Thomas HitschlerSPD - Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Zeilen stammen von der libanesischen Sängerin Fairuz. 1978 veröffentlichte sie das Lied „Der Vogel kehrt zurück“, zu einer Zeit, als sich ihr Heimatland mitten in einem blutigen Bürgerkrieg befand. Fairuz hat sich damals bewusst nicht für eine Seite entschieden. Sie engagiert sich für die Einheit von Norden und Süden, von Arm und Reich, von allen Menschen im Libanon und für den Frieden. Dies ist ein wichtiger Beitrag in einem Land, das wie kaum ein anderes in der Region von verschiedenen Konfliktlinien durchzogen und geteilt wird. Nicht zuletzt deshalb gilt Fairuz als eine der beliebtesten und am meisten respektierten Persönlichkeiten in der arabischen Welt.
Im Jahr 1978 startete die Mission UNIFIL, über die wir gerade beraten. Heute ist es jedoch der Bürgerkrieg im benachbarten Syrien, der die Sicherheit im Libanon bedroht – zusätzlich zu allen anderen Problemen, die dieses Land hat. Wir haben die Zahlen heute schon das eine oder andere Mal gehört: Etwa 1 Million Flüchtlinge aus Syrien sind im Libanon, eine enorme Belastung für ein Land mit gerade einmal 4 Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: Deutschland müsste die gesamte Bevölkerung Australiens aufnehmen, um eine ähnliche Quote zu erreichen.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Die Australier wollen aber nicht!)
Bei uns finden aber gerade einmal 40 000 syrische Flüchtlinge Zuflucht. Ich meine, Deutschland müsste da einiges mehr tun. Frank-Walter Steinmeier hat in der vergangenen Woche angekündigt, mehr Menschen aus Syrien nach Deutschland zu holen und ihnen damit Schutz zu gewähren. Gut, wieder einen echten Außenminister zu haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Es muss auch unser Anliegen sein, den Libanon zu entlasten. Die großen Flüchtlingsströme haben enorme Auswirkungen auf die Lage der Gesellschaft, Auswirkungen auf das fragile Gleichgewicht zwischen den Konfessionen. Auch hier müssen wir helfen.
Die Syrienkrise hat auch enorme Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung des Libanon, und sie ist in hohem Maße sicherheitsrelevant, nicht nur, weil die Hisbollah an der Seite Assads und sunnitische Kräfte aufseiten der Rebellen direkt in den Konflikt eingreifen. Es grenzt eigentlich an ein Wunder, dass der syrische Bürgerkrieg noch nicht auf den Libanon übergegriffen hat.
Die aktuelle Situation im Libanon gleicht, wenn man das vergleichen darf, dem Spiel „Jenga“, bei dem man kleine Bausteine aus einem Turm ziehen muss. Wenn der Turm umfällt, hat man verloren. Nur gewinnen würde im Libanon niemand. Mit den genannten Konfliktlinien, mit Akteuren wie der Hisbollah, mit den demografischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen und dem Bürgerkrieg vor der eigenen Haustür schwankt der libanesische Turm gewaltig. UNIFIL mag dabei nur ein kleiner, ein stabilisierender Baustein sein. Wer ihn in dieser Situation jedoch wieder herauszieht, riskiert den Zusammensturz des gesamten fragilen Gebildes mit schlimmen Folgen für die Region.
(Beifall der Abg. Gabi Weber [SPD])
UNIFIL ist ein Beitrag zu mehr Stabilität. Bei allen Zwischenfällen an den libanesischen Grenzen möchte ich mir nicht ausmalen, wie die Lage ohne die Mission aussehen würde. Dass sich die libanesische und die israelische Armee bei regelmäßigen Treffen im UNIFIL- Hauptquartier direkt austauschen können, ist ein von allen Seiten hochgeschätzter Beitrag zu mehr Stabilität. Der Aufbau der Marine mit dem Ziel einer eigenständigen Sicherung der Seegrenzen ist ein langfristiger Beitrag zu mehr Stabilität.
Wir müssen die Kräfte in der Region stärken, die sich für mehr Stabilität einsetzen. Wir müssen den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen allen gesellschaftlich relevanten Akteuren unterstützen. Und wir müssen weiterhin helfen, tragfähige Sicherheitsstrukturen aufzubauen. Dazu wird auch der deutsche Beitrag zu UNIFIL benötigt, der sowohl von den Vereinten Nationen als auch von der libanesischen und der israelischen Regierung ausdrücklich begrüßt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Mission UNIFIL ist eine der ältesten UN-Missionen überhaupt. Angesichts dieser langen Zeit wäre es naiv, zu hoffen, dass sie schon bald überflüssig sein könnte. Nicht aufgeben will ich aber die Hoffnung, dass ein erneuter Bürgerkrieg im Libanon verhindert werden kann, dass der Frieden und die Vögel zurückkehren bzw., um es mit den Worten von Fairuz zu sagen:
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Herr Kollege, auch für die schönen Zitate, die Sie gebracht haben. Wie heißt das Spiel, das Sie genannt haben? Ich habe neugierige Blicke gesehen.
Jenga.
Jenga. Gut, beim nächsten Mal werden wir es spielen. Mal schauen, welcher Turm dann einstürzt.
Letzter Redner in der Debatte ist Florian Hahn für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3492729 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 40 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Libanon (UNIFIL) |