Sevim DağdelenDIE LINKE - Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, die Unterstützung der Linken werden Sie auch im neunten Jahr des UNIFIL-Mandates nicht bekommen.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei dank!)
Die Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, aber auch der Grünen, die diesen Einsatz immer befürwortet haben, müssen sich immer dringender die Frage stellen, ob der Aufwand – bislang hat der Einsatz 330 Millionen Euro gekostet – und der Ertrag dieses Einsatzes in einem guten Verhältnis zueinander stehen.
Wenn wir uns den Anspruch der Mission, den Waffenschmuggel vor der Küste des Libanon zu unterbinden, vor Augen führen, und dann den Blick darauf richten, wie das Ganze vor Ort gehandhabt wird, dann müssen auch dem stärksten Befürworter der globalen Präsenz deutscher Streitkräfte eigentlich Zweifel am Sinn des Einsatzes kommen.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Ganz im Gegenteil!)
Wie sieht die Unterbindung dieses Waffenschmuggels durch die deutsche Marine aus? Die Bundeswehr meldet verdächtige Schiffe an die libanesische Küstenwache, die diese dann im Rahmen ihrer eigenen Kapazitäten durchsucht. Bei all diesen Aktionen in neun Jahren wurde rein gar nichts gefunden. Vielleicht muss ich mich korrigieren: Die UNIFIL-Mission hat doch etwas gefunden, nämlich geschmuggelte Zigaretten. Das ist zwar auch verdienstvoll, aber ich frage mich und Sie: Rechtfertigt dies aus Ihrer Sicht den Einsatz der Bundeswehr vor der libanesischen Küste?
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Ja! Die trauen sich nicht mehr!)
Ich denke, das ist keine Rechtfertigung. Die Linke jedenfalls will diesen kafkaesken Einsatz beenden. Das Geld, das für den Schiffsdiesel der Bundeswehrflottille hinausgeblasen wird, könnte weitaus besser verwendet werden als dafür.
(Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Fraktionsmittel für die Linke, oder was?)
Dass bei dem Einsatz rein gar nichts an Waffen gefunden wurde, ist nicht weiter verwunderlich, meine Damen und Herren. Der Einsatz ist nämlich so angelegt, dass nichts gefunden werden kann.
(Florian Hahn [CDU/CSU]: Jetzt kommen wieder Verschwörungen!)
Bei unserem Besuch letzte Woche mit Außenminister Steinmeier im Libanon hatten wir Abgeordneten die Gelegenheit, die Bundeswehroffiziere der UNIFIL selbst zu befragen. Zu unser aller Überraschung wurde uns mitgeteilt, dass es trotz des Ausbruchs des Syrien-Krieges und erhöhten Waffenschmuggels auch für diesen Krieg bisher keine gesteigerte Aktivität von UNIFIL gibt,
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Nein! Die Seegrenze ist dicht!)
und dies, obwohl wir wissen, dass ein Gutteil der Waffen für den Syrien-Konflikt über den Libanon und seine Küste kommt.
Ebenso verwunderlich ist diese Aussage vor dem Hintergrund, dass Auseinandersetzungen im Libanon im Kontext des Syrien-Krieges bereits über 400 Menschen das Leben gekostet haben. Die Hisbollah jedenfalls gilt bereits seit mehreren Jahren trotz der peniblen Kontrollen der Bundeswehr als viel stärker ausgerüstet als vor dem Waffengang 2006. Auch diverse andere paramilitärische Akteure im Libanon sind bis an die Zähne bewaffnet.
(Florian Hahn [CDU/CSU]: Es gibt auch Landgrenzen!)
Letzteres kann man auch an den immer wiederkehrenden gewaltsamen Aktionen der saudi-arabisch und vor allen Dingen US-amerikanisch finanzierten islamistischen Fatah al-Islam ablesen, als Teil des Syrien-Konfliktes, der in den Libanon hineingetragen wurde.
Die Bevölkerung des Libanon braucht deshalb ganz dringend die Lösung des Syrien-Konflikts.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Bevölkerung des Libanon braucht keine Bundeswehrschiffe vor der Küste, die nach Phantomen jagen.
Nachdem die angebliche Aufgabe von UNIFIL mittlerweile schon fast in Vergessenheit geraten ist, verändern Sie nun auch noch den Fokus. Die verschiedenen westeuropäischen Soldatenkontingente wollen nämlich jetzt verstärkt auf die Ausbildung der libanesischen Armee setzen. Was dieser neue Schwerpunkt bedeuten könnte, haben jüngst wieder die italienischen UNIFIL-Soldaten gezeigt. Vergangene Woche haben italienische Soldaten zum wiederholten Mal libanesische Soldaten im Bereich Riot Control, also in der Bekämpfung ziviler Aufstände, ausgebildet. Was der Libanon tatsächlich braucht, ist Hilfe für die vielen Flüchtlinge im Land und nicht eine Armee, die das Zerschlagen von Demonstrationen trainiert.
(Beifall bei der LINKEN – Wilfried Lorenz [CDU/CSU]: Das ist ja wohl eine Unverschämtheit!)
Wenn wir heute über den Libanon sprechen, müssen wir auch darüber sprechen, dass wir dringend eine politische Lösung des Syrien-Konflikts brauchen. Unsere libanesischen Gesprächspartner jedenfalls haben sich in diesem Zusammenhang über die neue Initiative des US-amerikanischen Präsidenten Obama zur verstärkten Aufrüstung der Aufständischen entsetzt gezeigt, weil sie davon ausgehen, dass dies die Region noch mehr destabilisieren und noch mehr Blutvergießen bedeuten wird. Die Bundesregierung schweigt sich dazu bislang leider öffentlich aus. Ich finde, das ist wirklich absurd. Ein Teil der Waffen wird an der libanesischen Küste angelandet, wo sie die Bundeswehr selbstverständlich wieder einmal nicht finden wird. Deshalb lautet unser Appell: Beenden Sie lieber diesen Einsatz! Die beantragten 23,6 Millionen Euro für diesen UNIFIL-Einsatz wären an anderer Stelle viel besser aufgehoben, zum Beispiel für eine substanzielle Unterstützung des libanesischen Roten Kreuzes oder eine stärkere Unterstützung bei der Aufnahme von Flüchtlingen im Libanon. Der Libanon hat bei einer Bevölkerung von rund 4 Millionen Einwohnern über 1 Million syrische Flüchtlinge aufgenommen. Hier und nicht bei der Bundeswehr sollte ein substanzieller Beitrag geleistet werden.
Danke.
(Beifall bei der LINKEN – Wilfried Lorenz [CDU/CSU]: Das ist doch ein substanzieller Beitrag!)
Das Wort hat der Kollege Niels Annen für die SPD- Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3492721 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 40 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL) |