Martin RosemannSPD - SGB II – personalrechtliche Bestimmungen
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dieser späten Stunde beraten wir abschließend über den Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch. Es geht um drei unterschiedliche Aspekte personalrechtlicher Bestimmungen. Es geht um drei Regelungen, die für Klarheit und Rechtssicherheit für die Arbeit der Jobcenter sorgen sollen. Erstens geht es um die Zuständigkeit bei datenschutzrechtlichen Ordnungswidrigkeiten. Es gibt bisher eine unklare sachliche Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung bei datenschutzrechtlichen Ordnungswidrigkeiten. Die Klarstellung, die durch das Gesetz der Bundesregierung hier vorgenommen werden soll, besteht darin, dass für kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den gemeinsamen Einrichtungen die oberste Landesbehörde sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit das Ministerium für Arbeit und Soziales zuständig ist.
Zweitens geht es um Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung gegenüber der Rentenversicherung. Das Problem, das sich dahinter verbirgt, ist, dass insbesondere nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 31. Oktober 2012 Unsicherheit über die Entstehung von Erstattungsansprüchen der Jobcenter besteht. Es geht um den Fall, dass ein Jobcenter, also der Träger der Grundsicherung, in Vorleistung durch Leistungen des SGB II getreten ist und es dann rückwirkende Leistungen durch den Rententräger – konkret: Erwerbsminderungsrenten – gibt. Hier wird durch das Gesetz klargestellt, dass es in Zukunft einen Rückerstattungsanspruch der Träger der Grundsicherung, also der Jobcenter, gegenüber den Trägern der Rentenversicherung gibt.
Drittens geht es – das ist wohl der politisch bedeutendste Punkt – um die Verstetigung der Zuweisung von Tätigkeiten und damit von Personal bei den gemeinsamen Einrichtungen. Hintergrund ist, dass die Regelungen zur gesetzlichen Erstzuweisung von Tätigkeiten in die gemeinsamen Einrichtungen bis Ende 2015 befristet sind und dass daher dringend eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werden muss. Die Lösung, die uns mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vorliegt, ist, eine unbefristete Rechtsgrundlage für die Zuweisung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Jobcenter zu schaffen, und zwar für bereits in den Jobcentern tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zukunft ohne Zustimmung des Geschäftsführers oder der Geschäftsführerin und für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin mit Zustimmung des Geschäftsführers oder der Geschäftsführerin der jeweiligen Grundsicherungsstelle. Bei dringendem dienstlichen Interesse ist in Zukunft auch eine Zuweisung ohne die Zustimmung des Betroffenen möglich – allerdings, und das betone ich: nur bei dringendem dienstlichen Interesse. Damit werden die Hürden sehr hoch gelegt. Die Möglichkeit der Rückkehr der Beschäftigten in die Kommune oder die Bundesagentur für Arbeit bleibt durch die gesetzliche Neuordnung unberührt.
Mit diesen Lösungen sorgen wir für eine Verstetigung des Personals in den Jobcentern. Wir schaffen damit mehr Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Planungssicherheit für ihre berufliche Zukunft, aber auch in privater Hinsicht. Wir schaffen weiterhin Sicherheit für die Jobcenter selbst hinsichtlich ihrer Personalentwicklung, und wir sorgen damit auch dafür, dass der Betreuungsprozess der Kundinnen und Kunden in den Jobcentern kontinuierlicher erfolgen kann.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist besonders wichtig, weil der Erfolg des Betreuungsprozesses gerade von der Beziehung des Betreuers zum Kunden abhängt. Darüber hinaus ist es so, dass wir durch die dauerhafte Zuweisung erst die Grundlage dafür legen, dass vernünftige Personalentwicklung und Personalqualifizierung in den Jobcentern betrieben werden kann. Das ist eine zentrale Voraussetzung für einen guten Betreuungs- und Beratungsprozess.
(Beifall bei der SPD)
Warum ist das so wichtig? Es handelt sich bei der Arbeit, die die Menschen in den Jobcentern verrichten, um eine Dienstleistung von Menschen an Menschen. Es handelt sich um eine Dienstleistung gegenüber Kundinnen und Kunden mit häufig sehr komplexen Problemlagen und Vermittlungshemmnissen. Das stellt sehr hohe Anforderungen an die Leute, die in den Jobcentern arbeiten, an ihre soziale Kompetenz, die sehr hoch sein muss, an ihre Empathie, Gesprächsführung und ihre Konfliktfähigkeit.
Es setzt voraus, dass die Leute, die in den Jobcentern arbeiten, auch komplexe Problemlagen erkennen. Es setzt voraus, dass sie gemeinsam mit den Kunden Problemlösungsstrategien entwickeln und mit den Kunden die Problemlösung dann auch angehen. Es setzt voraus, dass man erkennt, wenn eine Problemlösungsstrategie eben nicht zum Ziel führt, und dass man dann in der Lage ist, diese zu ändern. Es setzt voraus, dass man weiß, welche Instrumente, welche Hilfe man einsetzen kann, um Menschen wieder Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu vermitteln. Es setzt eine gute Kenntnis der Arbeitsmarktlage und die Kenntnis vieler unterschiedlicher Berufe voraus.
Das ist in meinen Augen eine Qualifikationsanforderung, die sehr komplex ist, was häufig der Öffentlichkeit und auch vielen hier im politischen Raum nicht so klar ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Das macht deutlich, dass es gerade auf einen guten und auf einen stabilen Personalkörper in den Jobcentern ankommt.
Wir schaffen mit dem heutigen Gesetzentwurf wichtige Grundlagen, um an der Ausgestaltung und Qualität dieses Personalkörpers weiterzuarbeiten. Wir wissen auch, dass das nur die ersten Grundlagen sind, dass wir als politisch Verantwortliche in Regierung und Parlament aufgerufen sind, daran weiter zu arbeiten. Ich glaube, dass gute Betreuungsschlüssel und eine gute Qualität der Betreuung durch qualifiziertes Personal letztlich die beste Voraussetzung dafür sind, um Langzeitarbeitslosen in Deutschland wieder eine bessere Perspektive zu geben.
Wir legen dafür heute die Grundlagen, und ich begrüße ausdrücklich, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auch mit einem eigenen Gutachten die Personalsituation in den Jobcentern, insbesondere im Leistungsbereich, genauer unter die Lupe nimmt. Ich denke, wir müssen gemeinsam die Voraussetzungen weiter dafür schaffen, in die Qualität der Betreuung und in die Qualität des Personals in den Jobcentern zu investieren.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Für die Fraktion Die Linke erhält jetzt die Kollegin Sabine Zimmermann das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3491170 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | SGB II – personalrechtliche Bestimmungen |