06.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 40 / Tagesordnungspunkt 27

Matthäus StreblCDU/CSU - Sanktionen bei Hartz IV und Sozialhilfe

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Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über den Antrag „Sanktionen bei Hartz IV und Leistungseinschränkungen bei der Sozialhilfe abschaffen“ der Linken. Um es gleich vorwegzusagen: Die vornehmste Aufgabe des deutschen Sozialstaats ist es, einen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, der nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten, finanziell zu unterstützen. An dieser Aufgabe werden wir nach wie vor festhalten.

Jedem kann es passieren, dass er unverschuldet in eine Notlage gerät, und dann sollte er nicht allein zurückgelassen werden und nicht sich selbst überlassen werden.

Wenn wir uns jetzt mit dem Kapitel 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch befassen, müssen wir uns die Stichwörter Fördern und Fordern als grundlegende Maßstäbe vergegenwärtigen. Neben ihrer Regelleistung, den Kosten für Unterkunft und Heizung, können Bezieher von Arbeitslosengeld II weitere Unterstützung erhalten. Ich nenne hier Qualifizierungsmaßnahmen, Umschulungen, finanzielle Unterstützung beim Umzug oder beim Führerschein und Coaching. Dies sind nur einige der vielen Maßnahmen, die bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt helfen.

Aber wir müssen uns auch dem Stichwort Fordern widmen. Dabei müssen wir uns vor Augen halten, dass das Arbeitslosengeld II nur eine temporäre Unterstützung sein sollte und nicht zur Dauerleistung im Sinne einer Bürgerrente oder ein bedingungsloses Grundeinkommen werden darf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darin unterscheiden wir uns von der Antragstellerin. Der Arbeitslosengeld-II-Bezieher wird aktiv gefordert, seine Hilfsbedürftigkeit zu beenden. Allein gelassen wird er dabei auch nicht. Unterstützung erhält er zum Beispiel durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Jobcentern und den Trägern. Dafür muss er Meldetermine in den Jobcentern wahrnehmen.

Nur in einem persönlichen Gespräch können Qualifizierungsmöglichkeiten oder Stellenausschreibungen angeboten werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bemüht, Meldeversäumnisse zu verhindern. Ein neuer Weg ist zum Beispiel die kostenlose Erinnerung per SMS durch das Jobcenter einen Tag vor dem Termin. Allein im März dieses Jahres wurden fast 500 000 SMS an Arbeitslosengeld-II-Bezieher versandt. Diese Zahl ist bezeichnend.

Mit jeder Einladung zu einem Meldetermin erhält der Arbeitslose auch eine Rechtsfolgenbelehrung für den Fall, dass er nicht zum Termin erscheint.

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Richtig!)

Außerdem erfolgt bei Nichterscheinen nicht gleich eine Kürzung der Leistung. Der Arbeitslose erhält zunächst die Möglichkeit einer Anhörung mit einer erneuten Rechtsfolgenbelehrung. Ihm bleibt somit offen, die Entschuldigungsgründe zu benennen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, entgegen der weitverbreiteten Auffassung werden Sanktionen nicht willkürlich und plötzlich erlassen. Liegt kein wichtiger Grund vor und die Sanktion wird erlassen, hat das nicht zur Folge, dass der Arbeitslose keine Unterstützung mehr bekommt. Er kann dann immer noch ergänzende Sachleistungen beantragen.

Außerdem kann von dem Leistungsbezieher erwartet werden, dass er alles Mögliche unternimmt, um sich aus dem Leistungsbezug zu lösen. Dazu gehört eben auch, dass man sich eine Arbeit sucht, die nicht immer den eigenen Fähigkeiten oder Vorlieben entspricht. Aber auch hier werden Grenzen der Zumutbarkeit nach § 10 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch beachtet. Jeder Leistungsbezieher hat die Möglichkeit, zunächst eine nicht so beliebte Tätigkeit aufzunehmen, sich aber trotzdem weiterhin auf andere Jobs zu bewerben. Somit kann eine Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit verhindert werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Tätigkeit ist zum Beispiel dann nicht zumutbar, wenn jemand körperlich dazu nicht in der Lage ist oder wenn durch die Ausübung der Arbeit die Erziehung des Kindes gefährdet wäre.

Entgegen der Auffassung der Linken teilen wir die Ansicht, dass Sanktionen weder gegen das Grundrecht der Berufswahlfreiheit noch gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verstoßen. Auch bleibt es mir unverständlich, welchen Weg die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter wählen sollen, wenn sich diejenigen, die Leistungen beziehen, jeglicher Mitwirkung entziehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei aller Kritik, meine sehr verehrten Damen und Herren, die an den Sanktionen geäußert wird, darf eines nicht vergessen werden: Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sind steuerfinanzierte Leistungen, die von der Allgemeinheit aufgebracht werden. Die Allgemeinheit kann erwarten, dass jemand, der vorsätzlich und in Kenntnis aller Rechtsfolgen nicht dazu beiträgt, seine Hilfsbedürftigkeit zu überwinden, mit Konsequenzen rechnen muss. Das ist auch die Grundlage der sozialen Marktwirtschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, die Regelungen und auch die Praxis der Sanktionen im SGB II auf ihre Wirkung zu überprüfen. Dieser Aufgabe werden wir uns effizient widmen. Wir wollen im Herbst erste Ergebnisse vorlegen.

Zusammenfassend kann zum Schluss gesagt werden: Im Ergebnis halten wir an Sanktionen und Leistungseinschränkungen im Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch fest. Wir werden deshalb den Antrag der Linken ablehnen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Strebl. – Für die Sozialdemokraten spricht jetzt die Kollegin Daniela Kolbe.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3492431
Wahlperiode 18
Sitzung 40
Tagesordnungspunkt Sanktionen bei Hartz IV und Sozialhilfe
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