06.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 40 / Tagesordnungspunkt 31

Franziska BrantnerDIE GRÜNEN - Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL)

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Danke. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebes Publikum! Aus dem Nahen Osten kommen seit geraumer Zeit eigentlich nur schlechte Nachrichten. Zwischen Israel und Palästina scheint nach den gescheiterten Verhandlungen ein friedliches Nebeneinander weiter entfernt denn je, in Ägypten hat sich gerade der Exmilitärchef zum Präsidenten „wählen“ lassen, der sich anschickt, sein Land in die Vor-Mubarak- Ära zurückzuführen, auch in Syrien gibt es einen „Wahlsieger“, Baschar al-Assad, obwohl die Schreckensherrschaft weitergeht.

Direkt betroffen von diesem Krieg ist eben nicht nur Jordanien, sondern auch der Libanon. Es wurde von Niels Annen gerade schon gesagt: Vom Libanon wurden über 1 Million Menschen aufgenommen. Jeder Fünfte im Libanon ist Flüchtling, die Nachbarstaaten Syriens nehmen gerade ungeheure Belastungen – so hat es Herr Steinmeier bezeichnet – auf sich.

Leider ist nur selten Positives zu vermelden. Ich glaube, man kann sagen, dass der UNIFIL-Einsatz, der den Waffenstillstand zwischen Israel und dem Libanon absichert, positive Auswirkungen hat. Man darf nicht vergessen, was zu diesem Einsatz geführt hat. Nach jahrelangen blutigen Auseinandersetzungen im israelisch- libanesischen Grenzgebiet stellte dieser Einsatz, beschlossen im Jahr 2006, eine Möglichkeit dar, dort wenigstens für weniger Tote und für etwas Frieden zu sorgen. Man sollte auch daran erinnern, dass die meisten Leidtragenden der Auseinandersetzungen damals Zivilisten waren. Viele von ihnen kamen durch diesen Konflikt ums Leben.

Es geht um eine Mission, die sich in dieser sich täglich weiter destabilisierenden Region um zumindest etwas Stabilität bemüht. Ich glaube, wenn diese Mission heute aufhören würde, würden die Spannungen zwischen Israel und dem Libanon sofort wieder aufflackern,

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sofort!)

weil die Grenzstreitigkeiten noch nicht endgültig beigelegt sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir wissen ja durch Gerüchte oder schon bewiesene neue Informationen über Rohstoffquellen in diesem Gebiet, dass der Konflikt dort nach Abzug von UNIFIL bestimmt nicht kleiner würde; vielmehr könnte es zu einer Verschärfung der Auseinandersetzungen über Grenzfragen kommen. Deswegen ist UNIFIL heute immer noch genauso wichtig wie zuvor.

Ein Abzug von UNIFIL wäre politisch nicht nur ein fatales Signal für den Libanon, sondern auch für die ganze Region. Das bedeutet nicht, wie ich finde, dass wir der internationalen Gemeinschaft oder Europa Versagen im Hinblick auf den Konflikt in Syrien vorwerfen müssen, auch wenn es die internationale Gemeinschaft nicht schafft, dort für Frieden und damit für ein Ende der wirklich grausamen Situation – sie ist nicht akzeptabel und nicht länger ertragbar – zu sorgen. Ich habe mich gewundert, als ich gelesen habe, dass Gerd Müller, immerhin einer unserer Minister, der Europäischen Union in der Syrien-Krise ein Aussitzen vorgeworfen hat. Ich habe mich da schon gefragt: Was trägt die deutsche Bundesregierung denn dazu bei, diesen Krieg wirklich zu beenden?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Was ist denn der Vorschlag der Grünen? Mit Truppen dort einmarschieren, oder was? – Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Schlagen Sie doch mal was vor!)

– Wir glauben, dass man über Dialog in dieser Region wesentlich mehr erreichen könnte und dass man sowohl auf die russische Seite als auch auf die Partner Saudi- Arabien und Katar wesentlich mehr Druck ausüben müsste.

(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Dann fangen Sie damit mal an! Sehr wegweisend!)

Beide Seiten sorgen dafür, dass der Konflikt dort anhält und sich somit für sie lohnt, weil sie Waffen dorthin liefern können. Für uns ist klar: Beide Kriegsparteien in Syrien haben Akteure hinter sich, die dafür sorgen, dass man von dem Krieg dort profitiert und man sich nicht auf eine friedliche Einigung einlässt.

(Wilfried Lorenz [CDU/CSU]: Wenn Sie jetzt noch sagen, wie Sie den Druck ausüben wollen! – Gegenruf der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jedenfalls nicht mit Waffenlieferungen!)

– Nicht mit Waffenlieferungen; die dürfen auf jeden Fall nicht stattfinden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])

Erlauben Sie mir am Ende meiner Rede noch einen kritischen Hinweis zu dem Mandat, über dessen Verlängerung wir abstimmen. Nicht nur bei der Debatte über dieses Mandat haben wir festgestellt, dass die Bundesregierung im Antrag auf seine Verlängerung darauf verzichtet, wichtige Angaben, zum Beispiel die völker- und verfassungsrechtlichen Grundlagen, den Auftrag, die einzusetzenden Fähigkeiten, den Rechtsstatus und das Einsatzgebiet, explizit zu nennen. Stattdessen verweist sie einfach nur auf die Fortgeltung der Regelungen der acht Mandatsbeschlüsse seit 2006. Wir bitten wirklich darum, dass die Bundesregierung dem Bundestag künftig Mandate vorlegt, die zumindest die im Parlamentsbeteiligungsgesetz aufgeführten Angaben enthalten. Im Interesse aller Abgeordneten wünschen wir uns, dass uns diese Angaben wieder vollständig und korrekt vorgelegt werden.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Nicht bitten, sondern fordern muss man das!)

Danke, Frau Kollegin Brantner. – Nächster Redner für die CDU/CSU-Fraktion ist Philipp Mißfelder.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3492724
Wahlperiode 18
Sitzung 40
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL)
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