06.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 40 / Tagesordnungspunkt 29

Jan van AkenDIE LINKE - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Frankreich im Januar 2013 im Alleingang in Mali intervenierte, haben wir das scharf kritisiert. Wir haben damals auch kritisiert, dass die Bundesregierung Frankreich sofort militärische Unterstützung angeboten hat; denn damals wie heute – das ist Ihnen wahrscheinlich genauso klar wie mir – ging es Frankreich nicht um die Menschen in Mali. Es geht nicht um den Schutz der Zivilbevölkerung oder um die Menschenrechte, sondern als ehemaliger Kolonialmacht geht es Frankreich natürlich um regionalen Einfluss und auch um den Zugriff auf die Ressourcen in der Region.

Leider hat der UNO-Sicherheitsrat vor einem Jahr beschlossen, Frankreich mit einem Militäreinsatz – MINUSMA – zu unterstützen. Diesen wollen Sie heute verlängern, und wieder einmal sind Ihre beiden Argumente – das läuft doch gut und ist erfolgreich und außerdem weiterhin nötig – falsch. Das wissen Sie auch.

(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Und Sie wissen wieder mal alles besser!)

Ein Blick in den jüngsten Mali-Bericht des UN-Generalsekretärs spricht hier eigentlich Bände: Die Sicherheitslage im Norden des Landes ist katastrophal. Die Gewalt durch bewaffnete Gruppen hat in den letzten drei Monaten massiv zugenommen; es gab allein 25 Raketenangriffe, und das, obwohl mehr als 7 000 MINUSMA-Soldaten und zusätzlich 3 000 französische Soldaten im Land sind!

(Wilfried Lorenz [CDU/CSU]: Das ist zu wenig!)

In Kidal, im Nordosten des Landes, gab es am 17. Mai 2014 wieder offene Kämpfe zwischen malischen Soldaten und der MNLA. Die MNLA, die Nationale Befreiungsbewegung für Azawad, ist eine überwiegend aus Tuareg bestehende Bewegung. Sie will im Norden einen eigenen Staat errichten. Der Anlass am 17. Mai 2014 war der Versuch des malischen Premierministers Moussa Mara, die Stadt Kidal zu besuchen. Am Ende gab es an die 50 tote malische Regierungssoldaten. Das Erschütternde daran ist, dass all das unter den Augen und sogar mit der Billigung der Franzosen stattgefunden hat.

Sie wissen: Nach dem Waffenstillstand im letzten Jahr hätte die MNLA schon lange Kidal verlassen und die Waffen abgeben müssen, und die malische Regierung hätte Kidal übernehmen müssen. Es waren die Franzosen, die dafür gesorgt haben, dass die MNLA die Waffen nicht abgegeben und weiter die Kontrolle über Kidal behalten hat. Der Grund dafür ist relativ simpel: Zum einen kämpfen die Franzosen gemeinsam mit der MNLA gegen die Islamisten, und zum anderen verhandeln die Franzosen gerade mit der MNLA über die Ausbeutung der Ressourcen im Norden Malis. Das ist die Wahrheit.

Um das Ganze einmal auf den Punkt zu bringen – das muss ich mir immer wieder vor Augen halten –: Sie schicken jetzt Bundeswehrsoldaten zur Unterstützung der malischen Regierung, um gegen die MNLA zu kämpfen, die wiederum von Frankreich unterstützt wird. Das kann doch nicht wirklich Ihr Ernst sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Es kommt noch schlimmer. Ich habe gesagt: Bei den Kämpfen um Kidal sind 50 malische Regierungssoldaten getötet worden. Das sind genau die malischen Soldaten, die Sie gerade in einer anderen Mission, EUTM Mali, ausbilden. Da wird es für mich am Ende vollkommen absurd.

Ich fasse das einmal zusammen: Sie bilden malische Soldaten für den Kampf gegen Separatisten aus, die von Frankreich unterstützt werden. Sie unterstützen wiederum Frankreich im Kampf gegen die Islamisten, die wiederum von Katar unterstützt werden, einem Land, das wiederum Sie mit Waffen beliefern. – Irgendwann finden Sie sich auf beiden Seiten des Konfliktes wieder. Es ist doch vollkommener Irrsinn, was Sie da machen. Eine Friedensmission ist das jedenfalls nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie wissen auch: Nach einem Jahr können Sie MINUSMA nicht als Erfolgsgeschichte verkaufen. Das Land ist nicht friedlicher geworden. Die Probleme sind nicht einmal im Ansatz gelöst. Das ist auch kein Wunder: Militärisch – das haben Sie selbst gesagt, Herr Brauksiepe – lassen sich die Probleme nicht lösen, aber für einen politischen Prozess haben Sie im letzten Jahr nullkommanichts getan.

Sie reden hier immer von einem vernetzten Ansatz – das haben Sie auch eben wieder getan –, in dem MINUSMA nur ein Baustein sei. Aber ich sehe nur Militär. Ich sehe Bundeswehrsoldaten, die andere Soldaten in das Einsatzgebiet fliegen. Ich sehe Bundeswehrsoldaten, die französische Kampfflugzeuge auftanken. Ich sehe Bundeswehrsoldaten, die malische Soldaten ausbilden. Ich will einmal konkret hören: Wo sind die anderen Bausteine? Wo sind die politischen Maßnahmen? Was haben Sie getan?

Es gibt in Mali ganz viele Partner für zivile Konfliktlösungen. Hier sehe ich bei Ihnen gar nichts. Warum setzen Sie sich zum Beispiel nicht dafür ein, dass die jetzt wieder neu gebildete Wahrheits- und Versöhnungskommission nicht wieder so eine Farce wird wie die Vorgängerkommission, sondern dieses Mal funktioniert? Setzen Sie sich doch einmal ganz konkret und knallhart dafür ein, dass in dieser Wahrheitskommission auch die zivilgesellschaftlichen Organisationen mitreden und auch wirklich mitbestimmen können; denn diese gibt es dort, und sie machen eine gute Arbeit.

Setzten Sie sich doch endlich für ein vernünftiges Programm zur Beseitigung der Ursache der Krise ein. Die Ursache – das wissen Sie so gut wie ich – ist die Ausgrenzung des Nordens und die Armut im Norden Malis. Auf diesem Gebiet tun Sie gar nichts.

Anstatt jetzt weitere 15 Millionen Euro in einen Bundeswehreinsatz in Mali zu versenken, sollten Sie diese 15 Millionen Euro in eine zivile Konfliktbearbeitung in Mali investieren. Damit könnten Sie wirklich für eine friedliche Situation vor Ort sorgen. Das aber verweigern Sie.

Zum Abschluss muss ich sagen: Es gäbe in Mali so viel Gutes zu tun. Aber dieser Militäreinsatz gehört ganz sicher nicht dazu. Beenden Sie die Beteiligung an MINUSMA! Vor allem: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Bündnispartner Frankreich endlich mit dieser blutigen Interessenpolitik aufhört!

(Beifall bei der LINKEN)

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland keine Waffen mehr exportieren sollte. Ich will noch hinzufügen: im Moment nicht nach Frankreich und nach Mali sowieso nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Achim Post das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3492578
Wahlperiode 18
Sitzung 40
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
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