Ralf KapschackSPD - Künstlersozialabgabesatz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Gruß an die Zuschauer auf der Besuchertribüne! „ Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“ – diese Erkenntnis stammt von Karl Valentin, dem genialen bayerischen Künstler, der am Mittwoch 132 Jahre alt geworden wäre. Ja, Kunst und Kultur machen Arbeit, aber sind auch Arbeit; sie sind für viele Künstlerinnen, Künstler und freie Autoren – auch um sie geht es heute – Quelle des Lebensunterhalts. Sie leben häufig in prekären Verhältnissen. Deshalb ist es notwendig, ihnen einen sicheren Zugang zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu gewährleisten;
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
das war die Idee, als die Künstlersozialversicherung 1981 ins Leben gerufen wurde.
Der SPD-Abgeordnete Egon Lutz hat den Gesetzentwurf damals so begründet – mit Genehmigung des Präsidenten zitiere ich aus dem Protokoll –:
Aus heutiger Sicht wäre es also schändlich, durch Nichtstun die Künstlersozialversicherung vor die Wand fahren zu lassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Künstlersozialversicherung ist einzigartig in Europa, und sie ist Ausdruck der Wertschätzung für die vielen Kulturschaffenden, die mit ihrer Arbeit diese Gesellschaft bereichern und etwas lebenswerter machen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Zurzeit sind 180 000 von ihnen über diesen Weg abgesichert.
Die Finanzierung der Künstlersozialversicherung ist eine solidarische: über die Beiträge der Versicherten, über den Bundeszuschuss und über die Beiträge der Unternehmen und Einrichtungen, die Aufträge an freischaffende Künstler und Publizisten vergeben, die sogenannten Verwerter. Genau da liegt der Hase im Pfeffer: Es ist offensichtlich, dass einige Unternehmen ihrer Zahlungspflicht nicht nachkommen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat es noch abgelehnt – das ist schon erwähnt worden –, eine gesetzliche Überprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung auf den Weg zu bringen. Die Große Koalition dagegen hat vereinbart, die Künstlersozialkasse zu erhalten und zu stabilisieren.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb ist der vorliegende Gesetzentwurf konsequent. Er ist ein konkreter, dringend notwendiger Schritt hin zu mehr Abgabengerechtigkeit und damit zur Beitragssatzstabilität; denn durch die verstärkten Prüfungen werden auch die Verwerter herangezogen, die sich bisher ihrer Zahlungspflicht entzogen haben. Davon profitieren alle – wir haben es schon gehört –, weil die Chance, den Beitragssatz stabil zu halten, mit höheren Einnahmen größer wird.
In der Diskussion ist mir in der Tat das Argument begegnet, durch die Ausweitung der Prüfungen würden Unternehmen unter Generalverdacht gestellt. Das ist natürlich völliger Unsinn.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Dass der Staat kontrolliert, dass geltendes Recht durchgesetzt wird, ist für mich nicht besonders bemerkenswert, sondern eigentlich selbstverständlich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Mangelnde Kontrolle hat dazu geführt, dass längst nicht alle Unternehmen, die dazu verpflichtet wären, die Abgabe zahlen. Das kann aus Unkenntnis, aber auch aus anderen Gründen so sein. Beim Deutschen Kulturrat ist uns erzählt worden, dass Steuerberater ihre Unternehmen animiert haben, sich der Zahlungspflicht zu entziehen, weil ja gar nicht geprüft würde. An diesem Beispiel kann man sehen, dass da einiges im Argen liegt. Durch die regelmäßige Prüfung, alle vier Jahre, wird der Druck erhöht, der Zahlungspflicht nachzukommen. Wir finden das gut so.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Gleichzeitig gibt es eine Bagatellgrenze, um den bürokratischen Aufwand für die Verwerter in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Das ist für eine ganze Reihe von ihnen eine deutliche Entlastung. Aus unserer Sicht gibt es auch einen ausreichenden Schutz der ehrenamtlich Tätigen, zum Beispiel der Musikvereine. Wir sehen hier keine unzumutbare Belastung und auch keine Notwendigkeit für Sonderregelungen. Wir werden gleich möglicherweise noch etwas dazu hören.
Es taucht immer wieder die Frage auf: Brauchen wir die Künstlersozialkasse eigentlich als eigene Einrichtung? Unsere Antwort ist: Ja. Als Ziel haben wir Sozialdemokraten allerdings nach wie vor die Ausweitung der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung, in der dann auch alle Selbstständigen pflichtversichert wären.
(Beifall bei der SPD)
Bis dahin steht die SPD zur Künstlersozialversicherung. Aber wir wissen natürlich – das ist vom Kollegen Strengmann-Kuhn vorhin schon angesprochen worden –, dass das nicht reicht, um die soziale Lage der Künstler und freischaffenden Publizisten grundlegend zu verbessern. Wir sind uns dessen durchaus bewusst. Zu einer Verbesserung gehört zum Beispiel ein leichterer Zugang zum Arbeitslosengeld I. Darüber werden wir in nächster Zeit sprechen. Mit großem Interesse wird im Kulturbereich auch unser Plan zur solidarischen Lebensleistungsrente verfolgt.
Das hat Albert Schweitzer gesagt. Es gibt noch einiges zu tun. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das in diesem Haus mit einer großen Mehrheit hinbekommen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vielen Dank. – Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist die Kollegin Dr. Astrid Freudenstein, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Matthias Bartke [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3492534 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 40 |
Tagesordnungspunkt | Künstlersozialabgabesatz |