Niels AnnenSPD - Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Dagdelen, Sie haben die berechtigte Frage nach dem Verhältnis von Aufwand zu Ertrag gestellt. Ich glaube, diese Frage lässt sich relativ eindeutig beantworten. Wir sollten uns zurückerinnern, welches der Anlass für die maritime Komponente von UNIFIL war. Ich erinnere Sie an das Jahr 2006. Damals gab es Krieg zwischen Israel und der Hisbollah. Dieser Krieg hat weit über 1 000 Tote gefordert und wichtige Teile der libanesischen Infrastruktur zerstört und ist in einer ökologischen Katastrophe gemündet. Frau Kollegin, darf ich Sie daran erinnern, dass es der damalige und heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier gewesen ist, der mit unermüdlichen diplomatischen Anstrengungen mit dafür gesorgt hat, dass es zu einem Waffenstillstand gekommen ist, der bis heute hält! Kernelement dieses Waffenstillstands und der entsprechenden Vereinbarung ist die maritime Komponente von UNIFIL, über die wir heute diskutieren. Aufwand und Ertrag stehen also in einem hervorragenden Verhältnis zueinander, Frau Kollegin Dagdelen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe bei der logischen Argumentation, die Sie vorgetragen haben, genau zugehört. Sie haben aus einem Gespräch berichtet, an dem ich teilgenommen habe. Ich habe in den letzten Monaten zweimal die Gelegenheit gehabt, mit UNIFIL-Soldaten zu sprechen. Bei einem Gespräch waren Sie dabei. Das war ein Briefing am Rande des Besuchs von Außenminister Steinmeier. In der Tat sind bislang keine Waffen gefunden worden. Wenn das Ziel dieser Operation ist, den Küstenschutz insgesamt zu stabilisieren und die lokale Marine in die Lage zu versetzen, diese Aufgabe eigenständig wahrzunehmen,
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das steht aber nicht im Mandat!)
und alle sagen: „Wir sind in die Lage versetzt worden und haben in einer ganz schwierigen Situation dafür gesorgt, dass dieser Seeraum inzwischen kontrolliert wird und kein Schmuggel mehr stattfindet“, dann ist das doch ein Erfolg und nichts, was man kritisieren sollte. Ich finde Ihre Logik ein wenig merkwürdig.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will die Gelegenheit nutzen, auf Folgendes aufmerksam zu machen – der Staatssekretär hat bereits darauf hingewiesen –: Wir diskutieren nicht über eine isolierte Mission, sondern über einen deutschen Beitrag in einer Region, in der wir einen Konflikt erleben, der inzwischen biblische Ausmaße angenommen hat, eine Katastrophe von ungekannter Intensität, die uns alle hier betrifft, wenn es um Flüchtlinge und regionale Stabilität geht. Da haben Sie, Frau Kollegin, wie ich finde, zu Recht auf die prekäre Lage im Libanon hingewiesen. Man kann die Zahlen gar nicht häufig genug wiederholen. Es sind inzwischen über 1 Million Flüchtlinge, die ein Land mit etwas über 4 Millionen Einwohnern aufnimmt. Das ist eine gigantische Leistung. An dieser Stelle muss man vielleicht auch sagen: Ohne den Beitrag der Vereinten Nationen und ihrer Unterorganisationen, UNHCR, Welternährungsprogramm, aber auch UNIFIL im Libanon, wäre dieses Land überhaupt nicht in der Lage, mit diesem immensen Druck klarzukommen.
Deswegen will ich Ihnen Folgendes berichten: Ich habe mir die Arbeit des deutschen Einsatzkontingentes in Nakura angeschaut. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an diesen Krieg 2006. Damals gab es eine Vereinbarung über eine sogenannte Waffenstillstandslinie. Das ist nicht die völkerrechtliche Grenze zwischen Israel und dem Libanon, sondern es ist eine vereinbarte Grenze, die dort markiert wird. Das ist ein ganz schwieriger, im Grunde genommen technischer Prozess. Es geht darum, dass weithin sichtbare, blau angemalte Tonnen verankert werden, um diese Linie zu markieren.
Ich würde das nicht erläutern, wenn es sich nur um einen technischen Prozess handeln würde. Es handelt sich um einen Prozess, auch wenn die libanesische Seite das offiziell in dieser Form nicht eingesteht, in dem UNIFIL, Israel und der Libanon zusammenarbeiten. Sie, Frau Kollegin, werden bei unserer gemeinsamen Reise in den Libanon festgestellt haben, dass dort über viele Probleme geredet worden ist; aber über ein Problem ist nicht mehr geredet worden, nämlich über den andauernden Konflikt mit Israel. Der Süden des Libanon ist heute – das muss man einmal sagen – im Grunde genommen der sicherste und stabilste Teil des Landes.
Ist der Libanon deswegen ein stabilisiertes Land? Nein, natürlich nicht, weil die Konflikte jederzeit wieder aufbrechen können. Aber die Präsenz von UNIFIL unter professioneller und engagierter Beteiligung unserer deutschen Soldatinnen und Soldaten leistet dazu einen essenziellen Beitrag. Wir sollten dazu beitragen, dass diese Arbeit fortgesetzt werden kann.
Deswegen will ich auf Folgendes hinweisen: Die unterschiedlichen Komponenten – einmal die Präsenz der Vereinten Nationen, gerade in diesem ehemals so umstrittenen und umkämpften Teil im Süden des Landes, der technische Vorgang der Markierung, der ein praktischer Beitrag zur Vertrauensbildung ist, und die maritime Komponente, über die wir hier diskutieren – gehören zusammengedacht. Deswegen ist es richtig, dass die Bundesregierung diesen Antrag hier vorgelegt hat. Gleichzeitig tragen wir dazu bei, dass die technischen Fähigkeiten der libanesischen Marine verbessert werden, dass die Soldatinnen und Soldaten ausgebildet werden, dass technisches Gerät angeschafft und auch die Fähigkeit vermittelt wird, dieses Gerät eigenständig zu warten und einzusetzen. Ich halte das für ganz essenziell.
Ganz am Ende meines kurzen Beitrages will ich noch Folgendes sagen: Die libanesische Armee genießt etwas, was im Libanon kaum jemand genießt, nämlich Vertrauen von allen Seiten, und das in einem Land, in dem es weiterhin intern massive Probleme gibt. Die sogenannte Antiterroroperation, begonnen in Tripoli im Norden des Landes, dann in der Bekaa-Ebene und im Süden und in der Hauptstadt des Landes fortgeführt, ist von allen Teilen des politischen Spektrums im Libanon mitgetragen worden.
Riot Control ist etwas, was die libanesische Armee beherrschen muss, um den Terrorismus beispielsweise in Tripoli zu bekämpfen, und zwar mit Unterstützung der gesamten Regierung. Das ist geschehen. Wenn die italienischen Soldaten dazu einen Beitrag geleistet haben, haben sie einen Beitrag zum Frieden geleistet.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Herzlich Willkommen von meiner Seite aus zum Endspurt.
Die nächste Rednerin ist Dr. Franziska Brantner für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3492722 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 40 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL) |