit.

Die zweite wichtige Angelegenheit, an der wir arbeiten werden, ist, dass die BaFin natürlich eine erweiterte Aufgabe erhält. Wir als SPD haben lange gefordert, dass sie auch die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz erhält. Das ist ein Riesenschritt voran, weil sie dann natürlich – aber nur in Fällen, in denen es richtig schiefgehen kann – auch die Möglichkeit haben wird, Produkte zu verbieten. Das Instrument muss sie auch bekommen, wenn sie wirksam und durchschlagend sein will. Sie soll aber nicht Genehmigungen für 1 Million Produkte erteilen, sondern gezielt vorgehen, quasi mit dem Florett arbeiten, um diejenigen, die den Markt ausnutzen und Übergriffe tätigen, aus dem Markt zu nehmen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lassen Sie mich noch eines zum Schluss sagen. Wir werden große Schritte vorangehen, indem wir auch Maßnahmen ergreifen, um den kollektiven Verbraucherschutz zu stärken, beispielsweise mit dem Aufbau von Marktwächtern. Auch das sagt das Eckpunktepapier der beiden Ministerien. Aber wir werden auch – auch Kollegin Heil hat das hier schon angesprochen; das ist ein wichtiges Vorhaben – dafür sorgen, dass ein Wettbewerb zwischen jetziger provisionsorientierter Beratung und zukünftiger Honorarberatung stattfindet. Wir müssen Honorarberatung auf Augenhöhe ermöglichen. Das werden wir mit dem, was wir machen, schaffen. Das ist vernünftiger als das, was Sie heute hier vorlegen. Aber vielleicht bringen wir ja eine konstruktive Diskussion zustande, und am Ende steht bei der Beschlussfassung über das, was dieses Haus irgendwann als Gesetzentwurf erreicht, eine große und das ganze Haus umfassende Mehrheit. Ich glaube, das wäre gut, um den Grauen Kapitalmarkt einzuschränken und die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Dr. Gerhard Schick für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3491055
Wahlperiode 18
Sitzung 39
Tagesordnungspunkt Beaufsichtigung des Grauen Kapitalmarktes
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta